Interview: Subway to Sally - Eric Fish

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Ich könnte nie auf dem Bahnhof Songs schreiben. Ich bin da eher so ein Einzelgänger, der die Natur sucht und braucht und der sehr viel Kraft aus der Ruhe zieht.

Mit dem alles überzeugenden "Bastard" Album im Rücken, einem Tournesstart in der Österreichischen Bundeshauptstadt im Ausblick, stellte sich uns SUBWAY TO SALLY Frontman Eric Fish den Fragen.

Text: Reini
Veröffentlicht am 24.10.2007

Die Entstehungsgeschichte von „Bastard“ hat sich ja doch deutlich von jener bei „Nord Nord Ost“ unterschieden, warum?

Auf der einen Seite war es Schicksal, auf der anderen Glück. Wenn man weiß wie die letzten Platten von uns entstanden sind, gerade „Engelskrieger“ und „Nord Nord Ost“, wo ja ca. 80% der Kompositions- und auch der Produktionslast auf Ingos Schulter gelegen sind, so was kann auf Dauer nicht gut gehen. Als es dann ans Songwriting fürs neue Album ging, war Ingo nicht der frischeste und nicht in der Lage in der gleichen Art und Weise Dinge zu komponieren wie man es von ihm gewohnt war. Dann waren wir anderen dazu aufgerufen dieses Loch zu stopfen. Unterm Strich haben wir uns selbst ein Geschenk gemacht und fast jeder der Band hat Songs zu dem Album beigesteuert und damit Ingo irgendwie aufgefangen. Gegen Ende der Produktion hat er dann wieder ordentlich mitgetan mit seinen Einflüssen. Das ist schon ein gewaltiger Unterschied, dass es diesmal eine komplette Bandproduktion geworden ist, im Vergleich zu den Vorgängern.

Ihr hab ja auch Außenstehende mit einbezogen, Milan Polak und Fabio Trentini (ex-H-BLOCKX Bassist und Produzent von u.a. GUANO APES und den DONOTS) – warum bzw. an welchen Songs haben die beiden den mitgearbeitet?

Man kennt ja diese beiden Namen in der Szene. Über Milan kann ich nur schwärmen, wir haben ihn über unseren Produzenten Georg Kaleve kennen gelernt, der in der Vorproduktionsphase der Meinung war, wir könnten einen äußeren Einfluss ganz gut gebrauchen. Milan war jemand, der immer dann wenn wir uns getroffen haben, der seinen Input geleistet hat. Wir sind dann auch sehr schnell Freunde geworden und haben völlig unvorbelastet voneinander über Songs diskutiert. Das artete dann in richtige akustische Jams aus und Milan hat mit seiner großen Erfahrung seinen Teil beigesteuert. Milan hat ja schon die ganze Welt bereist, mit Leuten wie STEVE LUKATHER und FALCO Musik gemacht, der kann einer Band wie uns doch einen Blick über den Tellerrand ermöglichen. Ähnlich war es mit Fabio, der im Grunde erst in der eigentlichen Produktionsphase dazukam, er ist ja hinlänglich als Produzent bekannt, auch er hat ein ordentliches Pfund zu „Bastard“ beigesteuert.

Deine Vocals hast Du ja in einem abgelegenen Studio in Dänemark eingesungen, brauchst Du die Ruhe und Abgeschiedenheit um bei Deiner Arbeit zur Höchstform aufzulaufen?

Ja definitiv! Ich schreibe auch in solchen Situationen. Ich könnte nie auf dem Bahnhof Songs schreiben. Ich bin da eher so ein Einzelgänger, der die Natur sucht und braucht und der sehr viel Kraft aus der Ruhe zieht. Ich bin ein Romantiker, ich glaube ich weiß auch inzwischen genug über mich selbst, dass die Anderen mich jetzt nicht kontrollieren müssen beim Singen. Stell Dir vor, Du singst jetzt was und draußen sitzen sechs Bandmitglieder und hören sich jeden Take an den Du singst. Da kommst Du nicht zur Entfaltung. Ich hatte eine einzige Ingenieurin dabei, die gleichzeitig ein wundervoller Gesangscoach ist, eine schöne Frau nebenbei gesagt auch noch, mit der versteh ich mich blind. Wir haben die verrücktesten Sachen dabei gemacht, da kann man richtig die Sau rauslassen, das ist auch passiert und am Ende ist da was sehr, sehr wertvolles dabei herausgekommen. Gut bei „Engelskrieger“ und „Nord Nord Ost“ kann ich das auch sagen, aber bei den Platten davor sträubt sich bei mir manches Haar wenn ich da den Gesang so höre, aber jetzt bin ich 100%ig zufrieden mit dem Gesang.

Ist der Albumtitel jetzt auch so ein Statement „Hey Leute, seht her wir sind doch in manchen Phasen des neuen Albums deutlich härter geworden?“ Ich denke da gerade an die beiden Opener Tracks „Meine Seele Brennt“ und „Puppenspieler“, oder „Die Trommel“, oder „Unentdecktes Land“

Die Platte ist genauso geworden wie wir uns fühlen zurzeit. Der Titel „Bastard“ hat natürlich – wie man es von uns gewöhnt ist, mindestens drei Erklärungsebenen. Ein absolut stimmiger Titel, der in jeder Hinsicht Gedanken aufwerfen sollte. Also erstens ist diese Platte nicht das Kind des legitimen Vaters unserer aller Platten – also Ingo – sondern unser aller Kind. Zweitens denke ich, haben wir diese so genannte Mittelalter Musikbewegung mitbegründet und man stopft uns seither ungefragt immer wieder in diese Schublade, wir wollen dort aber nicht rein, wir gehören dort auch nicht hin eigentlich. Insofern sind wir auch ein Bastard in dieser Rubrik. Wir bemühen uns auch immer wieder, sei es jetzt bei Konzerten, klarzustellen, dass wir immer unser eigenes Ding gemacht haben und uns nicht vom Mittelalter Mainstream ernähren. Wir hatten einfach Bock richtig Rock’n’Roll zu machen, es richtig krachen zu lassen und das ist dabei herausgekommen. Jeder der die neue CD das 1. Mal hören würde und man ihm nicht sagen würde von wem das ist, der wird sagen, das ist SUBWAY, aber er hört auch, dass das durchaus nicht mit Mittelalter Rock oder Mittelalter Metal oder wie auch immer umschrieben ist, es ist einfach mehr. Es ist pures SUBWAY TO SALLY Statement im Jahr 2007.

Hat sich bei Dir jetzt, mit etwas Abstand, sofern der schon da ist, so was wie ein Lieblingstrack herauskristallisiert – mein Favorit ist ganz klar „Voodoo“

Aha! Das ist interessant. Nein ich hab gar keinen klaren Favoriten, ich finde alle Songs toll. Ich hatte noch nie eine Platte von uns, die ich so oft und so gerne und auch ohne vor und zurück zu zappen durchhören konnte. Für mich ist es das beste Album, das wir je gemacht haben, eine Runde Sache und die Platte entwickelt sich so auch nach hinten und wird überhaupt nicht langweilig. Vielleicht hat man so ein bisschen mehr Herz bei dem ein oder anderen Song dabei, das sind sicherlich die, wo ich auch selber mitgeschrieben habe, wie „Auf Kiel“, „Umbra“ oder „Wehe Stunde“, aber mir fallen tierisch viele Sachen auf dem Album ein, gerade jetzt wo wir ja für die Tour proben, da entdecke ich noch ganz andere Stücke, „Unentdecktes Land“ macht mir total Spaß derzeit. Ich glaube auch, da wird sich auf der Bühne noch einiges entpuppen, das ist sehr, sehr live taugliches Zeug und wir werden die Hallen ordentlich zum Brennen bringen.

Wer übernahm bei „Voodoo“ übrigens die orientalisch angehauchten Backing Vox.

Das sind bulgarische Frauenstimmen. So in der Art osteuropäische Folklore, hat schon ein bisschen was arabisches, ist ja auch nicht weit die Türkei. Das wurde schon vor Jahren gesampelt, wir hatten das schon mal auf einer Nummer oben.

Der obligatorische „Meeressong“ – diesmal „Auf Kiel“ – gehört so ein Ding jetzt schon zum festen Bestandteil eines StS Albums? Ich denke da an das „Seemannslied“, „2000 Meilen unter dem Meer“ oder „Knochenschiff“.

HaHaHa! Könnte man so sehen was?
Ich denke, dass das für unseren Texter den Bodenski eine faszinierende Idee darstellt. Man kann so viele mächtige Gefühle mit dem Meer assoziieren, es kann alles sein, es kann Sehnsüchte vermitteln, es kann unruhig sein, stürmisch, still – es ist unfassbar, tief und weit, das sind alles Adjektive, die auf den Menschen auch zutreffen, daher liegt es nahe, wenn man z.B. über die Sehnsucht schreib hier eine Metapher zu benutzen. Ob es jetzt aber obligatorisch ist, wird vielleicht die nächste Platte zeigen, ob da wieder eines drauf ist.

Jetzt hab ich im Metal Hammer gelesen, dass Euer neues Material doch manchmal „METALLICA lastiger“ sei, also ich kann das in dieser Form überhaupt nicht nachvollziehen – Du?

Nein! Ich fand das auch eher deplatziert. Vielleicht hat ja der Autor ein bisschen darauf bezogen, ich weiß jetzt nicht wie das in Österreich ist, aber die deutschen Magazine stecken uns komplett in die Mittelalterregion. Das haben wir ja vielleicht nicht zurückgefahren, aber nicht so stark gewichtet. Die Instrumente und Melodien sind alle da, aber die sind im Verhältnis zu der Gitarre gleichberechtigter. Auch ist die Struktur der Lieder bewusst einfacher gehalten worden, ich wiederhole mich jetzt zwar, aber wir wollten rocken und das erreicht man auch damit, dass man die Strukturen einfach hält. Also Riffs spielt, die nachvollziehbar sind, und nicht in 7/8 und 5/4 Chaos enden und genau das haben wir auch gemacht. Vielleicht impliziert das ja auch genau das, was METALLICA groß gemacht hat, nämlich nachvollziehbare Einfachheit, die auf keinen Fall schlecht sein kann oder muss. Das ist vielleicht der Grund, was der der das geschrieben hat zu erkennen wusste. Eine gewisse Schlichtheit back zu wirklich einfachen Strukturen in den Liedern.

Jetzt seid ihr ja als eine der tourfreudigsten Bands überhaupt bekannt und auch gleich nach dem Release der neuen CD (mit Tourstart übrigens in Wien!) geht es ja auch gleich wieder auf große Reise – was ist für Euch jetzt erfüllender, der knochentrockene Studiojob, oder das Gefühl auf der Bühne einen rauslassen zu können?

Na auf jeden Fall letzteres. Aber wie gesagt dieses Mal war die Produktion ein richtiges Fest. Ich habe ja schon angedeutet, dass wir jeden Song wirklich gejammed haben, bevor er aufgenommen wurde. Das war schon was total spannendes und neues. Wir waren auch alle zusammen im Studio, haben gekocht füreinander, wirklich back to the roots was das Bandgefühl betraf. Jetzt beim proben merkt man schon, dass das Rennpferd SUBWAY in den Startlöchern steht und raus will und ich bin überzeugt davon, dass es explodieren wird, wenn es die Bretter unter den Füßen spürt, die die Welt bedeuten. Die neuen Lieder die müssen auf die Bühne, das ist einfach Livezeugs. Insofern will ich das aber gar nicht werten, was jetzt schöner und besser ist, aber letztendlich ist die Livebühne die Erfüllung eines jeden Musikers.

Jetzt stieg ja NNO auf Platz #5 der deutschen Albumcharts, ist da jetzt so was wie eine Erwartungshaltung in der Band, dass muss die Neue auch packen, oder gehen Euch Albumcharts generell am Arsch vorbei?

Muss uns am Arsch vorbeigehen. Ich würde zwar lügen, wenn ich sagen würde es interessiert uns gar nicht, man ist schon interessiert und auch Stolz über den Platz 5 vor 2 Jahren. Gerade für eine Band wie wir, die ja auf MTV/VIVA gar nicht stattfindet, das die so was schafft ist schon grandios, da war ich auch mächtig stolz drauf, aber ob das nun wiederholbar ist hängt von so vielen Faktoren ab, wer noch veröffentlicht in dieser Woche usw. Ich hab die Kraft und die Muse gar nicht mir darüber Gedanken zu machen. Ich glaube die Band genügt sich im Moment mit dem was sie vorfinden, man ist nicht angewiesen auf diesen Platz 5, wenn es jetzt Platz 9 wird, ist doch auch cool. Es ist doch nur eine Zahl, überhaupt keine Referenz für die Güte des Albums. Für Chartplatzierungen spielt unterm Strich die Musik eine weit kleinere Rolle als man denkt, ich will das jetzt gar nicht so hoch hängen lassen. Ich freue mich über jede gute Nachricht in dieser Hinsicht, aber ich bin nicht abhängig davon.

Es ist ja angedacht in Zukunft Chartpositionen dem Umsatz eines Albums und nicht den verkauften Einheiten anzupassen, glaubst Du nicht auch, dass könnte die Ein oder Andere Company dahingehend beeinflussen, von vornherein einen höheren Grundpreis für diverse VÖ anzuschlagen??

Ja der Gedanke liegt nahe nicht?
Ich finde das auch alles Banane. Was sagt uns das denn? Wer nicht viel verkauft, wer mehr verkauft. 80% der Charts ist doch eh von Leuten besetzt, die mir wirklich am Arsch vorbeigehen. Sollen die doch ihr System ausdenken wie sie wollen. Am liebsten wäre mir in jedem Haushalt ein Anschluss wo jeder morgens auf die Band oder die Platte drückt die er geil findet und die kommt dann raus. Ist doch alles Blödsinn, ich möchte das gar nicht zu hoch bewerten. Es gibt so viele Leute, die so wenig zu tun haben, dass sie immer was Neues, Unsinniges erfinden müssen. Lass es so sein wie es ist, mir ist es wurscht!


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