Interview: Graveyard - Axel Sjöberg

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Truls und ich haben ein wenig herum gejamt und er hatte dieses Songfragment, welches er einfach ein wenig verschwommener haben wollte - so entsteht im Hause GRAVEYARD ein Song mit Blast-Beat-Anteilen!

Auch mit ihrem vierten Longplayer „Innocence & Decadence“ überzeugten die schwedischen Classic Rocker von GRAVEYARD auf allen Ebenen. Wir öffneten die Leitung von den Stormbringer-Towers direkt nach Göteborg/Schweden um mit Schlagwerker Axel Sjöberg ein paar Takte zu plaudern.

Text: Reini
Veröffentlicht am 18.09.2015

Axel, bevor wir uns über euer neues Album „Innocence & Decadence“ unterhalten, möchte ich dich mit ein paar Zitaten konfrontieren, die ich so im Netz aufgespürt habe. Für die einen seid ihr Everybody's Darlings, für andere die Re-Inventors Of The Whole Classic Rock Genre. Manche sagen wiederum, ihr seid eine Band, die musikalisch berührt und die diese einzigartige Magie ihr eigen nennt. Was sagst du zu derart schmeichelhaften Aussagen?

Ummmh, da weiß ich jetzt gar nicht was ich sagen soll. Ich fürchte wir müssen die Aussagen einfach so stehen lassen. Natürlich bin ich froh, dass es Leute gibt, die über GRAVEYARD derart euphorische Kommentare abgeben. Das sind große Worte keine Frage, das fühlt sich ebenso großartig wie demütig an.

Euer neuestes Werk „Innocence & Decadence“ ist ja komplett live eingespielt worden, ihr vier zusammen in einem Raum in den ehrwürdigen Atlantis Studios in Stockholm. Wie gut muss man vorbereitet sein, um eine derart ambitionierte Recording-Session zu stemmen?

Wir haben es ja bislang mit allen unseren Alben auf diese Weise probiert, aber noch nie in dieser intensiven Art und Weise. Das war aber unsere Absicht schon als wir mit den Planungen anfingen. Dieses Mal hatten wir glücklicherweise auch die nötige Zeit um alles vorzubereiten, um Songs auszuarbeiten, um an Demos zu arbeiten, aber auch um uns die notwendigen Pausen zu gönnen. Dieses Mal waren wir noch nie so gut vorbereitet auf ein neues Album, dazu kamen dann auch noch Janne (Hansson), dem das Studio gehört und Johan (Lindström) der das Album produziert hat, die es uns sehr, sehr komfortabel machten.

Magst du BILLY IDOL?

*lacht*- ähemmm „Sleeping My Day Away“ (Anm.: was aber nicht von BILLY IDOL, sondern von D.A.D. ist) oder „White Wedding“ zum Beispiel, ja ich mag BILLY IDOL.

Ich hab ja deswegen gefragt, weil „Can’t Walk Out“ in meinen Augen diesen leichten BILLY IDOL-Touch kombiniert mit einem latenten Space-Rock-Feeling aufweist.

Das ist lustig, die Leute hören hier die unterschiedlichsten Sachen in diesem Track. Die einen meinen, es klingt nach IGGY POP, einer meinte er höre NICK CAVE raus, Space Rock haben schon die meisten erkannt, keine Ahnung, möglicherweise hat ja jeder recht?

Wobei, wie alles was GRAVEYARD macht, passiert so etwas nicht aus Absicht, wir wollen niemandes Sound kopieren oder gar unterwandern. Es hat sich aber auch Joakim stimmlich ungemein verbessert, er bringt von den hohen Screams bis hin zu den eher tieferen Tönen alles zusammen und gerade die tieferen Sachen wollten wir ein wenig ausbauen, möglicherweise kommt daher dein BILLY IDOL-Vergleich.


GRAVEYARD - Pic © Mick Rock

Auf dem warmen, gar souligen „Too Much Is Not Enough“ mit seinen wirklich herzenserwärmenden Frauenstimmen möchte ich auch noch zu sprechen kommen. Wer hat die Female Vocals eingesungen und warum habt ihr euch entschlossen, eine Frauenstimme (oder waren es mehrere?) mit auf das Album zu nehmen?

Warum? Ganz einfach weil es der Song verlangte. Es waren zwei Sängerinnen hier aus Schweden, eine davon hat gerade bei uns ihre Karriere so richtig gestartet, Fuck I Forgot The Name, ihr Nachname war irgendwie mit „Dunbar“ (Anm. wenn ich das richtig verstanden habe).

Ein Produzent, den ich kenne, ich weiß jetzt nicht, ob er mit ihr zusammen auf einer Award-Geschichte gespielt hat, oder nur dabei war, Fakt ist, die beiden hatten genau jene Stimmen die wir für diesen Song gesucht haben. Wobei wir da nicht auf Frauenstimmen festgelegt waren, wir wollten einfach einen Farbtupfer dazutun und schlussendlich sind es die Beiden geworden.

Zu meiner riesengroßen Überraschung hab ich sogar einen Blast-Beat auf „Innocence & Decadence“ gefunden – „From A Hole In The Wall“ heißt der Track – das war sicher deine Idee einen derart speedigen Schlagzeugpart reinzupacken oder?

Das war auch so eine Sache, die einfach passiert ist. Truls und ich haben ein wenig herum gejamt und er hatte dieses Songfragment, welches er einfach ein wenig verschwommener haben wollte. Ich entschied mich daraufhin, zuerst nur über die Cymbals die Geschwindigkeit zu steigern, packte dann noch allerlei Noise mit rein und als wir es dann ausarbeiteten, klang das für uns einfach nur wunderbar.

Du hast Truls ja schon erwähnt, euer Original-Gitarrist und Sänger ist ja jetzt als Bassist zurückgekehrt, er singt sogar auf „From A Hole In The Wall“ Lead Vocals. War es, als Rikard die Band verlassen hatte, eure einzige Option und wird Truls in der Zukunft vielleicht gar öfter Lead Vocals beisteuern?

Wir hatten auch zwei andere Bassisten ausprobiert. Einer davon war ja unser Substitut, wenn Rikkard nicht mit uns auf Tour fahren konnte. Von daher wussten wir, was er kann und versuchten dann noch einen weiteren Freund von uns, der in einer Raw-Punk-Band hier in Göteborg spielt. Es ist aber nicht so einfach, gerade wenn man Freunde, mit denen man gerne abhängt, in eine Band holt oder holen möchte, das ist nicht immer das, was sich alle dann vorstellen oder vorgestellt haben. Wir entschieden dann, nachdem Rikkard raus war, dass Jonathan und Joakim auf den Demos der neuen Songs den Bass einspielen werden. Da Truls zu dieser Zeit aber sowieso keine Band am Start hatte entschieden wir uns um und fragten ihn ob er uns aushelfen könnte. Dann kann ein Ding nach dem anderen und schlussendlich fragten wir ihn ob er nicht wieder fix einsteigen möchte.

Was die Zukunft angeht, ich hoffe doch, dass Truls öfter mal Lead Vocals übernehmen wird, ich finde er hat eine sehr eigenwillige Stimme und er ist vor allem im Bereich der Vocal-Harmonies wirklich ganz, ganz stark. Das öffnet uns großartige Möglichkeiten, sollten bei uns in Zukunft tatsächlich drei Leute singen.


GRAVEYARD - Pic © Mick Rock

Joakim, jetzt Truls und auch Jonathan, der die bittersüße Ballade „'Far Too Close'“ eingesungen hat, da frag ich mich ernsthaft wann verdammt noch mal kommt den jetzt ein Song mit dir on Lead-Vox?

*lacht* Ich glaube das würde nicht so gut kommen. Aber ernsthaft ich hab sogar ein paar Geräusche auf „Innocence & Decadence“ beisteuern dürfen: In „Can’t Walk About“ durfte ich ganz kurz flüstern und in „Magnetic Shunk“ ist ein Schrei von mir oben und mehr wird die Welt von mir auf einem GRAVEYARD-Album wohl nie zu hören bekommen.

Aber ernsthaft, mit drei wirklich, wirklich starken potentiellen Lead-Sängern in der Band habt ihr tatsächlich ungeahnte Möglichkeiten auf zukünftigen Veröffentlichungen.

Ich hoffe das auch, ich hab auch das Gefühl, dass dies passieren wird. Derzeit bin ich sogar derart euphorisch, dass ich gar nicht auf Tour gehen wollte, sondern sofort wieder in den Proberaum um herauszufinden wie wir uns in diese Richtung hin entwickeln könnten. Wobei da gehen auch innerhalb der Band die Meinungen stark auseinander. Wir haben erst letzten darüber gesprochen und Joakim meinte wir sollten wirklich verdammt lange warten bevor wir uns wegen einem möglichen neuen Album Gedanken machen, ich bin derzeit komplett leer, ich kann gar nicht an neue Songs oder Ideen denken. Ich bin, wie erwähnt, da derzeit das komplette Gegenteil, aber ich muss auch nicht singen oder  Gitarre spielen, ich spiel ja nur Drums und schreib die Texte.


„Innocence & Decandence“ Artwork by Ulf Lunden

Lass uns über das Artwork sprechen – bei „Hisingen Blues” habt ihr ja aus dem Vollen geschöpft, „Lights Out“ war dahingehend das komplette Gegenteil, simpler ginge es wohl kaum mehr. Jetzt scheint es, es wäre wieder Zeit gewesen den unglaublich talentierten Ulf Lunden ins Spiel zu bringen (Anm.: Lunden war auch für das „Hisingen Blues”-Artwork verantwortlich).

Ja absolut, Ulf ist so etwas wie ein modernes Genie. Dieses Mal haben wir eigentlich nur Stimmungen und die Atmosphäre des Albums beschrieben und ansonsten gaben wir ihm komplett freie Hand in der Gestaltung. Wir wissen mittlerweile, dass wir ihm vertrauen können und wenn er eine Idee hat, sind wir überzeugt, dass es erstens eine verdammt starke Idee sein wird und zweitens, dass wir alle in der Band sie lieben werden. Darum bekommt er von uns auch nur sehr minimales Feedback auf seine Entwürfe, weil sie meist schon beim ersten Mal direkt ins Schwarze treffen. Dieses Mal wollte er zu anfangs eine Holzschnitzerei machen, er besuchte all diese alten Kirchen und ihre Altare um sich Ideen zu holen. Er begann sogar daran zu arbeiten, dieser Mix aus Holz und Goldblättchen-Überzug, irgendwann verwarf er aber alles und präsentierte uns dann das nun vorliegende Cover.

War dann sicher Ulf auch für das neue Bandlogo verantwortlich oder? Ich mein, das ist irgendwie komplett unleserlich, aber cool.

*lacht* Hast du eigentlich schon mal ein Black Metal-Logo gesehen?

Daran habe ich auch schon gedacht, irgendwie sieht es ja auch fast so aus…ich hab aber echt eine gewisse Zeit gebraucht um es entziffern zu können, ah wirklich, das bedeutet jetzt GRAVEYARD.

Aber ich glaube, dass die Leute sich schnell daran gewöhnen werden. Wir konnten uns ja bislang noch nicht auf ein Logo einigen, immer kam was Neues, aber bei dem jetzt sind wir alle uniso der Meinung, dies könnte unser zukünftiges und auch längerfristiges Logo werden.

Axel, Danke für Deine Zeit und Danke für „Innocence & Decandence“!

Gern geschehen...


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