Interview: TUXEDOO - Band

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„Man kann sagen, das ist einfach passiert“

Als „Alpencore“ treffen bei TUXEDOO Alpenflair und Lederhosen auf knallharte Musik. Im Interview verraten sie, wie sie sich in den letzten Jahren mit ihrer eigenen Musikrichtung entwickelt haben. Vielleicht liegt das aber auch einfach an der neuesten Entwicklung in Mattighofen: die Fernmeldeleitung.

Text: Lora
Veröffentlicht am 07.09.2016

Ihr seid mittlerweile schon seit ein paar Jahren auf Tour, seid schon ziemlich viel rumgekommen, was waren denn so eure persönlichen Meilensteine? Wo und wann habt ihr euch am meisten entwickelt, was waren die größten Fortschritte?

Johannes: Der erste Riesenfortschritt war eigentlich, als wir beim Austrian Bandcontest ins Finale gekommen sind. Das war der International Live Award feat. Austrian Band Contest 2010, wir waren da öfters bei Contests. Bei dem haben um die 1000 Bands mitgemacht und wir haben‘s in die Top 10 geschafft – das war so unser erstes Riesending. Danach kam das erste Mal auf dem Nova Rock 2011. Wir hatten zum ersten Mal die Möglichkeit auf dem Nova zu spielen, was für österreichische Bands einfach das Nonplusultra ist, was Besseres gibt’s eigentlich gar nicht. Dann ging‘s damit los, dass wir auf größeren Festivals waren und es ging stetig bergauf. Das nächste Größere war für uns das Label Massacre Records. Wir konnten das erste Mal unser Album über ein Label rausbringen, das man auch in der Szene kennt.

Christoph: Der nächste Schritt waren dann Auftritte. Also durch das Label hatten wir die ersten Auftritte in Deutschland, einfach mal außerhalb des Grenzgebiets. Danach war ein großer Schritt, dass wir bei Global Concerts unterschrieben haben. Das war dann auch der größte Meilenstein in der Bandgeschichte.

Johannes: Das war letztes Jahr, also 2015. Seitdem geht’s richtig rund.

 

Eure Bühnenoutfits sind doch sehr auffällig. Da gibt’s ja das typische Klischee mit den Trachten in Österreich und Bayern. Schürt das das Ganze nicht nochmal? Gibt’s vielleicht auch vehemente Trachtengegner, die euch deshalb gar nicht hören wollen?

Christoph: Naja, bei uns daheim, da kennen uns eh die meisten, das macht denen jetzt auch nicht mehr so viel aus. Sicher waren einige am Anfang überrascht und dachten sich: „Was ist jetzt das?!“, als sie uns das erste Mal gesehen oder uns nicht gekannt haben.

Johannes: Eigentlich gibt’s da wirklich mehr Rückhalt. Wir verbinden traditionelle österreichische Outfits mit Metal und ziehen damit durch Mitteleuropa. Bei uns daheim wird’s schon als ziemlich geil wahrgenommen.

 

Ihr spielt ja „Alpencore“, also eine völlig neue Richtung. Das klassische Schubladendenken, dass man einfach jeder Band eine genaue Richtung zuweisen muss, scheitert an euch kläglich. Genießt ihr diese Freiheiten?

Christoph: Naja, wir machen das alles ja nicht ganz so ernst wie viele andere Metalbands. Wir wollen in das, was wir machen, immer Spaß reinbringen und mal mit den Leuten auf lustig machen. Das ist auch eine Freiheit, die man in dem Outfit hat. So wie wir das mit dem Alpencore machen, also eben auch mit dem Outfit, geht das nicht als „ernsthafte“ Metalband.

 

Wie stehen denn Labels dazu, wenn da eine Band auf der Matte steht, die einfach mal was ganz anderes machen möchte? Wie leicht kann man die Angst überwinden, in etwas Neues zu investieren?

Christoph: Unser Label ist gleichzeitig unser Management, die stehen voll und ganz hinter uns. Man kann sich keine bessere Unterstützung wünschen! Die unterstützen uns wirklich bei allem was wir machen, seien es Live-Auftritte, Projekte, Aufnahmen und so weiter.

Johannes: Wir hatten die Situation, dass kurz bevor unser Album rausgekommen ist, noch ein größerer Fisch angebissen hätte, also ein anderes Label. Man merkt schon, dass es bei Labels nicht vollkommen ausgeschlossen ist, Bands aufzunehmen, die eben ein bisschen anders sind.

 

Ich würde mal pauschal sagen, würdet ihr aus Schweden kommen und eine „Alpencore“-Band mit Trachten als Bühnenoutfits gründen wollen, wäre das der wohl denkbar schlechteste Ausgangspunkt. Wie seht ihr Österreich als Ausgangspunkt für Bands allgemein und für eure Band an sich?

Michael: Bis zu einem gewissen Level ist es in Österreich eigentlich schon einfach, würde ich mal sagen. Man kann über die richtigen Kontakte, die man eben hat, wenn man sich auch selbst drum kümmert, durchaus weit kommen. Aber den Sprung aus dem eigenen Tal, der eigenen Provinz raus, das ist schon schwieriger und eben der Knackpunkt.

Johannes: An der Stelle war es auch für uns relativ schwierig, da standen wir doch etwas und es ging nichts mehr vorwärts. Wir sind dann im letzten Jahr in erster Linie durch unser erstes Label und in zweiter Linie auch durch unser Management aus Österreich rausgekommen. Österreich ist jetzt auch schon eine Zeit lang nicht mehr unser Hauptspielgebiet. Vor allem in Deutschland kommen wir gut an.

Christoph: Uns gibt’s ja jetzt doch schon eine Zeit lang und wir sehen das auch bei anderen Bands, die wir über die Jahre kennengelernt haben und die es eben auch schon länger gibt. Die sind auch schon länger an diesem Punkt und stehen dann vor der Frage, ob sie so zumindest ein bisschen weitermachen sollten oder aufhören. Ich hab von vielen mitbekommen, dass sie dann aufgehört haben, weil sie diesen einen Schritt, der unglaublich schwer ist und in Österreich zum Teil noch schwerer ist, eben nicht geschafft haben.

 

Habt ihr schon mal überlegt, auch Dialekt/Mundart zu singen?

Johannes: Wart ma‘ doch noch ein paar Monate. Es ist was in Planung, wir sind grad im Studio. Es wird kein Album werden, aber eine Kleinigkeit sollte im November kommen. Und da werden wir vielleicht eben auch textlich etwas überraschen.

 

Ihr seid nicht nur musikalisch eine Art Revolution, ihr habt auch so ein paar Angewohnheiten bzw. Eigenheiten bei den Konzerten. Zum Beispiel den Fleischberg oder Mitch Buchannon. Was hat’s damit auf sich, wie hat sich das ergeben?

Johannes: Naja, dazu gibt’s zweimal eigentlich gar keinen Hintergrund. Man kann sagen, das ist zweimal einfach passiert.

Christoph: Der Fleischberg kam, glaub ich, durch den Mitch. Der war da noch Zuschauer und hat mit einem anderen diesen Blödsinn angefangen.

Johannes: Der hat sich in den kleinsten Pubs, in denen wir gespielt haben, einfach hingelegt und die Leute aufgefordert sich draufzulegen. So ist der Fleischberg im Jamaica Pub in Mattighofen entstanden. Das kam aus dem Nichts und hat sich dann über die Grenzen hinausgetragen. Und die Baywatch-Show ist auf dem With Full Force Festival entstanden.

Christoph: Wir waren nur als Gäste dort und haben den Baywatch-Song auf dem Campingplatz gehört. Aber wie es halt auf dem Campingplatz so ist, man trinkt ein bisschen und kommt dann auf Blödsinn. Wir haben dann damit angefangen, mit Mitch die Leute auf der Wiese zu retten. Wenn das Lied wieder lief sind die Leute immer wieder gekommen, einfach um zu schauen, welchen Blödsinn wir jetzt machen. Und irgendwie war das dann der Ausgangspunkt dafür, einen Song daraus zu machen.

 

Ihr spielt ja hier auf einem Festival, das sich für soziale Zwecke einsetzt. Wie wichtig ist es auch aktiv zu sein für Gewaltopfer? Engagiert ihr euch irgendwie konkret immer wieder?

Johannes: Grundsätzlich äußern wir uns mit der Band in den Texten nicht politisch, wir wollen da eher Spaß und so. Aber wir stehen natürlich hinter den Zielen des Festivals, sonst würden wir ja hier gar nicht auftreten. In Zukunft gibt es aber bei TUXEDOO dennoch keine politischen Songtexte. Wir wollen nicht in die Richtung gehen, Alpencore hat unserer Meinung nach nichts mit Politik zu tun und das wird auch so bleiben. Aber nichtsdestotrotz stehen wir hinter dem, was hier passiert und der Veranstalter damit ausdrücken möchte.

 

Ihr kommt vom Land – findet ihr, dass ihr damit eine ganz andere Verbindung zu eurer Heimat habt? Ist das positiv oder negativ?

Johannes: Naja, man merkt da schon. Zumindest bei uns sind die Städte eher links orientiert, die Orte am Land eher rechts. Ich glaub die meisten sehen da schon einen Zusammenhang.

Christoph: Das liegt aber auch am Informationsfluss, der ist am Land nicht so gut wie in der Stadt.

Christopher: Ach, seit drei Monaten geht’s – seit sie das Telefon erfunden haben.

Johannes: Mit der Mattighofener Fernmeldeleitung. Ja! Jetzt kriegen wir auch den Rundfunk rein!

 

Viele verzichten aus Angst vor Anschlägen auf Festivals und Konzerte. Und selbst einigen von denen, die sagen: „Jetzt erst recht!“ kann man rauskitzeln, dass sie sich Gedanken machen. Wie findet ihr es, dass Leute wegen dieser Angst auf Musik und Feiern verzichten?

Christopher: Ich finde das absolut nicht in Ordnung! Das ist genau das, was die Attentäter bezwecken wollen. Wenn wir uns jetzt alle zu Hause einsperren und nicht mehr rausgehen, erreichen die genau das, was sie haben wollen. Ich muss zugeben, wir waren nach dem Anschlag im Bataclan auf einem ausverkauften Konzert in München, da war mir schon etwas flau im Magen, als die Türe immer wieder aufgegangen ist. Aber ich lass mich da nicht davon abhalten!

Johannes: Da ging‘s uns aber allen so, wir waren da als Band unterwegs auf dem Konzert von FIVE FINGER DEATH PUNCH. Das war schon ein mulmiges Gefühl, auch wenn man weiß, dass das jetzt einmal war und eigentlich vorbei ist. Aber sich davon abschrecken zu lassen und nicht zu Konzerten zu gehen ist eindeutig der falsche Weg. Da muss man dagegensteuern und das einfach machen.

Christoph: Sowas kann auch wieder passieren, wenn fünf Jahre lang nichts passiert ist. Sicher kann man da nie sein.

Christopher:  Aber daheim kann dir halt auch was passieren.

 

Wie sieht‘s denn für euch aus in den nächsten Monaten? Habt ihr was in Planung?

Johannes: Live wird’s eher ruhig werden. Wir werden noch ein paar Weekender spielen, wirklich fix geplant ist aber noch nichts. Die nächsten Wochen und Monate schmeißen wir uns wieder ins Songwriting, damit wir in naher Zukunft eine Veröffentlichung planen können. Live ist im Herbst und Winter nicht viel geplant, wir werden eher im Studio sein und schreiben. Das erste größere Ding, das bis jetzt bestätigt ist, ist das Full Metal Mountain 2017, ansonsten zwischendurch ein paar Kleinigkeiten. Hauptsächlich steht Proberaum, Songwriting und in Kürze Studio auf dem Plan.

 

Die letzten Worte gehören euch.

Christoph: Vielen lieben Dank an die Stormbringer-Leser, schaut’s mal bei unseren Shows vorbei oder hört‘s in unsere CD rein. Das würd uns sehr freuen.


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