Interview: SUFFOCATION - Guy Marchais & Derek Boyer

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SUFFOCATION-Songs flippen aus, sie attackieren dich und lassen dich nicht mehr los.

Guy Marchais und Derek Boyer von den US-Death-Metal-Legenden SUFFOCATION im launigen Stormbringer-Talk über die Zukunft mit/ohne Frank Mullen, MANOWAR-Coverversionen, Respekt im Death Metal und perverse Slap-Fights auf Tour.

Veröffentlicht am 21.10.2015

SUFFOCATION sind natürlich absolute US-Death-Metal-Legenden, das braucht man auch gar nicht zu diskutieren. Doch live leidet die Band seit Jahren unter dem temporären Abgang von Sänger und Band-Gesicht Frank Mullen. Der, wie alle anderen in der Band, auch schon in seinen stolzen 40ern, hat mittlerweile einen lukrativen Brotjob und ist für Shows außerhalb der USA nur mehr in den seltensten Fällen zu haben. Nach mehreren Versuchen haben die üblichen Mitglieder mit DISGORGE-Drummer Ricky Myers aber einen würdigen Ersatzmann, der - und das ist wohl das Wichtigste überhaupt - auch vom Gros der Fans akzeptiert wird. Für unser Interview wollten wir eigentlich das Sechssaiter-Duo Terrance Hobbs und Guy Marchais gewinnen. Ersterer, kein Gründungs- aber letztes Urmitglied, kämpft in der Wiener Szene aber mit den Tücken der Waschmaschine, wodurch der wortselige Bassist Derek Boyer, immerhin auch schon elf lange Jahre an Bord, spontan einspringt. Die Fragen zum Jubiläumswerk "Effigy Of The Forgotten" sind dadurch natürlich obsolet, doch trotz leichter Verkühlung nach drei harten Wochen im Tourbus mit NILE zeigen sich Boyer und Marchais gut gelaunt und humorvoll - eben genau so, wie man sich US-Deather auch vorstellt, wenn sie nicht gerade Karl Sanders oder Glen Benton heißen. Das wichtigste Fazit gleich mal gerade heraus: die weitere Zukunft der Band wird spannend...

Guy, Derek – ihr wart jetzt mehr als vier Wochen mit euren Kumpels von NILE auf Tour. Erzählt doch mal, was da so Arges und Verrücktes ablief.

Derek Boyer: Puh, so genau kann man das gar nicht festmachen. Wir waren ein großartiges Package und natürlich stachen einige Tage hervor, aber an etwas ganz Besonderes erinnere ich mich jetzt nicht.
Guy Marchais: Wir hatten haufenweise Slap-Fights. (lacht) Du weißt ja, das ist das Spiel, wo ich dir voll eine auf die Plautze haue. Ich habe übrigens nur ausgeteilt und nie eingesteckt, deshalb auch immer gewonnen. (lacht)

Habt ihr euch eigentlich schon das neue NILE-Album „What Should Not Be Unearthed“ angehört? Was denkt ihr darüber?

Boyer: Wir kennen die Live-Songs und ich glaube ich habe auf YouTube ein Lyric-Video gesehen. Die Typen sind irre. Wahnsinn, wie schnell und tight sie spielen.
Marchais: Ich habe mir schon die ganze CD reingezogen und bin begeistert. Mich erinnert das Teil irgendwie an ein altes MORBID ANGEL-Album. Keine Ahnung, ob das auch so geplant war?

Starke Alben ist man glücklicherweise auch von euch gewohnt, zuletzt 2013 mit „Pinnacle Of Bedlam“. Ursprünglich gab’s schon mal ein Statement von euch, dass es noch 2015 was mit einem neuen werden könnte. Das Zitat liegt aber auch schon länger zurück…

Boyer: Das geht sich nicht mehr aus, aber 2016 unter Garantie. Wir sind schon dabei, die Songs zusammenzustellen und die Vocal-Spuren reinzubauen. So ein Aufnahmeprozess ist ziemlich lustig, ich hab ja oft reingelacht in die Songs, das wird dann erst durch die Vocals ersetzt. (lacht)
Marchais: Das wäre dann Material für die nächste DVD. Die Outtakes mit Derek.
Boyer: Wenn wir nach der Tour wieder in den Staaten sind, werden wir die Pre-Production fortsetzen und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir Anfang 2016 mit der Produktion beginnen. Die meisten Songs sind geschrieben, aber dafür ist fast nur Terrance verantwortlich – er schraubt dann zuhause auch immer an allem herum und kommt dann zu uns, wo wir entscheiden, was wir nehmen und was nicht. Eigentlich schauen wir dann, welche Ideen von wem genommen werden.
Marchais: Was dann eh nie passiert, weil ja doch alles von Terrance kommt. (lacht) Ich bin mittlerweile nach South Carolina gezogen, ich habe überhaupt nichts für das kommende Album geschrieben. Also ich habe schon etwas geschrieben, aber den Jungs erst gar nichts davon weitergeleitet.
Boyer: Schon bei „Pinnacle Of Bedlam“ hat Terrance sehr spät die Songs geschrieben, aber sie waren gut genug für das Album. Im Studio selbst haben wir dann oft noch nachjustiert und auch unsere Ideen einfließen lassen. Das Album wird auf jeden Fall ziemlich scharf, ich freue mich schon irrsinnig darauf. Auch auf das Studiofinish, denn dort verändert sich eben doch oft noch ziemlich viel. Geschrieben ist also fast alles, aufgenommen noch nichts und bei uns wird wirklich bis zur allerletzten Minute verhandelt.

Könnt ihr denn schon irgendwas dazu verraten? Konzept, Albumtitel, Artwork, etwaige Gäste?

Boyer: Wir schließen in gewisser Weise am letzten Album an, das kommende wird noch tiefer in die Materie gehen, aber ich werde einen Dreck tun, euch jetzt mehr darüber zu verraten. (lacht) Vielleicht kommt eine andere Band noch auf die Idee, uns den Albumtitel wegzunehmen, das riskieren wir sicher nicht.
Marchais: Das war ja auch beim Albumcover von „Pinnacle Of Bedlam“ so. Noch einmal passiert uns das nicht. Es geht um Spiritualität, Leid und die Suche nach Auswegen – typisches SUFFOCATION-Material eben.

Eure Sänger-Lage ist ja speziell und einzigartig. Frank Mullen, das Gesicht von SUFFOCATION, tourt ja kaum mehr und euer Live-Sänger Ricky Myers macht seine Sache dafür mehr als gut. Ist das hie und da problematisch?

Boyer: Ricky will eigentlich mehr machen und Frank forciert das auch. Frank hat ohnehin wenig Zeit, will aber natürlich auf die Alben, Ricky jetzt auch und wir überlegen, wie wir das am besten lösen werden. Vielleicht wird das so sein, dass Ricky quasi als Gastsänger angeführt wird, oder – wir haben intern schon darüber gelacht – Ricky singt so viel ein, dass Frank plötzlich ein SUFFOCATION-Gastsänger ist. (lacht) Es wird auf jeden Fall speziell und wir machen uns viele Gedanken darüber.

"Moment mal - da war noch was" - SUFFOCATION-Doppel Guy Marchais und Derek Boyer in Action - (c) Norbert Wabnig

Eigentlich klingt das ja nach zwei Hauptsängern.

Boyer: Ja, wir wissen halt noch nicht, wie wir das Ganze dann präsentieren sollen. Ihr werdet auf jeden Fall beide auf dem Album hören. Das ist auch für uns sehr spannend.

Fiel es Frank nicht schwer, so viel Verantwortung abgeben zu müssen?

Boyer: Überhaupt nicht. Frank mag seine neuen Gewohnheiten, die fixen Essenszeiten und das gemütliche Leben zuhause. Der Lifestyle ist für ihn derzeit perfekt. Frank hat nicht nur wegen seines Jobs das Touren eingestellt, er hat uns ganz offen gesagt, dass das ewige Touren und geschätzte 23 Stunden pro Tag ohne Privatsphäre einfach nichts mehr für ihn wären. Er hasste diese Mechanismen. Er ist auch keine 18 mehr und ich kann so etwas nachvollziehen. Er konzentriert sich jetzt eben viel mehr auf Konzept und Texte, auch dafür ist mehr Zeit. Wie machst du das sonst, wenn du dauernd auf Tour bist? Dich im Bus verstecken und dort schreiben? Es ist nicht einfach.

Was arbeitet Frank eigentlich?

Boyer: Es ist ein echter, guter Job. Er fühlt sich wohl, reißt sich dabei keinen Fuß aus und macht gutes Geld – es spricht ja wirklich alles dafür, dass er sich hauptsächlich aus den Touraktivitäten ausgeklinkt hat. Es macht wirklich Sinn. Natürlich sind wir auch abgesicherter, je mehr wir touren, aber wir werden dabei auch verrückter. Schließlich besteht der Touralltag aus verdammt viel Freizeit und da wird man dann schon irre. Aber immerhin schlafen wir viel. Etwa 12-14 Stunden pro Tag. (lacht)

Die Fans von euch waren anfangs ziemlich schockiert darüber, dass Frank nicht mehr tourt. Er war doch das offensichtliche Gesicht der Band. Wie habt ihr das wahrgenommen?

Marchais: Natürlich wollen die Leute Frank sehen, aber da mussten wir durch. Anfangs hatten wir ja John Gallagher von DYING FETUS am Start. Der wurde von den Fans akzeptiert, wohl auch, weil es dieselbe Fan-Klientel war. Jetzt haben wir Ricky Myers und die Leute wollen natürlich Frank, aber sie akzeptieren Ricky. Das ist schon viel Wert.
Boyer: Ich kenne Ricky schon seit Ewigkeiten, habe mit ihm 1996 in Kalifornien schon in DISGORGE gespielt. Ich kam damals in seine Band und als er das von Frank hörte fragte er mich, ob er seine Vocalspuren an uns senden könnte. Ich glaubte nicht, dass ihm das ernst war, aber er hat das durchgezogen. Als wir da reinhörten, mussten wir lachen. Die Songs klangen so stark nach Frank, dass wir sie ihm selbst zeigen mussten. Frank hat uns gefragt, wann wir ihn ohne sein Wissen aufgenommen hätten und wir klärten ihn über Ricky auf. (lacht) Frank war begeistert davon und alle waren zufrieden. Ricky macht SUFFOCATION zu der Band, die sie immer war. Gallagher sang damals seine DYING FETUS-Vocals über die SUFFOCATION-Musik. Für mich klang das cool, aber viele unserer Fans waren davon gar nicht begeistert. Sie haben unsere spezielle Situation akzeptiert, nicht aber die Tatsache, dass wir eben plötzlich wie FETUS klangen.
Marchais: Ricky versuchte gar nicht wie Frank zu klingen, er klang einfach so. Du musst wissen, dass er bei DISGORGE Drummer ist und seine Stimme ja immer besser und besser wird.

Diskutieren Kevin Talley und Ricky in der Band oft über Dinge, die sich um das Schlagzeugspielen drehen?

Boyer: Nein, Ricky mag den Stil von Kevin. Natürlich wird hie und da darüber gesprochen, aber Ricky konzentriert sich völlig auf den Gesang. Er hat nicht aufgehört, Drums zu spielen, aber wenn er sich zwischen DISGORGE und SUFFOCATION entscheiden müsste, würde er derzeit uns wählen. Sorry DISGORGE, aber das ist einfach so.

Die Umstellung vom Drummer zum Sänger zu werden muss ja extrem sein?

Marchais: Das mit Sicherheit. Als Drummer bist du so weit weg vom Rampenlicht wie kein anderer und plötzlich sind alle Augen auf ihn gerichtet, aber er macht einen großartigen Job.
Boyer: Auch bei meinen ersten großen Shows zitterten mir die Knie, aber wenn du dich daran gewöhnst, wirst du hungrig. Dann willst du es einfach nur allen zeigen und ich denke, Ricky hat diese Barriere bereits überwunden. Anfangs war er auf der Bühne schüchterner, der Schatten von Frank ist nun einmal groß und gerade bei den Zwischenansagen war er unsicher. Ich habe ihm dann aber erklärt, dass er einfach seinen Traum leben soll, er kann ja tun, was immer er will. Das ist dann immer witzig, weil ich ihm nach guten Shows erklären muss, dass das alles kein Traum ist, sondern real. (lacht)
Marchais: Er nimmt es wirklich ernst. Bevor wir hier bei euch aufgetreten sind, konnte er aus Grippegründen er nicht einmal vernünftig reden, aber er hat alles gegeben. Zum Glück fällt ihm das Singen leichter als das Reden.
Boyer: Wenn du krank bist und ein Instrument spielst, dann stellst du dich halt rauf, spielst deine Songs und bist vielleicht mies drauf, aber als Sänger – da habe ich wirklich allergrößten Respekt.
Marchais: Ich bin auch krank und habe gestern während der Show die ganze Zeit gebangt, während mir der Rotz in Strömen aus der Nase lief. Das war furchtbar – wie kann man da auch noch singen in dem Zustand? Ricky ist irre.

Ersetzt Sänger Frank Mullen (2.v.l.) durch Ricky Myers und ihr habt "SUFFOCATION live 2015" - (c) Norbert Wabnig

Viele Menschen sagen, eine Band kann jeden ersetzen, nur nicht den Sänger.

Boyer: Meine Einstellung richtet sich an jede Position in der Band: Wenn jemand Neues reinkommt, muss er zumindest gleich gut, bestenfalls besser als sein direkter Vorgänger sein. Die meisten Fans wirst du damit natürlich nicht befriedigen, aber andere werden die Leistungssteigerung erkennen und sich auch darüber freuen.
Marchais: CANNIBAL CORPSE, AC/DC, mehrmals sogar BLACK SABBATH – wir sind da jetzt sicher keine Pioniere. Auch JOURNEY fällt mir ein, aber vor allem CANNIBAL CORPSE. Die waren groß und sind groß, auch wenn Barnes vom Corpsegrinder ersetzt wurde – da haben anfangs alle geschimpft, daran kann ich mich auch noch erinnern. Geschadet hat es der Band aber nie und die Fans blieben. Ein paar Puristen kannst du nicht belehren, aber komm schon – Barnes ist seit mehr als 20 Jahren nicht mehr in der Band. Was soll der Mist also? Irgendwann muss man auch darüber hinwegkommen.

Euer Drummer Kevin ist damit beauftragt, für die Funpics und Selfies in euren Social-Media-Kanälen zu sorgen. Außerdem sieht man da auch immer tonnenweise Weed, dass ihr in allen möglichen Städten verputzt. Ist das Partymachen denn immer noch so leicht wie in euren 20ern?

Boyer: Das geht ja nicht immer alles weg, was du da siehst. (lacht) Ich trinke derzeit viel weniger als üblich. Natürlich trinkt jeder täglich und schmeißt sich täglich Weed rein und insofern hat sich tatsächlich nichts geändert, das stimmt schon. Du gleichst dich irgendwann an den Lifestyle an, auf fixer Ebene. Ich werde aber wohl auch erwachsen, denn nach einem harten Abend ist mein Stil wirklich unter aller Sau. Das will ich mir aber nicht leisten, deshalb saufe ich weniger. Oh Gott, ich reife wirklich. (lacht)

Ich finde es irre, dass ihr als Death-Metal-Band in der Long Island Music Hall Of Fame gelandet seid.

Boyer: Das war wirklich eine eigene Erfahrung, denn dort sind die ganzen Großen der kommerziellen Musikindustrie und plötzlich schlichen wir hinterm Vorhang hervor und da spielte plötzlich eine professionelle Jazz-Band. Ich mag Jazz auch, aber das war so surreal für uns. Was wirklich großartig an dieser Sache war – jedes SUFFOCATION-Mitglied war da. Außer ex-Mitglied Josh Barohn, er lebt in Australien und konnte nicht kommen. Aber sonst alle – alle Drummer, alle Gitarristen, die Bassisten. Und das wir von der Musikindustrie in so einer Art und Weise wahrgenommen wurden, hat uns schon sehr geehrt.

Glaubt ihr, dass der Respekt gegenüber der Extreme-Metal-Szene heute größer als ist?

Boyer: Bands wie SLIPKNOT oder die Cartoon-Reihe „Metalocalypse“ haben schon mehr Leute erreicht. Die Crossover-Geschichten haben mehr Erfolg und Respekt. Ich finde, rein musikalisch könnten uns alle den nötigen Respekt zollen, aber die tiefen Death-Growls, die Mordfantasien, der Satanismus und der ironische Sexismus wird den Death Metal immer im Underground halten. Es wird niemals cleanen Death Metal geben, du hörst ja schon heraus, dass das ein Oxymoron ist. (lacht)

Aber es gibt die christlichen Death-Metaller MORTIFICATION.

Boyer: Du hast deine Hausaufgaben gemacht – aber das ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt. (lacht)

Heute kannst du mit Death-Metal-Texten und bösen Artworks keinen mehr provozieren. Diese Zeiten sind doch längst vorbei.

Boyer: Es ist alles gesagt, das stimmt schon. Wir mussten unlängst in Marseille fern unserer Umstände eine Show canceln und ein Freund von uns, der bei Season Of Mist arbeitet, hat uns Zeichnungen eines Künstlers gezeigt. Der Typ wollte keine Kohle dafür haben, sondern war einfach ein Fan. Das Artwork war unglaublich, es gibt da draußen noch die Künstler, die herausragende, magische Werke haben und diese gerne mit den Death-Metal-Fans über eine Band teilen. Es glaubt ohnehin jeder, dass schon alles gesagt und getan ist, aber gerade da liegt doch noch eine Chance, mit etwas zu überraschen. Ich glaube daran, dass es noch Möglichkeiten gibt, Leute vor den Kopf zu stoßen.

2016 feiert euer grandioses Debüt „Effigy Of The Forgotten“ seinen 25. Geburtstag. Was kommt euch in den Sinn, wenn ihr an diese Zeit zurückdenkt?

Marchais: Ich weiß noch, dass ich bei PYREXIA spielte, als das Album rauskam. Aber ich weiß noch, dass die SUFFOCATION-Jungs damals aus Florida vom Jammen kamen und Kassetten und so Zeugs in unseren Proberaum mitbrachten. Wir hatten die Songs schon gehört, bevor sie rauskamen und das war ziemlich verrückt damals. Ich weiß noch, wie ich den Titeltrack erstmals live auf der Bühne sah und völlig außer mir war. Was war das? So etwas hatte ich noch nie zuvor gehört.

„Liege Of Inveracity“ beinhaltete den hochoffiziell ersten Slam-Death-Part bzw. Breakdown der Death-Metal-Geschichte.

Boyer: Man hat schnell gemerkt, dass ihre Inspirationsquellen auch auf den New-York-City-Hardcore ausgedehnt waren. In Florida ging es darüber, möglichst schnell und böse zu sein. Die Bands aus New York waren immer schon etwas progressiver, ihrer Zeit weiter voraus und insgesamt etwas härter. In Florida waren wir schon auch schnell und richtig böse, aber wir hatten nicht so ein Gespür für die dicken Grooves. Frank würde jetzt sagen, dass er die Slam-Riffs vom NY-Hardcore hat – ohne Zweifel.

Die Songs „Reincremation“ und „Mass Obliteration“ wurden von Corpsegrinder Fisher eingesungen, der damals noch weit entfernt war von seiner CANNIBAL CORPSE-Karriere. Habt ihr zu den ganzen alten Szenehasen eigentlich heute noch Kontakt?

Marchais: Von Zeit zu Zeit, wenn wir gerade auf Tour sind und in der Gegend sind, dann rufen wir uns schon an und treffen uns mal.

Spaßvögel - Marchais und Boyer von SUFFOCATION haben's sehr gerne lustig - (c) Norbert Wabnig

Findet ihr, dass die jüngeren Death-Metal-Bands heute zu technisch geworden sind?

Boyer: Das finden wir wirklich, ja. Es ist natürlich sehr eindrucksvoll, wenn du extrem schnell, technisch und sauber spielst, aber wenn das Publikum das nicht aufsaugen kann, wofür machst du das dann?
Marchais: Die ganzen jungen Gitarristen sind Wunderkinder, die sind wirklich großartig und unglaublich anzusehen. Das klingt oft so, als ob die alle Gitarren studieren und nichts anderes machen würden. (lacht) Aber wo bleibt der Groove?
Boyer: Wenn du als Besucher eine Show verlässt, willst du den letzten Song einer Band noch im Ohr nachklingen haben, er muss einfach zünden. Bei diesen Gitarrenwunderkindern erinnerst du dich natürlich an ihre Fertigkeiten und wie cool sie dabei sind, aber du kannst nicht genau verifizieren, was jetzt von dem Ganzen so cool war. Du erinnerst dich bei den Songs an einen Scheiß. (lacht)
Marchais: Früher gab es einen, der herausstach. Heute wollen das alle. Wo bleiben die Eigenständigkeit und das Songgefühl? (lacht)

Wäre es für euch, als zurecht respektierte starke Musiker, nicht interessant, mal einen Jazz-Song im Death-Metal-Stil zu verwursten?

Marchais: Keine dumme Idee – aber welcher Song? Ist zwar kein Jazz, aber ich würde gerne einen MEN AT WORK-Song covern.

Was? MANOWAR?

Marchais: (lacht) Definitiv nicht, MEN AT WORK!
Boyer: (lacht) MANOWAR wäre doch geil! „Battle Hymns“ wäre doch echt scharf.

Was ist die Essenz eines SUFFOCATION-Songs?

Boyer: Der Song muss zu einem Ohrwurm werden, er verinnerlicht Slam-Elemente, um den Groove zu verstärken. Es müssen auch Kontraste zu hören sein. Die harten Sachen werden noch härter und wichtiger, wenn du melodischeren Songs etwas mehr Feuer gibst und vice versa. Wenn du Slam an Slam an Slam reihst, hast du keine Durchschlagskraft mehr. Es wird langweilig und verpufft zusehends. SUFFOCATION-Songs flippen aus, sie attackieren dich und lassen dich nicht mehr los – und das geht nur mit guten Kontrasten in den Songs.
Marchais: Kontraste haben wir auch in unseren Intros bei den Liveshows. Dort greifen wir auf einen Rapper zurück und alle im Saal denken sich dann, was zur Hölle denn jetzt los sei.
Boyer: Der Rap ist aber hart und brutal, auch der Inhalt des Typen ist absolut irre. Mit diesem Sample beginnen und beenden wir die Shows und es ist vor allen nach dem Intro geil zu sehen, wie sich die fragenden Gesichter vor dir auftun, bevor die SUFFOCATION-Hölle auf alle hereinbricht.

Was soll den Leuten in den Sinn kommen, wenn sie mit dem Begriff SUFFOCATION konfrontiert werden?

Marchais: Gute Frage, wenn die Leute „Suffocation“ googeln, kommen wir zudem ja noch vor allen anderen Leiden und Krankheiten.
Boyer: Das ist großartig, sehr geil sogar. Darüber machen wir uns aber keine Gedanken. Komm zu unseren Shows, check die Alben, sie machen alle viel Spaß und lass dich auf einen Gig von uns ein. Was SUFFOCATION wirklich repräsentiert, das sind vor allem die Liveshows. Das sollte keiner verpassen.


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