Interview: Ferdy Doernberg

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Ich kann mich aber über mangelnde Live-Präsenz nicht wirklich beklagen und spiele ohnehin fast jedes Wochenende Solo, wenn ich nicht auf Tour bin!

Zum Review des aktuellen Albums von Ferdy Doernberg haben wir ihm einige kniffelige Fragen gestellt..

Veröffentlicht am 15.08.2016

Hallo Ferdy! Danke, dass du dir Zeit für ein Interview mit stormbringer.at nimmst.
Hast du das Review für dein aktuelles Album „Orexigenic Songs For Overfed People“ von stormbringer.at gelesen?

Ja, vielen Dank, da hast du das Album gut getroffen, finde ich.


Wie kommst du zu diesem eher sonderbaren Albumtitel?
Haha, ich finde, dass der Titel ganz gut passt. Es ist ja in der Basis ein Singer/Songwriter-Album - hat aber auch viele Elemente aus allen möglichen Musikrichtungen von Reggae über Punkrock bis hin zu Jazz. Und textlich fließt bei mir auch immer sehr viel schwarzer Humor mit ein.
Ursprünglich sollte es "Positive Songs For Negative People" heißen - aber kurz vor der Fertigstellung sah ich dann eine Vorankündigung für das neue – übrigens sehr coole – Frank Turner-Album, das den selben Titel hat und da habe ich das schnell geändert, sonst hätte man mir garantiert vorgeworfen, das geklaut zu haben....
Allerdings finde ich den neuen Titel im Nachhinein noch cooler!!

Du hast in diesem Album sehr viele Stile oder Genres verpackt. Wie ist es dazu gekommen?
Bei meinen Soloplatten bin ich halt komplett autark und kann im Prinzip machen, was ich will! Da ist dann halt auch alles sehr persönlich! In erster Linie geht es mir bei meinen Solosachen immer um die Texte und je nach Thema entscheide ich dann erst über den passenden musikalischen Rahmen.
Speziell bei meinen Soloalben sind die Texte sehr wichtig und für mich persönlich haben sie noch mehr Priorität als die Musik - wobei ich die natürlich auch nicht vernachlässige... Mir ist sehr wichtig, dass die Texte authentisch und "echt" sind und habe deshalb auch schon einige durchaus gelungene Songs nicht mit auf die CD genommen, weil sie nicht wirklich meinen aktuellen Stand im Leben widerspiegelten.
Ich bin stilistisch sowieso sehr offen und denke, dass es in jedem Genre gute und schlechte Sachen gibt. Nur mit Techno habe ich mich noch nie wirklich anfreunden können. Aber selbst vor Hip Hop habe ich keine Berührungsängste. Klar kennt man mich im Hardrockbereich wahrscheinlich eher als Keyboarder aber da sind ja auch noch sehr viele andere Sachen die ich mache - von der langjährigen Zusammenarbeit mit Matt Gonzo Roehr (Gitarrist der BÖHSEN ONKELZ), in dessen Soloband ich seit fünf Jahren spiele, der auch einer meiner besten Freunde ist und auf meiner neuen CD auch ein Gastsolo beigesteuert hat, bis hin zu Studio- und auch Live-Jobs für alle möglichen Künstler von Schlager bis Punkrock. Außerdem mache ich auch viel Arbeit für´s Fernsehen und habe sogar (ganz True-Metal!) ein paar Töne auf der neuen Madonna-Platte gespielt. Ich habe mit 6 mit Klavier begonnen - mit 8 kam die Trompete hinterher. Und mit 12/13 die Gitarre...
Auf Slide habe ich mich so mit Anfang 20 spezialisiert. Klar, im Metal-Bereich kennt man mich eher als Keyboarder - aber ich mache genauso viel - wenn nicht inzwischen sogar mehr - als Slide-Gitarrist (viel Studiojobs u.a. Tatort-Soundtrack, etc...).

Machst du das Songwriting alleine oder hast du da auch Hilfe?
Nee, das ist alles von mir. Ein kleiner Einblick in die verqueere Gedankenwelt des Ferdy Doernberg.

Die Instrumente, die du im Album spielst, sind ja nicht gerade alltäglich. Wählst du diese gezielt aus und schreibst Songs dazu oder ist es umgekehrt?
Nee, der Song selbst steht immer am Anfang und bekommt dann was er braucht. Ich bin ja sowieso eher der Mann für seltsame Instrumente, haha! Da es nicht so viele Leute gibt, die hier in Europa Lap Steel, Dobro, Hammond oder Akkordeon spielen - speziell im Rockbereich -, habe ich mich ein bisschen darauf spezialisiert. Gerade der Beruf des klassischen Keyboarders ist ja eine aussterbende Spezies, seitdem immer mehr Bands einfach den Laptop mitnehmen und das von den Fans ja leider auch problemlos akzeptiert wird. Ein Freund von mir spielt in der Band von Jessica Simpson, und da ist wirklich alles "live" - wohingegen bei vielen Metalbands inzwischen durchaus die große Playbackshow angesagt ist - verkehrte Welt!!!
Im Prinzip heißt ja Singer/Songwriter nichts anderes, als dass ein Sänger seine eigenen Songs singt und keine Fremdinterpretation vorliegt. Das kann dann von Jazz bis Punkrock alles sein! Heute ist das leider ein bisschen so ein Ausdruck für Weichspül-Folk geworden. Die ursprünglichen Singer/Songwriter haben ja durchaus wehtun wollen. Für mich hat das sehr viel mit Wortwitz und auch einer gewissen sprachlichen Kontroversität zu tun.
Für viele ist es heute auch so ein "Cowboy-Ding", was ich ebenfalls nicht so sehe. Natürlich ist da in meinem Fall die Slidegitarre, die eines meiner Hauptinstrumente ist. Ich denke sie ist dafür verantwortlich, dass meine CDs in einigen Reviews als sehr "amerikanisch" empfunden wurden. Ich persönlich denke aber immer noch, dass es auch viele britische Momente – auch auf der neuen CD – gibt. So habe ich nach wie vor viele klassische Modulationen und „Beatles-Harmonien“ benutzt und meine Vorbilder an der – natürlich eher amerikanisch geprägten – Slide-Gitarre sind dann auch oft eher Engländer oder Iren wie z.B. David Gilmour, George Harrison, Chris Rea, Rory Gallagher und natürlich Jeff Beck, der auch einer meiner Haupteinflüsse als „Nicht-Slide-Gitarrist“ ist, als viele der – natürlich auch großartigen – Bluesleute. Ich denke auch in den Texten ist sehr viel britischer Humor und Sarkasmus enthalten.
Ich bin ja auch Halb-Engländer und denke, das sollte ich auch nicht verleugnen und nicht versuchen „Coca-Cola nach Amerika zu verkaufen“.

Die Liste der Gastmusiker ist ja enorm. Nach welchen Kriterien wählst du sie aus oder kommen sie zu dir?
Hm, ich würde sagen, dass ich das große Glück habe, viele talentierte Freunde zu haben. Das ist eigentlich auch schon die Antwort.

Wie bekommst du die Aufnahmen mit den ganzen Gästen unter einen Hut und wie läuft das bei dir ab?
Ich weiß nicht, das ergibt sich bei mir ganz spontan und organisch. Wie gesagt, wir sind alle gut befreundet und im Gegenzug spiele ich dann auch mal was umsonst für sie ein. Ganz privat und "unprofessionell"  im Sinne von "un-Business-mäßig".
Es gibt z.B. auch noch einen Song – "My Soon-To-Be-Ex-Wife says" – auf dem die "Titelheldin", meine Ex-Frau Anke, auch Bass gespielt hat! Wir haben noch ein ganz gutes Verhältnis... Kein Rosenkrieg oder so etwas!

Du hast ja ein eigenes Studio. Welche Projekte laufen bei dir momentan?
Gerade arbeite ich an der ROTZ & WASSER-Produktion - und parallel dazu an Bläsersätzen für das neue EGOISTEN-Album. Außerdem an Keyboards für ein neues Projekt mit David Reece und Frank Pané von BONFIRE. Außerdem habe ich gerade ein Kinderrockmusical zusammen mit meiner Exfrau Anke Sobek fertiggestellt. Es heißt "Käpt´n Helge zieht auf´s Land!“ und war natürlich extrem aufwendig und zeitintensiv – aber es ist echt toll geworden.
Unter anderen mit den Gästen Matt Gonzo Roehr (BÖHSE ONKELZ), Sebi Stomper (STOMPER 98), Chris Zeller (ROTZ & WASSER), Mike Terrana (YNGWIE MALMSTEEN, RAGE, TARJA), Chris Laut (OHRENFEINDT), Sascha Pierro (MARQUESS), Axel Rudi Pell, Chris Caffery (SAVATAGE, TRANS-SIBERIAN-ORCHESTRA), Stefan Putnik (WIEN´S NO. 1), Adrian Kühn (KÄRBHOLZ), Tommi Tox (TOXPACK, STOMPER 98), Schröder (BERSERKER), Henny Wolter (NITROGODS, THUNDERHEAD), Steve Mann (SWEET, ELOY, MSG), Christof Stein-Schneider (FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE, WOHNRAUMHELDEN), Frank Pané (BONFIRE), Thomas Richter (VOGELFREI), Thomas Kroll (VORTEX), Jeff Kollman (UFO, CHAD SMITH´S BOMBASTIC MEATBATS, GLENN HUGHES), Helge Engelke (FAIR WARNING), Roland Grapow (MASTERPLAN, HELLOWEEN), Oliver Schröder (u.a. Otto Waalkes), Marcel Brozeit (EMSCHERKURVE 77), Carsten Lizard Schulz (DOMAIN, DEAD END HEROES, EVIDENCE ONE), Dick Dropkick (SPITFIRE), Daniel Schulz (UNZUCHT), Christos Mamalitsidis (NIKKI PUPPET, VICTORY), Marco Wriedt (AXXIS), Marvin Glytas (HERZLOS) Sabina Classen (HOLY MOSES) und Martin Huch (HEINZ RUDOLF KUNZE, REINHARD MEY, STOPPOK).
Das ist echt cool geworden und nicht nur was für Kinder, sondern auch für deren Eltern!

Derzeit warst du mit ARP auf Tour und diese geht ja im September weiter. Wie kombinierst du deine Live-Tätigkeiten mit deinen anderen Projekten und deinem Studio?
Haha, man braucht halt einen zuverlässigen Terminkalender. Dann geht das! Axel und ich arbeiten ja nun schon seit 16 Jahren zusammen und sind natürlich auch echte Freunde geworden – sonst hätte die Zusammenarbeit nicht so lange gehalten. Axel ist cool, humorvoll und nimmt sich selbst nicht so bierernst – seine Musik aber schon! Es macht immer sehr viel Spaß mit ihm. Allgemein habe ich halt das Glück, mein Hobby zum Beruf gemacht haben zu können und dafür bin ich sehr dankbar!

Eine Frage zu ROUGH SILK. Als ich das erste Album gehört habe ("Long Time ago") war mein Motto für diese Band: QUEEN goes Metal. Wie schaut es aktuell mit der Band aus?
Wir haben uns vor einem Dreivierteljahr sozusagen reformiert. Von der Originalbesetzung sind Herbert Hartmann (Drums) und ich dabei. Wir teilen uns auch die Leadvocals zu gleichen Teilen. Gitarre spielt Mike Mandel, der auch in der letzten Besetzung dabei war und am Bass ist Anke Sobek (Ex-NIKKI PUPPET). Wir spielen zurzeit sehr viel live und es macht total viel Spaß.

Sind von ROUGH SILK in weiterer Zukunft noch Alben zu erwarten?
Ja, jetzt wieder!!! Wir haben schon einige neue Songs geschrieben und das Ganze geht schon eher wieder in Richtung Melodicrock mit viel Raum für Jamparts und ist leicht angeproggt.

Was sind deine Projekte in der nächsten Zeit?
Live: ROUGH SILK, AXEL RUDI PELL, ROTZ & WASSER, VOLXSTURM und natürlich Solokonzerte.
Im Studio hatte ich ja schon gesagt.

Andere Frage? Was sagst du persönlich zu dieser Flut an Festivals, wo viele aufgrund der Tatsache des Kartenvorverkaufs und dass sie Topacts nicht bekommen absagen müssen?
Tja, das ist natürlich schade – andererseits denken natürlich viele Festivalbetreiber zu groß und übernehmen sich dann. Die etablierten Festivals sind über Jahre gewachsen und das kann man nicht innerhalb eines Jahres tun. Zusätzlich war natürlich dieses Jahr das Wetter auch nicht gerade ideal dafür.

Apropos Festivals. Auf welchen würdest du gerne spielen und mit wem?
Oh, schwierig. Auf vielen habe ich ja schon gespielt. Natürlich wäre sowas wie "Rock in Rio" mal ein Traum. Persönlich bin ich aber auch eher Fan von kleineren und intimeren Festivals – obwohl es als Musiker natürlich immer toll ist auf den "Großen" zu spielen. Aber als Zuschauer mag ich den kleineren Rahmen mehr.

Ich weiß, dass du schon mit vielen Musikern und Bands gespielt oder kooperiert hast. Gibt es Bands, die für dich persönlich interessant wären und mit denen du etwas machen würdest?
Generell ist es natürlich eine Riesenehre mit Leuten zusammenarbeiten zu dürfen, die ich als Jugendlicher schon heiß verehrt habe bzw. sie teilweise sogar Freunde nennen konnte! Aber in der Zusammenarbeit gibt es ja auch viele andere Faktoren. Es kommt ja nicht nur auf den Stil an. Manchmal wird man zum Beispiel für einen Studiojob mit einer völlig coolen Metalband gebucht – freut sich auch sehr darauf – und dann entpuppen sich die Musiker bzw. die Studiocrew als Arschlöcher und man selbst hat auch nicht viel Interessantes zu spielen außer ein paar Akkorden im Hintergrund, die dann auf der CD eh´kaum zu hören sind.
Im Gegensatz dazu hat man dafür manchmal Sachen, wo man vorher denkt: "Na ja – muss ich das wirklich machen?" Dann fährt man da hin und die Leute sind super und hochprofessionell und musikalisch ist es viel anspruchsvoller als erwartet. So geschehen im Fall Carpendale, der a) ein super-angenehmer und intelligenter Kollege ist, b) mit hervorragenden Musikern wie z.B. Frank Itt von u.a. Terence Trent d´Arby (den übrigens Johnny von ARP heiß verehrt) zusammenarbeitet und den ich seitdem sehr schätze. Er ist ja auch kein "Schlagersänger" sondern eher das, was man in den USA einen Entertainer nennen würde. Ich war auch ein paarmal zu Gigs von ihm eingeladen und das ist auch live qualitativ sehr gut.
Ähnlich war´s mit Emma Bunton von den SPICE GIRLS – da hatte ich auch eigentlich nicht so richtig Bock drauf und dann war´s richtig cool, da Emma eine wirklich gute Musikerin ist und menschlich absolut klasse und down- to-earth und ich das Material ihrer Soloplatten inzwischen auch sehr gut finde.
Meine eigenen Einflüsse sind daher extrem vielschichtig: BOB DYLAN, BRUCE SPRINGSTEEN, BILLY JOEL, COCK SPARRER, STEVE EARLE, MORBID ANGEL, BRYAN ADAMS, SLAYER, AGNOSTIC FRONT, METALLICA, WAYLON JENNINGS, BÖHSE ONKELZ, DEICIDE, JOHN WESLEY HARDING, ELVIS PRESLEY, JOHN MCLAUGHLIN & MAHAVISNU ORCHESTRA, RANDY NEWMAN, HENRY ROLLINS, BON JOVI, THIN LIZZY, TODD SNIDER, JEAN-JACQUES GOLDMAN, JACKSON BROWNE, JASON & THE SCORCHERS, LAAZ ROCKIT, BOB WILLS, QUEEN, KISS, NEW GRASS REVIVAL, TED NUGENT, TOWNES VAN ZANDT, RAMONES, JOHN LEE HOOKER, THE HOOTERS, ROSE TATTOO, ZZ TOP, CHRIS ISAAK, DR.HOOK, PANTERA, SOCIAL DISTORTION, THE EAGLES, JOHN CAFFERTY, NIGHT RANGER, YES, RATT, KREATOR, PINK FLOYD, LEE ROY PARNELL, THE CARS, STOPPOK, HANK WILLIAMS ( SR + JR ), BOSTON, HUEY LEWIS & THE NEWS, THE BEATLES, THE ROLLING STONES, CANNIBAL CORPSE, SAVATAGE, MOTÖRHEAD, AC/DC, SICK OF IT ALL, OVERKILL, TESTAMENT, IRON MAIDEN, CIRITH UNGOL, HAREM SCAREM, WILLIE NELSON, JOHNNY CASH, DIRE STRAITS/MARK KNOPFLER, ASLEEP AT THE WHEEL, COCKNEY REJECTS, WRECKLESS ERIC, LAST RESORT, STOMPER 98, EVIL CONDUCT, THE BUSINESS, RAVEN, GRATEFUL DEAD, ALLMAN BROTHERS, RUN DMC, DR.JOHN, HARRY CONNICK JR., KONSTANTIN WECKER, BOB MARLEY, SLAPSHOT, WARZONE, LEE ROY PARNELL, SONNY LANDRETH, JERRY DOUGLAS, STEPHEN BRUTON, JUNIOR BROWN, DAVID LINDLEY, CHRIS REA, PHIL CARMEN, RICK VITO, BONNIE RAITT, KEB´ MO, MICHAEL LEE FIRKINS, BRAD PAISLEY, VINCE GILL, JEFF BECK, JEFF KOLLMAN, BRIAN SETZER, BUDDY GUY, WES MONTGOMERY, STEELY DAN, TORI AMOS, SOUNDGARDEN, BLUE OYSTER CULT, RAINBOW, DIO, 4SKINS, SPIDER MURPHY GANG, DAVID BOWIE, HERB ALPERT, MILES DAVIS, GEORGE STRAIT, WAGGERSHAUSEN, STOPPOK, TAJ MAHAL, DAVE MATTHEWS BAND, POLICE, EVERLAST und 1000 weitere!

Bist du auch der Meinung, dass Bands viel mehr auftreten müssen um ihre CD- und Merchandise-Verkäufe zu steigern, denn nur alleine mit Downloads, Verkäufen etc. ist es zu wenig?
Ich bin der Meinung, dass die Krise im Musikbusiness nicht wirklich nur etwas Schlechtes darstellt. Natürlich gibt es deutlich weniger Unterstützung seitens der Plattenfirmen – aber ich bin sowieso ein großer Fan des "Do-it-yourself-Prinzips". Dafür sind sich viele gerade im Metal-Bereich zu fein – aber mit meinen Solosachen fahre ich auch jedes Wochenende irgendwohin, baue meinen Kram selbst auf, spiele die Show, baue selbst wieder ab und fahre zum nächsten Gig. In Amerika ist das – außer bei den ganz großen Acts – Gang und Gäbe, aber hier haben alle noch diese Business-Brille auf und wenn man dann zu einem Konzert geht und zwei Nightliner vor der Tür stehen, im Club ungefähr 20 Leute mit Tourpässen rumstehen, aber man nur 40 zahlende Gäste sieht, dann fragt man sich doch, wie zur Hölle sich das denn finanzieren soll??? Da wird es in den nächsten Jahren ein großes Umdenken geben müssen.
Das Musikbusiness wie es jetzt existiert, wird sich gehörig verändern, unter anderem wegen des Internets. Das wird von allen bejammert – ich sehe das aber eigentlich als eine gute Sache an, da sich damit auch die Spreu vom Weizen trennen wird. Ich bin gerade ziemlich entsetzt, wie negativ sich die Musikmedienlandschaft in den letzten Jahren seit Erscheinen meines letzten Soloalbums verändert hat. Selbst eine normale Plattenkritik kostet den Künstler bzw. die Plattenfirma bei einigen Magazinen inzwischen Geld (meistens in Form einer zu buchenden Anzeige!), wobei man sich damit noch keine gute Kritik erkauft hat – sondern anscheinend erstmal überhaupt eine Kritik. Eine gute Kritik ist dann nochmal eine Nummer teurer! Tja, ich glaube, da investiere ich das Geld dann doch lieber in Benzin, um möglichst viel überall zu spielen und interessierte "Investoren" (um beim Business-Deutsch zu bleiben!) direkt kennenzulernen und nebenbei noch ein bisschen Spaß an dem zu haben, worum es doch eigentlich allen gehen sollte: Musik!!!!
Ich kann mich aber über mangelnde Live-Präsenz nicht wirklich beklagen und spiele ohnehin fast jedes Wochenende solo, wenn ich nicht auf Tour bin! In kleinen Folkclubs oder Kulturzentren – und sehr gerne bestuhlt, da die Leute dann besser zuhören. Da trete ich ganz alleine auf und wechsle zwischen Klavier, Gitarre und Slide hin und her und erzähle ein paar Geschichten. Das läuft inzwischen sehr gut und hat sich vom Hobby zu einer professionellen und auch finanziell durchaus lukrativen Geschichte entwickelt. Der Vorteil bei "Kleinkunst" ist eben, dass man keine Crew – keinen Bus – und keine Band braucht und darum auch "kleinere" Gigs durchaus ein Plus abwerfen.

Wie hältst du es mit den Alben? Bevorzugst du Download, CD oder Vinyl?
Download definitiv nicht.
Vinyl mag ich zwar bei alten Platten sehr gerne – aber ich mache auch nicht so einen Kult daraus. Neue Platten klingen, da sie auch viel moderner produziert wurden, dementsprechend auf CD auch besser. Da ich persönlich viel Musik bei langen Autofahrten höre, ist die CD schon am ehesten mein Medium.

Was war das letzte Album, das du dir gekauft hast?
"Storyman": die neue CD von Sam Bush, dem ehemaligen Mandolinisten von NEW GRASS REVIVAL. Extrem innovativer Musiker, der zum Beispiel auch Slide-Mandoline, Geige und natürlich nebenbei noch meisterhaft Gitarre spielt. Dazu ein toller Songwriter. Echt eine tolle CD!!!


Zum Abschluss möchte ich dich fragen, ob du eine Botschaft für die Leser von stormbringer.at hast?
Ich hoffe, der eine oder andere hört mal in die CD rein und wer weiß? Vielleicht sehen wir uns ja mal irgendwo bei einem Konzert?

Danke für das Interview. Wir wünschen dir alles Gute für die Zukunft! See you on Tour!
Ich danke für das Interview! Und wünsche Dir natürlich ebenfalls alles Gute!!


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