Interview: SHINING - Jørgen Munkeby

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Wir denken nicht nur an die Sounds, sondern auch daran, wo wir uns in der Musik-Geschichte verorten und wie wir etwas machen können, das Menschen als neu und aufregend empfinden. Etwas, das man noch nie zuvor gehört hat.

Derzeit sind die Norweger SHINING mit ihrem siebenten Studioalbum "International Blackjazz Society" auf Tour. Beim Auftritt im Göteborger Fängelset haben wir uns mit Jørgen Munkeby zusammengesetzt um über Jazz, norwegische Felswände und Disziplin zu diskutieren.

Veröffentlicht am 16.11.2015

Bereits in den 90ern wurde Norwegen als Black-Metal-Hotspot gefeiert und auch im Jazz ist das Land kein weißer Flecken auf der Landkarte. Anfang 2010 haben die heimischen SHINING die beiden Bereiche verbunden, um damit nicht nur einen eigenen Stil, sondern vielleicht sogar ein neues Genre zu begründen. Derzeit ist die Truppe mit ihrem siebenten Studioalbum "International Blackjazz Society" (hier gehts zum Review) auf Tour. Beim Auftakt im Göteborger Fängelset haben wir uns mit Jørgen Munkeby zusammengesetzt um über Jazz, norwegische Felswände und Selbstdisziplin zu diskutieren.

Wie geht’s dir nach dem ersten Konzert der Tour?

Das war nicht nur das erste Konzert der Tour, sondern auch das erste, bei dem wir unsere neue Musik präsentiert haben. Es war ganz schön aufregend und ich bin zufrieden. Definitiv ein guter Start!

Lass uns gleich über euer neues Album sprechen. Wer oder was ist diese „International Blackjazz Society“?

Blackjazz, das ist klarerweise unser Musikgenre, in dem wir Black Metal und Jazz verbinden. Die „International Blackjazz Society“ soll der Name für eine Art Organisation sein – ein Ort an dem Leute zusammenkommen, um ihrer Begeisterung für, sagen wir Blackjazz oder Metal, Ausdruck zu verleihen. Wir beschäftigen uns sehr mit unseren visuellen Designs und mögen es gerne elegant und modern. Weltweit gibt es nun jede Menge Leute, die die gleichen Sachen schätzen wie wir: die Musik und all die Dinge drumherum, die dazu gehören. Das ist also die Idee dahinter – eine Membership Organisation mit verschiedenen Levels.

Und diese Idee hat bereits Anklang gefunden. Aus Paris zum Beispiel kam eine Anfrage an unser Label – dort gab es dann eine Pre-Listening Party, eine Woche bevor das neue Album erschien. Es ist schön zu sehen, wenn Leute auch ohne dein Zutun von selbst aktiv werden.

Ist es in Zeiten wie diesen noch wichtig, die eigene Musik als Album bzw. CD zu veröffentlichen?

Das Wichtigste ist es Musik zu machen. Ich bin aber auch gerne kreativ, wenn es um's Artwork und um das Drumherum geht. Ich mag die physische Seite der Musik, bin aber auch der digitalen Welt nicht abgeneigt – für mich macht das Format keinen großen Unterschied. Sei es Streaming, iTunes, CD – es ist mir ziemlich egal. Wenn es um solche Dinge geht, haben alle ihre eigenen Vorlieben. Einige mögen Vinyl wegen der Soundqualität, andere Streaming wegen der Einfachheit.

Andererseits war es schon immer wichtig, in größeren Dimensionen zu denken. Wir denken nicht nur an die Sounds, sondern auch daran, wo wir uns in der Musik-Geschichte verorten und wie wir etwas machen können, das Menschen als neu und aufregend empfinden. Etwas, das man noch nie zuvor gehört hat.

Man könnte sagen, dass das Video zu 'Last Day' so eine einmalige Sache war. Trolltunga (dt, „Trollzunge“), ist ein Felsvorsprung, der in einem norwegischen Gebirge über 10.000 Meter quasi in der Luft hängt. Und genau darauf habt ihr ein Konzert und das Video zu ‚Last Day’ aufgenommen. Kannst du uns etwas über diese Erfahrung erzählen?

Wir haben schon öfter solche Dinge gemacht, zum Beispiel haben wir ein Video in der Wüste in Kalifornien aufgenommen, aber Trolltunga war definitiv das spektakulärste bisher.

Es war absolut verrückt und wirklich gefährlich. Wir mussten alles genauestens vorausplanen und haben zwei Tonnen an Equipment dort hinauf geflogen – Amps, Kabel, Monitor-Boxen, PA-System-Instrumente und Material, um einen Drumriser zu bauen. Das Ganze war relativ schräg und wir hatten Angst, dass sich das Drum-Set inklusive Drummer früher oder später verabschieden könnte. Man muss bedenken, dass man da oben direkt in den Bergen ist und nicht einfach mal schnell was holen kann, wenn man was vergessen hat. Sicherheitsmaßnahmen konnten wir sonst nicht viele treffen. Wir haben einfach dort gespielt und sind die Berge drei bis viermal vorher hinaufgestiegen, einfach, um in Form zu bleiben.

Du bist auf der Bühne sehr aktiv. Zwischen Saxofon, Gitarre und Gesang wechselt du wie im Flug. Wie hältst du das aus und was musst du tun, um dich fit zu halten?

Man muss viel üben – naja, vielleicht nicht viel, aber sagen wir genug. Man muss die richtigen Muskeln trainieren, in den Lippen zum Beispiel. Die Muskeln in den Lippen sind sehr klein und kommen bereits in kürzester Zeit außer Form. Lippen und Zunge benötige ich für das Saxofon, Muskeln in meinem Hals für das Singen. All das muss ständig trainiert werden.

Andererseits müssen natürlich auch die Songs geübt werden. Die Band muss zusammenspielen. Wir haben oft Bandproben, die wie Konzerte aufgebaut sind. Da gibt es zehn Minuten zum Aufbauen und Auspacken des Equipments und dann wird losgelegt – und zwar ohne Unterbrechung und mit Backup-Plan, sollte eine Gitarre ausfallen oder sonst etwas schief gehen. Wir hatten auch schon eine Probe, bei der unsere einzige Lichtquelle ein Stroboskop war. Solche Sachen helfen dir, dich auf alle Arten von Live-Situationen vorzubereiten.

Mit Tobias Ørnes Andersen habt ihr auf dem aktuellen Album einen neuen Schlagzeuger an Bord. Was hat sich dadurch bei euch geändert?

Wir haben schon sehr viele Konzerte mit unserem Drummer gespielt – er ist also nicht ganz neu. Allerdings war das natürlich das erste Album, auf dem er mitgewirkt hat, also eine große Sache. Unser vorheriger Drummer (Torstein Lofthus - Anm. d. Red.) war 13-14 Jahre bei uns und unser jetziger ist ein SHINING-Fan der ersten Stunde. Er hat Torstein und seinen Stil sehr geschätzt und konnte dadurch all unsere Nummern spielen. Spannend war, dass wir auf dem neuen Album nun neue Dinge gemeinsam realisieren konnten.

Eure Tour hat ja eben erst begonnen. Was erwartest du dir für den Rest der Aufrtitte?

Ich hoffe natürlich, dass es großartig wird – aber man weiß ja nie. Ich bin glücklich, wie es bisher gelaufen ist und hoffe einfach nur, nicht krank zu werden. In unserem Tourbus sind 18 Leute, also ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass jemand sich etwas einfängt. Ich versuche also meine Stimme so gut wie möglich zu schonen (zeigt auf den dicken Schal um seinen Hals - Anm. d. Red.) und gesund zu bleiben. Das ist momentan das Wichtigste.

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