Interview: U.D.O. - Udo Dirkschneider, Fitty Wienhold

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Wenn du heute den Fernseher anmachst - das ist ja eher ein Horrormovie als alles andere, wenn du dir nur die News anguckst.

Kurz vor ihrer Show im Backstage München luden Udo Dirkschneider und Fitty Wienhold in ihren Tourbus, um mit Stormbringer ein kleines Pläuschchen über das neue Album, Verwandtschaftsverhältnisse und das Luxusproblem der Songauswahl abzuhalten. Das Ergebnis gibt es natürlich wie immer hier nachzulesen.

Veröffentlicht am 18.03.2015

Udo, Fitty, vielen Dank, dass ihr euch die Zeit nehmt mit mir zu plaudern! Ihr steht ja gerade am Anfang eurer Tour - das Auftaktkonzert war gestern - zu eurem kürzlich erschienenen Album "Decadent" - wie ist der Auftakt verlaufen?

Udo: Ja ich glaube alle waren ziemlich nervös weil wir haben ziemlich viel umgestellt, wir haben auch einen Akustikteil eingebaut. Und so gesehen zwei neue Leute dabei, am Schlagzeug mein Sohn Sven Dirkschneider und am Keyboard Harrison Young. Und dann haben wir ja auch einige Sachen umgestellt - sagen wir mal so, wir waren gestern dann froh als die Sache rum war. (lacht) Ja, das ist immer so der erste Abend, ob da alles funktioniert mit Licht, mit Sound, ich meine man probt zwar recht viel, aber live ist dann ja doch wieder eine andere Geschichte. Also da spreche ich wohl für die komplette Band kann man sagen. Aber es war im Prinzip am Ende alles gut kann man sagen, und heute haben wir noch - also ist es ja so dass wir dann schon merken wenn wir irgendwo was, so Kleinigkeiten ändern müssen - und das haben wir dann heute beim Soundcheck gemacht. Es ist nicht alles immer so wunderbar und man unterhält sich dann eben und dann muss eben hie und da noch was geändert werden.

Mit eurem neuen Album "Decadent" seid ihr ja zumindest mit dem Titeltrack in eine offensichtlich sozialkritische Ecke gegangen. Wie waren die Reaktionen auf das Album bisher?

Fitty: Also, die letzte Frage zuerst beantwortet: die Reaktionen sind hervorragend. Wir haben ja damals unsere Latte schon ziemlich hoch gehangen, wie man so schön sagt, und haben es wirklich geschafft, wenn man nach den Reaktionen geht und die Kritiken so liest, auch die Reaktionen der Fans die ja zählen, die ja das Album kaufen, muss man jetzt schon sagen, haben wir die Messlatte für das nächste Album wieder verdammt hoch gelegt. Die Reaktionen waren wirklich super und die hören auch noch gar nicht auf. Und ja, sozialkritische Texte... Ich würde das noch nicht einmal sozialkritisch nennen, weil das klingt immer so in eine Ecke reingetan. Es ist einfach so, Udo ist ja ein Mensch, der kommt immer mit Ideen an, man hat ja einen Fernseher, man sieht ja was so draußen passiert. Und wir kommen viel rum in der Welt und sehen da viel Elend, um es so zu bezeichnen. Und da kam irgendwann der Punkt als wir "Decadent" so als erstes hatten, waren die anderen Texte noch gar nicht so weit fertig und wir haben noch gedacht, passt, "Decadent", das machen wir so und so... Und das ergab sich dann von alleine, dass da so ein kritischer Leitfaden entstanden ist, obwohl das Wort ja wirklich gruslig ist. Aber das ergab sich einfach so von den Stücken her und dann machen wir so und das kommt hier und das machen wir so - da sprudeln die Ideen nur so raus. Von den Texten her ist es auch sehr, sehr zeitgemäß.

Udo: Ja, kann man so sagen. Wenn man so Sachen nimmt wie "House Of Fake", da gehts eigentlich darum, dass Politiker viel erzählen und nichts halten (lacht), deshalb heißt das auch "House Of FAKE". (lacht) Also das war jetzt nicht auf Deutschland gemünzt, sondern das sage ich eher weltweit. Ich sag mal "Rebels Of The Night", die Idee vom Text her gesehen, vom Inhalt gesehen, die war schon ziemlich lange da. Da waren wir gerade in der Ukraine unterwegs als das losging in Kiew, mit Russland und der Krim, etc... da gehts eigentlich darum. Und "Pain" ist im Prinzip, kann man sagen, ja... da kann man eigentlich das Video wieder nehmen von "Decadent", weil wenn du heute den Fernseher anmachst, das ist ja eher ein Horrormovie als alles andere, wenn du dir nur die News anguckst. Und "Mystery" da gehts im Prinzip um Gut und Böse, da versucht jemand gut zu sein aber kriegt das einfach nicht wirklich hin. Und dann sind da noch zwei Texte, zwei Sachen drauf mit "Secrets In Paradise" und der Bonustrack "Shadows Eye" - das sind private Geschichten, die ich da verarbeitet habe. Und dann... ja, "Untouchable"... da kann man eigentlich sagen, da können wir uns selber nehmen, wir können uns nicht verdrehen, wir machen das eben so, wie wir das machen. Und das kann man aber auch andersrum, auf andere Leute münzen; Jeder sollte gucken wie er sein eigenes Ding durchzieht, und nicht auf andere Leute hört. Also im Prinzip ist das schon so... hat das Album schon so seine kleinen Facetten.

Weil du vorhin ja das Video zu "Decadent" angesprochen hast, das ist ja doch ziemlich heftig geraten, aber hinterlässt gerade dadurch auch wirklich nachhaltigen Eindruck. Habt ihr bewusst auf diese harte und eindeutige Bildsprache gesetzt?

Udo: Ich sage mal, wir wollten schon das wir damit erreichen, dass die Leute geschockt werden. Also als ich den fertigen Clip gesehen habe, da musste ich auch erstmal zweimal durchatmen. Das war schon sehr heftig, aber ich glaube gerade das ist gut so. Ich meine eigentlich, was es da zu sehen gibt in dem Video, das siehst du eigentlich auch tagtäglich so ungefähr im Fernsehen und da sind ja auch sehr viele Sachen aus den Nachrichten drin. Im Prinzip ist das ja auch nicht arg weit hergeholt, es sind eigentlich alle Geschichten drin, die zur Dekadenz gehören heutzutage.. Und ja, es ist eigentlich traurig, dass viele solche Sachen passieren. Im Prinzip dekadent... ich meine wir hätten auch ein Video drehen können über hungernde Kinder in Afrika, wo eigentlich die ganze Idee herkam. Die Verteilung glaube ich auf der Welt, die könnte anders aussehen, zwischen reich und arm. Da können wir ganz lange drüber sprechen, aber das ist eine... darum geht's eigentlich auch bei der ganzen Geschichte.

In dem Video spielt ja auch euer Tourmanager Mark mit, wie kam es dazu?

(Gelächter beiderseits)

Udo: Ja wir brauchten halt einen Menschen der, sagen wir mal... etwas vorsichtig gesagt, anders aussieht und sagen wir mal da auch ganz gut reinpasst in die Geschichte. Und da war der Mark eigentlich am nächsten, und die haben zwar dann sowieso Komparsen gesucht, aber Mark war da schon der Richtige, auf jeden Fall. (lacht)

Ja, ich muss sagen, sein Part wirkt irgendwie auch ziemlich Gruslig mit dem Kind...

Udo: Oooh ja...

War das auch so gedacht?

Udo: Ja sicher. Klar, das ist ja auch eine Sache, die ja nun nicht gerade, sag ich mal neu ist, solche Sachen gibts ja auch zuhauf. Und ich sag ja, da sind ja eigentlich so alle Sachen drin, die man sich nur denken kann und dann alles natürlich noch in einer rasenden Geschwindigkeit. Das große Fressen so ungefähr und da ist ja eigentlich alles so dekadent, und so... Also zum Beispiel es ist ja schon dekadent, wenn man ein Joghurt wegwirft das gerade mal einen Tag über'm Verfallsdatum ist. Das ist ja auch schon dekadent, so ungefähr.



Das Coverartwort zu eurer Scheibe ist ja auch ziemlich, sagen wir mal schräg. Hattet ihr verschiedene Vorschläge zur Auswahl, oder wolltet ihr gezielt etwas in diese Richtung?

Udo: Also ich sage mal ganz ehrlich, wir wussten zuerst so ganz und gar nicht was wir machen wollten mit dem Cover. Am Anfang wollten wir eigentlich nur ein schwarzes Cover nehmen mit U.D.O. und Diamanten und Silber oder Gold... Und dann haben wir unserem Menschen da, mit dem arbeiten wir schon ziemlich lange zusammen, da haben wir gesagt: "Mach doch einfach mal ein paar Vorschläge." Und dann kam dieses Cover, also die Idee, die erste Grundidee, dann haben wir gesagt, ja, arbeite das mal weiter aus. Es ist sehr schräg, aber ich glaube wenn man den Text umsetzt von "Decadent", dann passt das hervorragend. Und dann hab ich gemerkt, alle Leute sagten so: "Buäääh, das ist ja gar kein Metal-Cover!" - und da muss ich dann schon sagen, okay, dann sollen sich die Leute vielleicht einfach den Text anhören, das taucht dann alles auf im Cover! Ich habe auch festgestellt bei vielen die dann geschrieben haben "Buuuh, irgendwie gar kein Metalcover", die haben sich dann aber auch dazu geäußert, auch zum Album, und man konnte dann feststellen mit den Texten haben sie sich ganz wenig beschäftigt. Okay, muss man ja auch nicht unbedingt, aber dann sollte man auch nicht... Ach, also anders gesagt, kurz gesagt: Ist alles Geschmackssache! Nur wir haben eben versucht irgendwie die Sache dann auch zusammenbringen, also Text und Cover. Aber was wir beim Nächsten machen, das wissen wir eh noch nicht (lacht)

Wir lassen uns mal überraschen!

Udo: Ja, das weiß man vorher noch nie, das ergibt sich dann immer beim neuen Album.

Letztes Monat habt ihr Sven Dirkschneider, deinen Sohn, als neuen Schlagzeuger bestätigt. Er hat ja auch schon länger bei euch in technischen Belangen mitgeholfen und auch schon einmal bei euch am Schlagzeug ausgeholfen wenn ich mich richtig erinnere. Damit spielen Vater und Sohn in der gleichen Band, was es ja nicht so oft gibt. Wie kam es dazu dass der Sohn jetzt für den Vater trommelt?

Udo: Ja wie kam es dazu... Also Sven ist ein guter Drummer, das wusste ich ja schon länger, aber da muss man ja immer vorsichtig mit seinen Äußerungen sein. Dann hat er in Wacken auf dem 25-jährigen Jubiläum und zu meinem 60. Geburtstag vier U.D.O.-Sachen getrommelt und da konnte man schon sehen, dass das ganz gut funktioniert. Das war 2012, das ist ja auch schon wieder ein paar Jahre her. Und, ja... wir haben dann, nachdem Francesco (Jovino) aus privaten Gründen die Band verlassen hat, erstmal bekannt gegeben, wir suchen einen neuen Drummer. Da kamen dann so knapp 300 Bewerbungen angeflogen, (lacht) wovon man dann, ich will da jetzt gar nicht näher drauf eingehen, aber wo man dann ganz schnell reduzieren kann, und da blieben dann nicht mehr so viele über. Da waren dann zum Schluss auch ein paar bekanntere Namen mit darunter - aber dann kam die Sache mit meinem Sohn, mit SAXON. Und ab da war dann so der Punkt wo ich gesagt habe: "Moment mal!" Also wenn die den als Ersatz nehmen für Nigel (Glockler) dann war das schon, ja... so ein Zeichen, kann man das so sagen? Warum sollten wir uns dann da große Kopfschmerzen machen? Und wir haben dann mit ihm angefangen zu proben, und das funktionierte hervorragend! Und... ja, das ist natürlich toll, Vater und Sohn, aber auf jeden Fall ist auch ganz klar gestellt, er kriegt da keine Extrawürste oder so deswegen. Also es ist nicht so, dass er da so einen... wie soll man sagen, Sohn-Status hat oder so, auf keinen Fall.

Du glaubst also auch nicht, dass sich diese Vater-Sohn-Konstellation längerfristig auf das Bandgefüge auswirkt?

Udo: Nein, überhaupt nicht. Also ich glaube er wird da auch seinen Weg bei uns machen und er hat ja auch noch eine eigene Band und in der wird er auch noch weitermachen, soweit das halt mit U.D.O. von der Zeit her geht. Aber ich glaube das funktioniert alles hervorragend.

Fitty: Ja, und man muss auch sagen, Sven ist schon von klein auf dabei. Also er ist ja quasi so mit Rock'n'Roll aufgewachsen wie wir das früher auch sind, durch seinen Vater. Der war ja, je älter er wurde, auch immer öfters mit dabei und wollte immer mit und als Roadie dabei sein und der hat das wirklich, wenn man so will, von der Pike auf gelernt. Und das ist ein Vorteil, den manch anderer Trommler, der vielleicht viel mehr Erfahrung hat, aber das hat er eben nicht. Und dadurch ist das ja... also wir sind ja ein Riesenteam, wir sind ja nicht nur Musiker, wir sind ja auch Techniker und Manager und so weiter alles - und die kennen den Sven ja auch alle. Es klingt zwar immer albern wenn man sagt, wir sind eine große Familie und so, das klingt immer so wie die Kinder von Bullerbü. Das ist aber eben so. Und da ist der Sven schon seit langem dabei, jetzt sitzt er halt hinterm Schlagzeug. Ja, also... es fühlt sich so an als ob es schon immer so gewesen wär. Ganz komisch... Moment. (Fittys Handy klingelt, und er sprintet kurz nach draußen um zu telefonieren)

Udo: Machen wir derweil weiter.

Ok! Line-Up-technisch hat sich bei euch in den letzten Jahren ja einiges getan. Durch die Umbesetzungen habe ich auch das Gefühl, ihr seid live härter geworden - zumindest war ich, als ich euch vor zwei Jahren in Helsinki gesehen habe, wirklich überrascht. Gebt ihr jetzt live tatsächlich mehr Gas?

Udo: Jaa, das ist... wie soll man das sagen. Auf der einen Seite sind wir natürlich, dadurch dass wir wechseln mussten mehr oder minder, waren wir natürlich am Anfang auch nicht so sicher. Aber ich glaube es hat der ganzen Sache anstatt Negativem eher Positives gebracht, die beiden Jungen, die beiden Gitarristen die haben da so viel Sachen reingebracht, so richtig frisches Blut. Und ich sag mal so, auf der einen Seite sind wir härter geworden, aber melodiöser - jetzt speziell auch beim neuen Album. Das war auch das erste mal für mich, seit ACCEPT, wieder mit der gesamten Band zu komponieren und nicht nur mit zwei Leuten. Weil da war auch immer die Batterie so leer und da zeichnet sich so ein gewisser Anschluss ab und hier kommen auch einfach viel mehr Einflüsse. Und ich sage mal die beiden... also normalerweise hat man ja einen Rhythmusgitarristen und einen Sologitarristen - aber das ist bei den beiden überhaupt nicht so, denn das sind beide Sologitarristen. Beide sind unterschiedlich und passen dadurch hervorragend zusammen - das ist natürlich ein Glücksfall!

Ja, das ist schon auf jeden Fall eine Bereicherung und das pusht einen selber natürlich auch. Ich meine, wir sind ja auch nicht mehr gerade die Jüngsten... (räuspert sich) und, äh... (lacht) Nein, aber ich sage mal so, die pushen das ganze Ding irgendwo auch, und speziell live ist das für uns natürlich jetzt auch eine tolle Sache. Wir können Sachen spielen, die wir vorher nicht spielen konnten - das ist jetzt nicht böse gemeint - aber das sind jetzt einfach mehr Sachen die da machbar sind. Deswegen haben wir jetzt auch einen Keyboarder dabei, wo die Leute dann immer sagen: "Ooh, Keyboarder braucht kein Mensch..." Aber wenn sie mal genau auf die Alben hören würden, da ist untendrunter immer ein Keyboard. Wenn man das mal wegnehmen würde, nur mal so nebenbei... aber dadurch ergibt sich auch noch viel mehr Freiraum für die Gitarristen, weil normalerweise ist es ja so, wenn zum Beispiel ein Harmony-Solo gespielt wird, dann fällt ja die Rhythmusgitarre weg, aber da ergänzt dann das Keyboard. Also das macht schon alles Sinn warum wir das machen, das ist jetzt nicht weil wir Spaß an der Freude haben und wir sagen 'ach, da nehmen wir noch einen mit'. (lacht) Nein, das hat schon Sinn. Und ich glaube... gerade jetzt mit den neuen Setlists, da haben wir doch einige Sachen, das haben wir gestern schon gemerkt, das überrascht einige Leute. Also wir haben da jetzt auch ein Akustik-Set drin und das ist auch das erste Mal, dass wir sowas machen. Da waren wir gestern natürlich auch etwas nervös, so nach dem Motto: "Uhuh, mal gucken wie die Leute reagieren"... aber es hat geklappt, alles wunderbar! Also... haben wir wohl alles richtig gemacht.

Wo wir schon beim Keyboard sind - einen neuen Tour-Keyboarder habt ihr ja auch, hab ich gerade vor ein paar Tagen gelesen...

Udo: Ja, das habe ich so gesehen auch gerade erklärt, für uns sind einige Sachen noch mehr machbar, rein musikalisch und dadurch war's schon von uns genau überlegt, ihn mitzunehmen. Ich meine, er ist auch kein Unerfahrener, der ist Produzent, der ist Songschreiber, der macht Jazz nebenbei...

Der zuckt aber nicht so wie der letzte, oder?

(schallendes Gelächter von Udo und Fitty)

Udo: Neinnein! Der spielt aber auch Gitarre, Posaune, ist aber eigentlich Metaller so, aber er hat Musik studiert. Und nebenbei ist er auch noch ein hervorragender Sänger, was uns auch entgegenkommt, dadurch können wir wunderbare Harmoniegesänge machen, die wir vorher nicht machen konnten in der Form. Und ich meine, er ist natürlich auch kein Unbekannter, er hat lange bei DORO gespielt. Und die war ja nicht so ganz glücklich, dass er jetzt bei uns ist, aber so Sachen passieren halt mal. Aber da musste er auch selber entscheiden, und er hat sich eben für uns entschieden. Aber naja, DORO kriegt dafür eben einen Strauß Blumen. (lacht)

Jetzt mit den neuen Bandmitgliedern, ist eigentlich der Großteil der Band gerade einmal halb so alt wie ihr - fühlt sich das nicht auch manchmal ein Bißchen komisch an?

Udo: Nein, eigentlich überhaupt nicht. Ich kann jetzt nicht feststellen dass wir da irgend eine Art von Generationsproblem haben würden. Nein, das ist ganz komisch, das ist so... nein, vielleicht ein bisschen anders gesagt, wenn man in dem Business arbeitet, dann sind Zahlen so.. ja, puh, die schwirren da halt so rum. Aber man hat auch viel mit jungen Leuten zu tun und ich kann jetzt nicht sagen, huch, ich hätte jetzt ein Problem mich mit denen zu unterhalten, oder ich verstehe die Sprache nicht mehr die die sprechen. Nein, das ist, muss ich sagen, sehr sehr locker. Ich kann da jetzt nichts feststellen...

Fitty: Das ist ja aber auch wieder so ein glücklicher Zufall bei uns, die Kombination. Du hast - nehmen wir das Wort ruhig mal - zwei "Alte" dabei, die das Business aus den 80ern oder sogar noch früher kennen, und die die Dinge völlig anders auffassen und sehen - wie wir's gelernt haben als Rock'n'Roller. Die jungen Leute, die interpretieren das ja völlig anders als wir, das muss ich sagen, kann ich gar nicht nachvollziehen, weil da bin ich halt dann doch so ein alter Mann. Aber diese Kombination aus Alt und Jung, ich sage mal aus Erfahrung und Moderne, die ist ein Hammer. Weil wir halt auch Leute dabeihaben, die hören uns auch zu. Also unsere jungen Leute, die hören uns Alten zu, wenn wir was zu sagen haben, weil wir haben halt eine Erfahrung. Oder wie man auch so sagt beim Komponieren, das ist schon der Hammer - weil man liest ja immer, da wo U.D.O. draufsteht, da ist auch U.D.O. drin. Das ist ein toller Spruch, dabei ist an dem gar nichts, weil der klingt ja so abgedroschen. Da steckt aber so verdammt viel Technik dahinter, und mit den jungen Leuten die wie gesagt Musik vollkommen anders interpretieren als wir, die bringen diesen Touch da mit rein, den wir gar nicht haben. Und diese Kombination ist einfach ein Kracher, ein richtiger Hammer muss ich sagen. Das war ein glücklicher Griff, das kann man nicht anders sagen.

Udo: Ich sage mal so, ich glaube wir beide passen immer auf dass die Basis gleich bleibt und wir nicht plötzlich was weiß ich wie klingen. Okay, ich sage es mal noch anders: Der Tortenboden ist immer gleich, nur die Garnierung ist anders drauf. Ja, ich kann das am besten so beschreiben.

Das bringt mich auch gleich zur nächsten Frage... Hat dieses "junge Blut" auch dazu geführt, dass ihr - speziell auf der letzten Tour ist mir das aufgefallen - dass ihr die ganzen ACCEPT-Klassiker rausgeschmissen habt bis auf ein paar und wirklich nur eigenes Material gespielt habt, zum Beispiel auch die härteren Sachen vom "Timebomb"-Album?

Udo: Ja, das ist so ein Thema, da will ich jetzt nicht irgendjemanden anschwärzen... Aber ich war ja mit noch einem Mitglied von ACCEPT zusammen, Stefan Kaufmann und der war immer sehr dafür, dass wir sehr viele ACCEPT-Nummern spielen. Da war ich nicht immer so ganz konform mit ihm. Und als er dann weg war, haben wir eigentlich das Programm komplett umgestellt, weil wir gedacht haben das kann ja nicht sein, weil viele Leute dann auch gefragt haben, ja ist ja schön, aber U.D.O. haben mittlerweile genug eigene Sachen. Und dann haben wir bei "Steelhammer" das erste Mal die Setlist umgekrempelt und siehe da - es hat hervorragend funktioniert! Wir spielen ja auch jetzt nach wie vor noch ACCEPT-Songs, aber nur noch in der Zugabe und wirklich nur noch die absoluten Klassiker. Da kommt dann schon ab und zu jemand an und meint so: "Ja, aber dann könnt ihr ja auch noch die Nummer und die Nummer"... Und ich sage dann mittlerweile einfach, die Band gibt es ja, und wenn ihr die hören wollt dann geht dann da auch hin, weil die spielen das alles. U.D.O. ist mittlerweile glaube ich sowieso älter, beziehungsweise länger zusammen, hat länger existiert als Band als ACCEPT. Ich habe mehr Alben als mit ACCEPT mittlerweile mit U.D.O., warum soll ich also ACCEPT-Sachen spielen? Okay, es ist nun einmal so, wir machen ja nicht Musik für uns selber, die Leute kommen zum Konzert und wollen auch gewisse Sachen hören. Also sagen wir so, du unterhältst die Leute da ja, wir spielen ja nicht nur für uns selber da oben auf der Bühne - also um das jetzt nicht verkehrt zu verstehen. Aber es ist schon so, dass die Leute natürlich schon, ich sag mal so ein paar alte Klassiker hören wollen. Und dann gibt es halt drei, vier, fünf... wir haben uns dieses mal, wie viele haben wir rausgesucht? Drei. Und das wars.

Fitty: Da muss man aber fairerweise auch sagen, und da steh ich dazu: Udo IST ACCEPT. Und die Fans dieser Musik wollen halt diese Hits von Udo hören und wir haben das ja auch lange genug gemacht als ACCEPT gar nicht mehr existiert haben. Da haben wir immer noch die Fahne hochgehalten und sehr viele ACCEPT-Sachen gespielt - war ja auch okay. Dann kamen die aber wieder und dann haben wir gesagt: "Nö! Die gibt's ja wieder, warum sollten wir das tun?" Ich meine Udo wird mit "Balls..." sterben, Ende aus, das bleibt dabei. Ist ja auch okay! Was dann aber einfach scheiße ist, muss ich einfach mal so sagen, wenn wir dann mal so ein paar Sachen ausgraben, so komm, machen wir mal weil wir da auch Bock drauf haben - dann wird auf einmal verglichen! Ja meine Herren, was wollt ihr denn? Wollt ihr jetzt den Udo singen hören, oder wollt ihr vergleichen? Dann lassen wir das doch lieber sein, weil da bin ich dann mal ganz ehrlich, das haben wir nicht nötig. Wir picken uns dann halt mal ein paar Sahnehäubchen raus, weil wir's für die Fans tun. Aber dann war es das auch.

Finde ich auch vernünftig. Wie wählt ihr dann eurer Tour-Set aus? Gibt es da eine gemeinschaftliche Abstimmung, oder irgendein spezielles Auswahlverfahren?

Fitty: Nein nein, da haben wir gar nichts. Udo hat da immer schon ein Händchen dafür gehabt. Obwohl wir dann manchmal auch schon so Fragezeichen hatten á la 'Hat sie der noch alle? Das können wir ja nicht machen! Um Gottes Willen!". Funktioniert aber! Und das lassen wir ihn auch alleine machen. Ich möchte das auch gar nicht und ich glaube auch kein anderer möchte das, weil die Qual der Wahl ist wirklich, also... (lacht) nein! Ende, Aus, Udo hat dafür ein Händchen, und der macht das!

Udo: Naja, es ist schon so, ich schreibe dann, wenn es erst mal um die Frage geht, fürs Rehearsal, eine Liste, da bereiten sich alle vor und ich habe dann bei der ersten Probe nochmal was herumgeschickt, das waren dann mehr als 30 Songs. (Fitty lacht schallend) Jaa, weißt du, und dann... damit ich da nicht so ganz diktatorisch vorgehe, habe ich dann noch geschrieben sie sollen einfach mal Meinungen äußern. Dann hat eigentlich jeder daraus erst mal so eine Setlist entwickelt, dann hab ich mir das so angeguckt und gemeint hmm, ja... Und dann habe ich im Endeffekt da draus dann die Setliste gemacht und wir haben sie dann teilweise beim Proben auch nochmal verändert, wenn wir gemerkt haben: "Oookay, das muss jetzt so nicht unbedingt sein." Nein, im Endeffekt waren dann schon alle involviert. Aber ja, ich glaube das ist schon verdammt schwierig mit so vielen Alben... da ist das Schlimmste was überhaupt passiert, dass man eine neue Setlist machen muss. Weil irgendwann muss man ja mal sagen, jetzt nehmen wir von dem Album mal keine Nummer, aber nehmen dafür mal was davon, wo wir schon lange nichts mehr gemacht haben. Das wird auch dieses Mal so sein, ein paar Alben sind ausgegrenzt, aber ja, das machen wir dann vielleicht beim nächsten Mal. Da können wir ja beim nächsten Mal nochmal variieren. Aber das ist schon eine verdammt schwierige Geschichte.

Zum Schluss noch etwas ganz anderes - gibt es irgendeinen von euren Songsm den ihr beide einfach nicht mehr hören könnt?

Udo: Also ich habe da eigentlich keinen. Wenn mich da jemand jetzt fragen würde, zum Beispiel geht dir das nicht irgendwann auf den Zeiger jetzt noch immer was weiß ich "Balls..." zu spielen, um mal zur alten Band zurückzukommen. Nein, ich glaube das ist einfach so, man hat Songs auf Alben wo man so sagt, naja, die müssen jetzt nicht unbedingt so sein. Aber da jetzt wirklich einen rauszupicken ist schwierig. Ich glaube man lernt, wenn man merkt okay, das war jetzt vielleicht nicht so toll, da lernt man dann eher draus. Also so seh ich das...

Fitty: Ja, da geb ich ihm mal Recht. Und Punkt zwei ist, dass bei so vielen Alben, da hat man auch einmal Stücke dabei, die kann man auch einfach nicht live spielen. Weil sie halt vielleicht nicht funktionieren. Also ist vielleicht ein gutes Albumstück ein guter Titel oder was auch immer, aber ich kann es nicht live spielen. Und dann, Punkt Nummer drei von meiner Seite aus: Wenn ich jetzt sagen müsste, von den Liedern die wir da alle haben und von den Alben... das kann ich nicht mehr hören, das will ich nicht mehr hören - dann sollte ich mal drüber nachdenken ob ich nicht besser aufhöre.

Das wollten wir nicht hoffen! Dann sage ich vielen Dank für eure Zeit, und wünsche euch noch viel Erfolg auf eurer Tour!

Udo: Ja, vielen Dank!

Fitty: Danke!


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