Interview: Rage - Peter 'Peavy' Wagner

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Ich bin auch nicht mehr der Jüngste, bin zuletzt 50 geworden und da denkt man eben auch nach, wie es weiter gehen soll in Zukunft.

RAGE haben Tradition, die Band besteht bereits seit mehr als 30 Jahren und wurde von Peter Wagner in den 80ern ins Leben gerufen. Das Line-Up machte so einige Veränderungen mit, hielt sich nun aber doch über einige Jahre hinweg sehr konstant mit Saitenhexer Victor Smolski und Drummer André Hilgers. Doch vor kurzem sollte sich genau das ändern. Peavy hat sich von den beiden getrennt und möchte RAGE nochmal neues oder auch altes Leben einhauchen...

Text: Sonata
Veröffentlicht am 18.02.2015

Moin Peavy! Ja, da ist die Bombe vergangene Woche quasi geplatzt. RAGE wird es in der Besetzung mit Victor und André nicht mehr geben. Was waren die Beweggründe dafür, einen Schlussstrich zu ziehen und seid ihr im Guten auseinandergegangen? Wie sind die beiden denn mit der Situation allgemein umgegangen?

Im Prinzip war das leider schon absehbar, denn auch wenn man’s nicht glaubt, haben wir uns zwischenmenschlich nie wirklich verstanden. Will heißen wir waren nie gute Freunde oder so. Es lief immer auf eine professionelle Zusammenarbeit im Sinne der Musik hinaus, aber eben auch nicht mehr. Genau das ist durch den zwischenmenschlichen aber eben auch musikalischen Aspekt in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden. So kam es vor kurzem zu der Situation, dass Victor dieses Jahr gern weitere Shows mit dem LINGUA MORTIS ORCHESTRA spielen wollte, ich aber auch mal 'ne Pause brauchte nach dem ganzen Rumgetoure mit RAGE. Da fragte er mich, ob er die dann ohne mich spielen kann, wodurch die Entscheidung, die ich insgeheim schon getroffen hatte zu diesem Zeitpunkt dann auch ihm mitteilte. Er war auch nicht wirklich überrascht, denn auch für ihn war absehbar, dass das nicht mehr lange gut geht. Ich hätte es nur gern etwas später verkündet, weil André zu der Zeit ohne Handy im Urlaub war und das dann leider aus dem Internet erfahren hat, was natürlich suboptimal ist, aber leider nicht zu ändern war. RAGE war einfach schon immer mein Baby, aber eben auch mein Lebensunterhalt. Ich hätte das nicht ohne Weiteres irgendwem in die Hände geben können, weswegen auch das von mir ins Leben gerufene LMO nicht einfach so ohne mich Bestand haben sollte. Victor hat darauf verständnisvoll reagiert und wir haben vorhin auch nochmal telefoniert. Wir werden das Beste tun, um das auf professionelle Weise zu klären und das klappt soweit auch sehr gut.

Was im Musikgeschäft ja auch wichtig ist. Keiner kann da Bad Blood gebrauchen, wo im nachhinein jeder gegen jeden nachtritt. Es ist dann ja ein konsequenter Schritt, den du da vollführst.

Eben. Wenn’s nicht mehr geht, geht’s eben nicht mehr. Ich bin auch nicht mehr der Jüngste, bin zuletzt 50 geworden und da denkt man eben auch nach, wie es weiter gehen soll in Zukunft. Ich wollte auf meine alten Tage auch wieder Spaß an dem haben, was ich tue. Das war jetzt seit einigen Jahren nicht mehr der Fall, es war nur noch ein Job, der erledigt wurde. Deswegen habe ich mich da nun mit zwei Leuten zusammengetan, mit denen ich mich auch blendend verstehe. Dieses Line-Up wird allerdings erst im Dezember verkündet, weil RAGE bis dahin auch erstmal eine Art Pause einlegen. Wir haben zwar schon Musik zusammnengeschustert, aber so richtig in die Vollen geht’s dann erst gegen Ende 2015/Anfang 2016. Ich bin sicher, dass die Musik unseren Fans gefallen wird, denn sie steht total im Spirit von RAGE, klingt wenn ich das mal so grob umschreiben darf wie eine moderne Version der „Black In Mind“-Platte. Sowohl Gitarrist als auch Drummer sind beides Topmusiker, die einen mehr als nur adäquaten Ersatz verkörpern werden. Natürlich war Victor immer sehr technisch versiert, aber das tat manchen Songs manchmal gar nicht so gut. Da waren manchmal Parts, die im Prinzip nur ihn und sein technisch anspruchsvolles Gitarrenspiel in den Fokus rücken sollten, dem Song aber überhaupt nicht zu Gesicht standen. Ich möchte gar nichts Schlechtes über Victor sagen, denn das er ein außergewöhnlicher Gitarrist ist, steht außer Frage. Er wird ja in Zukunft auch genug anderes Zeug machen.

Dann hat sich meine Frage nach dem Line-Up ja erstmal erledigt, Mist! „Black In Mind“ hast du gerade als Marschroute ausgegeben für RAGE und die Zukunft. Mich als langjährigen Fan der Band freut das ungemein, denn es war immer dieser rohe fast schon thrashige und dennoch extrem hymnische Sound, den ich bei euch abgefeiert habe.

Das freut mich und das neue Zeug geht derbe ab, so viel kann ich versprechen. Es wird definitiv das sein, wofür RAGE auch immer stand, denn das ist uns in den vergangenen Jahren leider etwas abhanden gekommen…

Das wäre hier dann mein nächster Einwurf, denn auch mir ist nicht entgangen, dass sich RAGE da teilweise von dem entfernt haben, wofür ich die Band geliebt habe. Victor und du, ihr habt euch die Songs ja quasi auch immer aufgeteilt und mir ist da sehr stark aufgefallen, dass du immer noch versucht hast, RAGE so zu verkörpern, wie Fans sie von Anfang an geliebt haben, wohingegen Victor eine deutlich melodiösere Komponente angestrebt hat.

Ja, das ist auch völlig richtig. Wir haben uns das immer 50/50 aufgeteilt bei den Alben und Victor hat die Songs natürlich auch sehr gitarrenlastig komponiert. Dadurch, dass er allgemein unser Produzent war, kam es wahrscheinlich auch noch deutlicher rüber, dass RAGE sich immer weiter von dem entfernen, was wir als Band mal waren. Deshalb war es mir wie gesagt wichtig, dass RAGE fortan wieder als BAND in den Fokus rücken und da nicht sozusagen drei „Stars“ ihr Ding machen, was den Alben überhaupt nicht entgegenkommt. Das wird mit der neuen Besetzung definitiv der Fall sein, denn ich dräng mich da auch nicht in den Vordergrund, das wird ein totales Band-Ding werden, wo wir RAGE wieder wie RAGE klingen lassen werden. Die beiden kennen die Songs von RAGE auch in- und auswendig, sind quasi selbst immer Fans gewesen, was dem Ganzen natürlich entgegenkommt.

Deine Gründe für den Besetzungswechsel erscheinen mir durch die genannten Argumente auch komplett verständlich. Als Außenstehender oder eben als Fan nimmst du ja nicht wahr, wie es hinter den Kulissen läuft, wobei mir musikalisch wie gesagt aufgefallen ist, dass es wohl bald auseinandergehen könnte in der Form. Dann lieber so als wenn RAGE komplett von der Bildfläche verschwunden wäre.

Richtig! Wie sagt man? Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende! (lacht)

Wo wir schon den alten RAGE-Sound angesprochen haben… Du warst ja nun unter dem Banner REFUGE wieder mit deinen alten Kollegen Manni und Chris unterwegs. Da kam durch die aktuellen News rund um RAGE natürlich der Verdacht auf, du würdest einfach mit denen weiter machen. Wieso kam das nicht infrage und wie kam das „Projekt“ REFUGE allgemein zustande?

Also das hätte leider absolut keinen Sinn gemacht, mit den beiden auf professioneller Ebene unter RAGE weiter zu machen. Das liegt ganz einfach daran, dass beide ihre Jobs haben und eben auch Familien zuhause haben. Dementsprechend hätten wir das nie und nimmer in der Form aufziehen können wie es bei RAGE in der Vergangenheit der Fall war. Wir haben uns im Oktober vergangenen Jahres einfach mal getroffen, zusammen gegrillt und ein paar Bierchen getrunken. Da kam relativ schnell die Idee auf, mal wieder schlichtweg aus Spaß ein paar alte Nummern zusammen zu spielen. Es war also von Anfang an nie als etwas Großes angedacht. Das hat dann natürlich eine gewisse Eigendynamik entwickelt, denn die Chemie zwischen uns war auch sehr schnell so wie früher. Natürlich habe ich mit den Jungs auch vor, musikalisch was auf die Beine zu stellen und da gibt es auch schon die ein oder andere Idee. Mittlerweile betreut uns auch ein Management, aber in der Form wie RAGE wird es letztlich aus den genannten Gründen trotzdem nicht laufen.

Es freut mich dennoch tierisch, dass ihr überhaupt nochmal gemeinsam was auf die Beine stellt und Mucke in the veins of oldschool RAGE fabriziert. Ich hatte leider nie die Chance, euch live in der Besetzung zu erleben, daher hoffe ich natürlich, dass sich diese Möglichkeit vielleicht in Zukunft ergibt, weil mir die alten RAGE-Nummern unheimlich viel geben. Ich erinnere mich an ein Konzert, wo ihr meinen Lieblingssong „Light Into The Darkness“ gespielt habe, der mir sehr viel bedeutet und das war für mich einfach eine große Sache. Daher wäre es toll, wenn man euch in Zukunft nochmal live erleben könnte, wie ihr die alten Nummern aufleben lasst, ob jetzt als RAGE oder als REFUGE.

Das freut mich natürlich zu hören und natürlich werden wir da in Zukunft wieder was auf die Beine stellen. Ich hab zuletzt mal geschaut, was für Songs wir da noch proben könnten und bin auf „Saddle The Wind" gestoßen. Mal sehen ob ich das hinkriege…(lacht)

Da würde meine nächste leicht humorvoll angehauchte Frage ins Spiel kommen. Deine Stimme hat sich natürlich mit dem Alter verändert und früher wurden die Nummern von dir teilweise in einer extrem hohen Tonlage dargeboten. Ist es für dich heutzutage denn schwerer, Nummern wie „Invisible Horizons“ zum Besten zu geben oder passt man sich da einfach den Gegebenheiten an?

Damals klang meine Stimme einfach unfassbar jung und jetzt klingt sie natürlich älter. Ich würde schon sagen, dass ich ein breitgefächertes Spektrum in meiner Stimme habe, aber ganz so hoch wie damals kreische ich natürlich nicht mehr rum, wobei ich sagen muss, dass Songs wie „Invisible Horizons“ immer noch sehr gut klappen, also da hab ich kaum Probleme. Wie es dann mit Nummern wie eben z.B. „Saddle The Wind“ sein wird, wird man sehen.

Ihr könnt euch ja mal an „Dust“ versuchen!

(lacht) Ja, versuchen können wir das definitiv, ob es dann funktioniert, ist eine andere Frage. Aber natürlich werden wir wie gesagt einige ältere Nummern weiterhin spielen, das steht außer Frage.

Kommen wir zu meiner letzten Frage. Du hast mit RAGE in der langen Bandgeschichte einige Besetzungswechsel mitgemacht und nun mit 50 kommt’s erneut zu einem Austausch der Musiker, wenn man so will. Wird dies quasi das finale RAGE-Line-Up verkörpern, mit welchem du die Karriere, die hoffentlich noch lange andauert, ausklingen lässt?

Das hoffe ich jedenfalls sehr! Das sind zwei klasse Jungs und die haben unfassbar viel Bock auf RAGE. Wir haben viel Spaß und ich freue mich, auf meine alten Tage nochmal so eine Chance zu haben. Ich wünsche André und Victor natürlich auch alles gute, denn letztlich haben wir ja auch sehr lange zusammen Musik gemacht, insbesondere Victor und ich.

Na gut lieber Peavy, dann sage ich recht herzlich danke für dieses sehr informative und interessante Interview! Es hat mir extrem viel Spaß bereitet und ich freue mich jetzt schon unfassbar auf das, was uns in Zukunft mit RAGE und REFUGE erwarten wird. Ich bin sicher, dass es da draußen abgefeiert wird! In diesem Sinne wünsche ich dir alles erdenklich gute und sage nochmal danke!

Ja sehr gern! Vielen dank! Ich sag dann mal „Bis die Tage“ wa? (lacht)

Jo, bis die Tage!


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