Interview: The Sword - John D. Cronise

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Wenn Du Kunst kreierst, dann musst du Kunst für dich persönlich kreieren! Du musst hier deine Entscheidungen treffen, wenn du auch nur im geringsten im Hinterkopf Gedanken hast, wird es dieser Typ dort mögen oder vielleicht jener da, dann ist das nicht mehr deine Musik.

Wir schnappten uns THE SWORD Sänger/Gitarrist John D. Cronise vor ihrem Gig in der Wiener Arena zu einem gemütlich/entspannenden Plausch auf der gemütlichen Ledercouch des Barbereiches der kleinen Arenahalle.

Text: Reini
Veröffentlicht am 19.09.2015

Die vom leider verhinderten Robert Fröwein zum überwiegenden Teil ausgearbeiteten Fragen an THE SWORD Sänger/Gitarrist John D. Cronise drehten sich über die auf dem aktuellen "High Country"-Album (zum Review), erneut vollzogene Stilumkehr, über Folk-Einflüsse, natürlich über die greatest Rock'n'Roll Band on Earth, über den Verlust des Dooms, sowie der Notwendigkeit sowohl egoistisch, wie auch open-minded zu sein!

JD, zwölf Jahre nachdem ihr THE SWORD in Austin/Texas gegründet habt ist euer fünftes Studioalbum „High Country“ gerade erschienen. Es sieht irgendwie so aus, als ob ihr schlussendlich von eurem Sound her angekommen seid. Ist dieser LED ZEPPELIN, THIN LIZZY und auch ein wenig QUEENS OF THE STONE AGE-beeinflusste Rock genau jene Musik, nach der ihr/nach der du die letzten Jahre gesucht habt/hast?

Hmm, also LED ZEPPELIN hör ich schon seitdem ich zwölf oder 13 Jahre alt bin, ich bin Rock-Musiker, ich schreibe Rocksongs und jene  Songs, die für das neue Album geschrieben wurden, die klingen einfach so wie sie jetzt klingen.

Aber ist es nicht so, dass ihr eure Heavy Metal-Roots, die auf euren vorangegangenen Alben noch deutlich zu hören waren, komplett außen vorgelassen habt?

Es dreht sich doch gar nicht um die  Entscheidung irgendetwas außen vor zu lassen, es dreht sich alles um die Tatsache neue und auch verschiedenartige Songs zu schreiben. Wir wollen uns auf keinen Fall wiederholen. In dem Genre, wo wir anfingen  Musik zu machen haben wir schnell begriffen, dass es uns zu sehr einengen würde. Viele Bands lassen sich in derartige Boxen, kleine Boxen hineinzwängen und denken nicht einmal daran ihren Stil zu erweitern, müssten wir das auch machen, hätten wir uns schon vor langer Zeit aufgelöst. Mich würde das zu Tode langweilen nach zehn und mehr Jahren noch immer in den Zwängen eines Genres, einer Szene gefangen zu sein. Wir standen wirklich vor der entscheidenden Frage: Weiterentwicklung oder Tod der Band! Wollen wir unser Songwriting verbessern und neue musikalische Gebiete ausprobieren oder entscheiden wir uns für die artistische Stagnation.

Du hast eingangs erwähnt, dass du seit du zwölf Jahre alt bist LED ZEPPELIN hörst, für mich ja ohne Zweifel die größte und beste Rock’n’Roll Band die es je gegeben hat…

Da stimme ich dir voll und ganz zu

Wo liegt für dich diese magische Anziehungskraft dieser Band, sowohl von der Musik, aber auch von den Lyrics her?

Das ist nüchtern betrachtet ein Thema, eine Debatte, die wir über Jahre hinweg führen könnten: Wie konnte es passieren, dass da vier Typen zusammenkamen und etwas zu Stande brachten, dass so unendlich größer/besser war als Alles was man bislang gehört hatte, noch dazu mit dem Wissen, dass keiner der Vier dies hätte alleine zu Stande bringen können.

The Sword live in Vienna/Arena 02.09.2015 (Pic by Stefan Kuback)
THE SWORD live in Vienna/Arena 02.09.2015 (Pic by Stefan Kuback)

Lass uns ein bisschen in eurer Historie kramen - „Age Of Winters“ (2006) bzw. „Gods Of The Earth“ (2008), eure „alten“ Alben, mögt ihr von denen überhaupt noch Songs spielen?

Manche schon noch ja, aber gerade für mich als den Sänger kommen da vor allem die Lyrics ins Spiel. Viele dieser Texte hab ich vor zehn oder gar mehr Jahren geschrieben und mit einigen kann ich mich heute einfach nicht mehr identifizieren. Wir haben uns nicht nur vom Songwriting her weiterentwickelt, natürlich sind auch meine Lyrics mit der Zeit gewachsen und viele dieser alten Songs kann ich einfach nicht mehr mit der gleichen Leidenschaft singen wie zu jenem Zeitpunkt als ich die Lyrics geschrieben habe. Ich fühle einfach diese Emotionen von damals nicht mehr. Aber ich sehe das nüchtern, das neuere Material ist immer eine Spur mehr zugänglich für dich persönlich, es ist aktueller, näher bei dir, darum ist es für mich persönlich auch klar, dass hiervon weit mehr Songs in Frage kommen, die ich täglich den Leuten näher bringen möchte.

Jedem könnt ihr es sowieso nicht recht machen, es gab aber schon Teile eurer Fanbase, die doch Kritik an eurem neuen Album laut werden ließ. Wie siehst du diese Geschichte, dass man sich als THE SWORD-Fan mittlerweile mit nahezu jedem Album an neue musikalische Einflüsse eurerseits gewöhnen muss und ist es für euch als Band nicht hart mit jedem Album immer und immer wieder neue Fans gewinnen zu müssen?

Es kommt ja immer wieder vor, dass es Bands gibt die ein Album veröffentlichen, welches doch anders klingen mag als viele es erwartet hätten. Wir sind nicht die erste Band, die sich damit auseinandersetzen muss. Oft wissen die Leute nach dem ersten Hören ja gar nicht was sie mit so einem Album anfangen sollen, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass nach einer gewissen Einarbeitungszeit man schon ein gewisses Gefühl bekommt um zu verstehen was die Band mit so einem Album ausdrücken wollte. Gerade bei eigenartigen/merkwürdigen („weird“) Alben konnte man feststellen, dass gerade die alten Fans nach einer Zeit ziemlich begeistert davon waren, ich hoffe, es wird bei uns nicht anders sein. Was wir derzeit so mitbekommen haben sind es gerade unsere jungen Fans die mit „High Country“ überhaupt nichts anfangen können, vielleicht brauchen die aber noch Zeit, müssen ein wenig erwachsener werden, ihren musikalischen Horizont erweitern, vielleicht wird es ja schlussendlich eines ihrer Lieblingsalben von THE SWORD.

Ich hab ja auch ein wenig Zeit gebraucht, mein erster Eindruck war ja „damn where is all the doom gone?

Der Doom ist genau da draußen mein Freund, überall auf der Welt! Ich hatte aber auch die Schnauze voll pausenlos darauf hinzuweisen, dass wir als Spezies Mensch komplett fucked up sind, das ist mittlerweile eher konterproduktiv, auch weil es genügend andere Leute sowieso noch tun. Aber eigentlich müsstest du ja nur in die Nachrichten schauen um zu wissen wie schlecht es um die Menschheit bestellt ist. Ich persönlich habe in dieser Situation für mich beschlossen lieber Songs zu singen, die mich mit Freude und Hoffnung versehen und mich nicht dazu ermutigen mich umzubringen. Ich habe einfach einen Punkt erreicht wo ich derartige Sachen nicht mehr schreiben konnte, ich habe so viele abscheuliche Dinge auf unserer Welt gesehen und ich möchte einfach keine Songs mehr schreiben wo ich die Menschheit warnen muss, dass sie dem Untergang geweiht ist. Ein weiterer Doom Metal-Song wird in diesem Zusammenhang wohl keine einzige menschliche Seele umstimmen können. Wie erwähnt, ich möchte lieber Songs schreiben die mich und hoffentlich auch meine Zuhörer moralisch aufrichten können und wir für einen Moment vergessen, dass wir sowieso alle sterben werden.


THE SWORD live in Vienna/Arena 02.09.2015 (Pic by Stefan Kuback)

Wenn du so ans Songwriting geht’s, hast du da deine Fans im Hinterkopf oder ist Songwriting für dich ein durch und durch egoistischer Ablauf?

Natürlich muss man es vom egozentrischen Standpunkt aus betrachten, vor allem wenn wir von Kunst reden, alles andere wäre einfach nur ein Produkt und würde für mich unter Entertainment laufen und passt dann wohl eher nach Hollywood.  Wenn Du Kunst kreierst, dann musst du Kunst für dich persönlich kreieren! Du musst hier deine Entscheidungen treffen, wenn du auch nur im geringsten im Hinterkopf Gedanken hast, wird es dieser Typ dort mögen oder vielleicht jener da, dann ist das nicht mehr deine Musik.

Es ist ja an sich faszinierend, das man ein paar Folk-Einflüsse auf „High Country“ heraushören kann, woher kommt dein Interesse für diese Art von Musik? Wirst du womöglich mit zunehmendem Alter immer toleranter?

Tolerant? Wir sind alle in der Band unglaublich tolerant

Sagen wir Open Minded?

Wir sind auch irrsinnig Open Minded. Das ist aber genau das Ding, diese Horizonterweiterungen, das von dir angesprochene Open Minded-Gefühl, das kommt auch in den Folk-Einflüssen zu tragen. Da ist Blues drinnen, da sind zig andere Stile zu hören. Das kommt aber auch von unserem Ansatz eher spirituellere, denn negative Vibes mit „High Country“ anzusprechen.

Es finden sich ja auch gleich drei rein instrumentale Interludes auf dem neuen Album („Unicorn Farm“, „Agartha“, „Silver Petals“), jedes davon hört sich anders an, was übrigens für alle Songs auf „High Country“ gilt. Ich weiß, ihr Künstler sagt immer euer letztes Album sei das Beste, aber würdest du so weit gehen und behaupten „High Country“ wäre euer Masterpiece?

Ja, das würde ich! Sollte irgendjemand behaupten sein aktuelles Album wäre nicht das Beste, dann müsste man denjenigen beibringen er solle einmal die Fortführung seines musikalischen Projektes hinterfragen! Wenn du nicht mit jedem neuen Album überzeugt bist, einen weiteren Gipfel deines Schaffens erreicht zu haben, einen neuen Level deines Songwritings und deines Spielens erreicht zu haben, dann wäre es wohl an der Zeit mit dem ganzen Mist aufzuhören. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass „High Country“ das Beste ist, was wir bislang zusammengebracht haben.


Stormbringer-Redakteur & John D. Cronise (THE SWORD)

In manch einem älteren Interview meintest du, THE SWORD würden von einigen missinterpretiert werden – was meinst du damit, hat man da vielleicht euer lyrisches oder musikalisches Konzept nicht verstanden?

Ich weiß nicht, ich kann mich aber auch nicht mehr erinnern von welchem Interview diese Aussage von mir zitiert worden ist. Aber von Zeit zu Zeit wird meiner Meinung nach jeder Künstler irgendwann mal missverstanden, gerade in diesem Internetzeitalter pickt sich natürlich immer jeder nur jene Sachen heraus, die er entweder mag oder gar nicht mag und interpretiert sie dann einfach ohne das nötige Hintergrundwissen. Das passiert natürlich auch Bands, gerade wir haben ja mittlerweile ein wirklich breites musikalisches Spektrum und da wird es sicher auch Leute geben die nur unsere schnellen, andere die Super-Sludgy-Songs und wieder andere eher die rockigeren Songs mögen. Du siehst in Gedanken können sich genau jene Leute die Band kreieren die sie mögen, ohne auch nur im Entferntesten unser komplettes Spektrum zu erfassen. Ich habe sogar das Gefühl, dass dies manchmal von unseren Fans praktiziert wird, die sehen uns dann einfach in ihrem selbst erdachten Spektrum, die hören auch nur mehr genau jene Songs von uns die in diese Richtung abzielen. Wir selbst, als Künstler, sehen natürlich immer das große Ganze, wir können und wollen uns nicht auf einzelne Songs limitieren, das würden wir uns auch von unseren Fans wünschen, dass die das Gesamtpaket sehen würden und sich nicht einfach kleine Häppchen davon einverleiben.

„High Country“ wurde vom GRUPO FANTASMA-Gitarrist Adrian Quesada produziert, das zweite Mal nach „Warp Riders“, dass ihr mit Adrian zusammengearbeitet habt. Warum habt ihr euch entschlossen nicht wieder selbst zu produzieren?

Die letzten Alben haben wir ja irgendwie co-produziert, es war immer ein Engineer mit im Studio, dieses Mal wollten wir aber auf jeden Fall wieder jemanden im Studio haben, der ein wenig eine andere Sichtweise zu unseren Songs hat, der uns nicht in die Richtung unserer zwei vorangegangenen Alben drängt und der aber trotzdem den Sinn von Rockmusik versteht.

Diese ganze METALLICA-Geschichte – war es für euch nicht auch schon ein wenig frustrierend über eine doch längere Periode lediglich als die METALLICA-Support-Band angesehen zu werden?

Das war gar nicht so schlimm, ich bin der festen Überzeugung es wäre wirklich schlimm gewesen, wenn wir wie ein METALLICA-Clone geklungen hätten, aber musikalisch trennen diese beiden Bands doch Welten. Und auf die Nerven ist uns das zu keiner Zeit gegangen, wir müssen uns auch nicht dafür entschuldigen, dass wir METALLICA auf ihrer Welttournee begleiten durften.

Wie schaut der nächste Schritt in der Karriere von THE SWORD aus, gibt es noch musikalische Träume, die du gern verwirklichen würdest?

Träume? Ja natürlich! Wir haben alle noch keine eigenen Häuser und so, derzeit touren wir halt ein bisschen…

Ein bisschen, Mann das ist eine Monster-Tournee…

Ja, A Lot Of Touring, aber sonst bahnt sich da derzeit nichts Spektakuläres an, we’re just out there working…

Und ihr habt ein verdammt gutes Album in der Hinterhand

*lacht* Thank You Man!


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