Interview: WOVENHAND - David Eugene Edwards

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Alles Land und der Himmel verkünden die Herrlichkeit des Herrn!

Eigentlich wäre an dieser Stelle jetzt ein cooles Video-Interview mit David Eugene Edwards geplant gewesen. Wie das Leben aber nun mal so spielt, und sprunghaft wie der Herr so ist, wurde das Ding kurz vorher cecancelt...

Veröffentlicht am 26.09.2016

Ich habe dann aber das Angebot bekommen, David die Fragen via Mail zu schicken. Nicht sehr sinnvoll für mich, aber gut. Als ich Tags darauf seine Antworten zurückbekam,  habe ich auch lange überlegt, ob eine Veröffentlichung Sinn macht. Oftmals zu wirr sind seine Statements, und insgesamt sind die Fragen länger als die Antworten. Aber dann dachte ich mir: scheiß der Hund drauf, warum eigentlich nicht? Hier wurden also nun Fragen, die ich ihm eigentlich persönlich stellen wollte, auf Mailverkehr umgestellt. Die Antworten – da bin ich mir ziemlich sicher – wären face to face aber auch nicht viel anders ausgefallen. Und wer die oft verqueren Ansichten von David kennt, der wird hier jetzt nicht weiter verwundert sein. Hier also das etwas andere „Interview“…

(Die beiden Bibelzitate wurden übrigens im Original belassen und zusätzlich mit der offiziellen deutschen Übersetzung versehen)

 

David, deine neue Platte „Star Treatment“ kam diese Woche raus. Die Musik ist im Gegensatz zu älteren Scheiben sehr düster und erinnert an New Wave-Werke von DEAD CAN DANCE, JOY DIVISION oder BAUHAUS. Erfordern düstere Zeiten düstere Lieder ?

Ich weiß nicht, ob das der Fall ist. Ich meine, wann sind die Zeiten nicht düster?

Arbeitest du solche Einflüsse wie zum Beispiel New Wave bewusst oder unbewusst in deine Songs ein?

Es ist doch alles irgendwie ein Einfluss …

Leute zeigen immer wieder auch die Parallelen zu NICK CAVE auf, die man ja auch oft eindeutig bei WOVENHAND raus hört. Was hältst du davon ?

Hm, irgendwie fühle ich mich schlecht für ihn. Ich weiß nicht ob er sich bewusst ist, dass man ihn ständig in einem Satz mit mir erwähnt …

Vielleicht ist ja auch Alexander Hacke die unbewusste Verbindung. Du spielst mit Alex zusammen in der Band CRIME AND THE CITY SOLUTION, er ist mit Blixa Bargeld bei den EINSTÜRZENDEN NEUBAUTEN, der wiederum ist der Gitarrist und Compagnon von NICK CAVE …

Ich glaube das ist nicht wirklich unbewusst. Alex und ich sind gut befreundet, und wir sind auch beide Fans der von dir erwähnten Bands, und Fans der Musik des jeweils anderen.

Ich bin bekennender Atheist, respektiere aber die religiöse Meinung anderer, solange man sie mir nicht aufzwingt. Du hast eine sehr subtile Art und Weise, deine religiösen Messages zu kommunizieren: indem du sie in schöne Musik und interessante Geschichten verpackst …

He uses all things, What I mean for evil, He means for good, Mine and those around me.

(Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach dem Vorsatz berufen sind. Römer, 8:28)

Wie stellst du dir Gott vor ? Hat er die Gestalt eines bärtigen alten Mannes auf einer Wolke, oder ist er eher eine spirituelle Allgegenwart ?

Er ist der, der im unnahbaren Licht wohnt.

Mille von KREATOR meinte mal irgendwo, er glaubt dass „Gott“ die Gesamtheit der Menschen meint. Wir alle sind ein Teil von Gott, und alle zusammen sind wir Gott.

Christus ist der Kopf, wir sind sein Körper. Wir sind die Braut, er ist der Ehemann. All diese Dinge sind ein Spiegelbild einer tieferen Realität. 

Gibt es für dich einen Unterschied zwischen Religion und Spirtualität ?

Ich glaube, dass die Religionen, so wie wir sie kennen, menschengemacht sind. Sie dienen verschiedenen Zwecken. In punkto Spiritualität glaube ich aber auch irgendwie das Gleiche.

Du redest in deinen Texten oft von der „Gnade Gottes“ und befindest dass seine Herrschaft „schrecklich“ ist. Ist dein Gott denn ein schrecklicher Gott ?

Du missverstehst mich da glaube ich. Gottes Gnade ist furchtbar, aber nicht verletzend, denn die „Rache“ Gottes ist die Vergebung. Der Mensch ist daran aber scheinbar nicht wirklich interessiert, und der Mensch hält Gottes Gnade somit auch  nicht für notwendig.

Was sagst du Leuten, die zwar deine Musik lieben, mit deinem Zugang zu Religion und Glauben aber überhaupt nichts anfangen können ?

Ich sage ihnen „Schön, dass euch meine Musik gefällt!“.

Du ziehst sehr viel Kraft aus deiner Vorfahren Geschichte, sie waren Cherokee. Was können wir von den Vorvätern lernen ?

God is the God of the living, There is no death, Men wish there to be, But there is none.

(Gott aber ist nicht der Toten, sondern der Lebendigen Gott; denn sie leben ihm alle. Lukas, 20:38)

Triviale Frage: warum glaubst du reden alle über den Arsch von Kim Kardashian, aber wenn in North Dakota Ureinwohner gegen eine Pipeline durch ihr „Mutterland“ protestieren und mit Polizeigewalt auseinander getrieben werden, erfährt es außer ein paar Insidern kein Schwanz ?

Hm, ich glaube dass dieses Thema in den Köpfen der meisten Leute einfach nicht existiert. Es wird auch  nicht darüber geredet. Es scheint nicht wert, darüber zu reden denke ich. Aber das ist an sich ja nichts Neues …

Du bist in Colorado aufgewachsen, einem Bundesstaat, der vor allem für Natur, Rocky Mountains und Schifahren bekannt ist. Wie viel von diesem Bundesstaat und seiner Natur ist in WOVENHAND wiederzufinden ?

Nun, ich bin natürlich in erster Linie durch meine unmittelbare Umgebung beeinflusst, Natur und Berge. Großteils in der Art, wie es dem weißen Teufel gemein ist, der auf dem Berge haust und auf jedem hohen Hügel … 

Gibt es eine Verbindung zwischen Religion und der Natur ?

Alles Land und der Himmel verkünden die Herrlichkeit des Herrn!

Hier in Europa haben wir ja – Karl May sei Dank – ein sehr romantisierendes Bild vom Wilden Westen und seinen Cowboys und Indianern …

Ich glaube dieses Bild ist in den USA auch nicht viel anders …

Du bist sehr an Weltmusik (World Music) interessiert. Kennst du auch österreichische Volksmusik? Und damit meine ich jetzt nicht das kommerzielle Gejodel …

Ich habe schon ziemlich viele traditionelle Musikstile gehört. Oder zumindest versucht, sie zu hören. Sie interessieren mich alle in irgendeiner Weise, manche mehr, manche weniger.

Kann man WOVENHAND eigentlich einfach so hören, nebenbei, ohne den Texten groß Beachtung zu schenken ?

Ich weiß nicht … In meinem Gehirn kann ich Musik und Text nicht trennen, andere können das aber sicher. Das geht mir aber auch mit der Musik anderer Bands so, die ich mag.

Du beziehst dich in deinen Lyrics fast ausschließlich auf das Alte Testament. Was lehrt es uns? Oder sagen wir so: lehrt es uns etwas, oder ist das, was dort geschrieben steht, eisernes Dogma, von dem es kein Entkommen gibt ?

Mir gefällt, dass du „kein Entkommen“ sagst. Das ist gut getroffen. Und es ist die Wahrheit, wenn uns das Alte Testament in das Neue führt.

Wären WOVENHAND in diesem Umfang möglich gewesen, wenn es davor nicht 16 HORSEPOWER gegeben hätte ?

Sicherlich, ja. Ich denke schon, ja.

16 HORSEPOWER haben immer noch eine riesige Fanschar, auch hier in Österreich, ich denke du weißt das. Gibt es da Chancen, dass du diesen alten Karren mal wieder quasi aus dem Dreck ziehst?

Hm, ich glaube eher nicht. Ich bewege mich mit meinen Songs vorwärts. Ich kann Dinge aus meiner Vergangenheit auch nicht mehr so interpretieren wie früher, und sie auch nicht so singen. Ich bin generell ein Mensch, der sich stets nach vorne bewegen muss …
 

Siehst du WOVENHAND immer noch als Projekt mit einigen Musikern, die kommen und wieder gehen, oder kann man schon von „Band“ sprechen?

Es ist wie es ist. Ich denke weder über das eine noch das andere wirklich nach.

Ist ein Live-Konzert für dich auch irgendwie wie eine „,Messe“ ? Dein Kontakt zum Publikum ist ja seit jeher eher spärlich …

Ich versuche einfach, den Job so gut als möglich zu machen, für mich ist bereits das eine Herausforderung, die mich bis ans Lebensende beschäftigen wird. 

Siehst du dich selbst da in der Tradition deines Großvaters, der ein Wanderprediger war und dich seit Kindesbeinen sehr beeinflusst hat ? Siehst du dich selbst als eine Art Prediger ?

Ich verbreite die Wahrheit, die ich glaube, die mein Leben bestimmt. Das ist eigentlich auch schon alles.

Würdest du dich irgendwie als Außenseiter bezeichnen ?

Hm, vielleicht in dem Sinne, dass ich immer schon unangepasst war. Das hat vielleicht irgendwie was von einem Außenseiter, ja.

Was magst du an Österreich und an Wien ?

Die Menschen natürlich!

Gehst du eigentlich in Kirchen wenn du in fremden Ländern und Kulturen unterwegs bist?

Ich habe all die großen Kathedralen gesehen, und auch viele Museen. Und ich sehe sie als das, was sie sind, wenn es das ist was du meinst.

 


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