Interview: Satyricon - Satyr

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Jimmi Hendrix, Jim Morrison oder Elivs Presley - er ist sowas wie der Elvis Presley des Blackmetal, der KING... (Satyr über Quorthon)

Blackmetalpioniere und eine Trainigsbank....

Text: nagelfar
Veröffentlicht am 02.11.2006

Nach der Absage am Metalcamp waren SATYRICON nun Anfang Oktober in Wien zu bestaunen und wir haben es uns natürlich nicht nehmen lassen, ein Interview mit den Blackmetalpionieren zu führen. Frontmann und Bandleader Satyr stand mir persönlich Rede und Antwort, wenn auch, auf Grund stimmlicher Probleme nur für 20 Minuten und nur zusammen mit Marian, einem Kollegen von earshot.at. Etwas müde aber durchaus gut gelaunt sprach Satyr mit uns über die Arbeit am neuen Album, die Entwicklung des Black Metal und den KING...

Nagelfar (mit Blick auf die Trainingsbank vor uns): Trainierst du immer vor den Shows?

Satyr: Naja, zu Hause trainiere ich sehr viel. Mit Trainig ist es so, dass man sehr schwer eine Balance findet, man muss hart trainieren um Resultate zu erlangen, um sich geistig und körperlich stärker zu fühlen. Man muss sich dazu zwingen, allerdings schießt man dabei leicht über die Grenze hinaus und das erschöpft dich dann. Die Idee dahinter ist stärker zu werden, denn dadurch ist es für mich einfacher mich den Herausforderungen zu stellen, die das Leben, so wie ich es lebe, mir stellt, denn ist es ein ziemlich anstrengendes wenn auch sehr gutes Leben. Ich nehme es sehr ernst und möchte vorbereitet sein. Jetzt, während der Tour, komme ich viel weniger dazu als ich mir eigentlich gedacht habe aber ich mache es einfach um mich besser zu fühlen. Frost machts auch so, er hat sein normales Workout und ein spezielles, um seine Verletzungen zu behandeln, die er vom Schlagzeugspielen davongetragen hat.

Marian: Euer neues Album: wie sind die Reaktionen dazu, von den Kritikern und vom Publikum?

Well, ich hoffe ihr werdet es heute Abend sehen, ich weiß nicht, um ehrlich zu sein, das österreichische Publikum ist anders, bei manchen Konzerten in Norwegen geht es sehr ruhig zu und auch hier ist es genauso, aber wenn du dir die Reaktionen auf die neuen Songs ansiehst, DAS ist die Meinung zum neuen Album, das ist meine Antwort. Wenn ihr mit uns auf Tour gewesen wärt hättet ihr gesehen, dass wir vor einem sehr lebhaften Publikum gespielt haben, es waren gerade mal drei Shows die ruhiger waren. Die Reaktionen auf Songs wie "Now, Diabolical" und K.I.N.G. sind wahrscheinlich 10x besser als z.B. die Reaktionen zu Songs vom "Nemesis Divina" Album, ausgenommen natürlich "Mother North", das ist einfach unsere Hymne. Wenn wir aber z.B. "Du Som hater Gud" spielen, dieser Song ist einfach nichts im Vergleich zu "Now, Diabolicum" auch wenn ich den Song immer noch sehr mag. Die Kritiken die wir bis jetzt bekommen haben, z.B. von den größten Metal Magazinen waren fast ausschließlich Höchstnoten - ich finde das nett aber es ist viel wichtiger für mich, die Reaktionen live zu sehen, darum vergleiche ich das neue Material auch mit "Nemesis Divina" denn da zeigten die Leuten die gleichen Reaktionen und waren vom ersten Akkord an voll dabei, das macht mich verdammt glücklich.

Marian: Ich habe ganz andere Erfahrungen mit dem neuen Album gemacht, viele (alte) Fans sind sehr unglücklich damit...

Ich habe da genau das Gegenteil erlebt um ehrlich zu sein, z.B. Demonaz von IMMORTAL habe ich erst unlängst bei "Hole in the Sky" getroffen und er ist auf mich zugekommen und hat gemeint, dass ihm das neue Album sehr gut gefällt, er findet, dass Songs wie K.I.N.G. ein gewisses Oldschool Feeling haben und anscheinend hat Fenriz von DARKTHRONE genau das Gleiche zu Frost gesagt. Unsere alten Fans wollen uns sehr melodisch haben mit viel Klavier und Panflöten und akustischen Gitarren mit Folkmusic und Einflüssen aus dem Mittelalter und das wollten wir früher genauso aber nicht mehr heutzutage. Die Leute würden allerdings nie zugeben, dass sie uns melodischer wollen, dass sie unsere dunkle seite nicht so mögen, die wir ihnen jetzt präsentieren. Dabei kannst du aber nicht leugnen, dass wenn du z.B. "The Rite of our Cross" hernimmst, man kann sagen man hasst ihn, dass es einfach ein Scheißsong ist aber was du NICHT leugnen kannst ist, dass dieser Song düsterer ist als alles was wir auf "Dark Medieval Times", "Shadowthrone" oder "Nemesis Divina" je gemacht haben. Das ist der größte Unterschied, früher war SATYRICON viel melodischer, softer, wir hatten viele akustische Parts aber heute sind wir nur mehr Gitarre, Bass und Schlagzeug (und was ist mit den diversen Blechblassampeln? Anm.) und klingen viel mehr nach VENOM oder BATHORY, 4-5 Riffs, ein catchy Chorus und das reicht. Damit habe ich angefangen und dazu bin ich als Musikfan zurückgekehrt um diese Musik als Leitfaden zu verwenden. Ich wollte diese ganzen mittelalterlichen Elemente nicht mehr verwenden weil sie mich einfach nicht mehr interessieren.

Nagelfar: Du hast fast alle Instrumente wieder selbst aufgenommen, warum nimmst du nicht mit der Band auf, mit der du schon so viele Jahre erfolgreich tourst?

Wenn Frost und ich zusammenarbeiten ist da einfach eine Chemie und ein gegenseitiges Verständnis zwischen uns, das ich nicht wirklich in Worte fassen kann. Das ist wie ein Wagen, der kann auch nur 4 Räder haben und nicht 5. Für uns ist es logisch, dass es nur wir Zwei sein können und immer, wenn jemand mitmischnen will funktioniert es einfach nicht, wir haben das schon so oft versucht...Nach "Rebel Extravaganza" haben wir beschlossen, aus, das wollen wir nicht mehr. Wir beschlossen dass wir versuchen würden (für die Liveauftritte Anm.) talentierte Leute zu finden, die unsere Musik so in sich aufnehmen und interpretieren können wie es sein sollte. Gleichzeitig muss ich aber auch sagen, Lars, unser Bassist hat auf "Now, Diabolical" gespielt, aus dem einfachen Grund, dass ich das Gefühl hatte, dass die meisten der Lieder besser von einem "Finger Bass" Spieler gespielt werden sollten als von jemandem mit einem Plektrum. An sich sollte er nur einige Songs einspielen, im Endeffekt hat er alle gemacht.

Nagelfar: Hat sich für euch die Art und Weise wie ihr ein Album aufnehmt geändert? Viele Leute gehen ja weg von den großen Studios und richten sich ihr eigenes Studio zu Hause ein. Mit Computern ist ja im Homerecording Bereich sehr viel zu machen?

Nein, nicht wirklich, wir haben viel Zeit in einem kleinen Sutdio verbracht um die Vocals und die Gitarren aufzunehmena und auch den Bass aber das Schlagzeug und den endgültigen Mix haben wir in einem großen Studio gemacht und ich denke, dass es dabei auch bleiben wird.

Marian: Ich hätte da noch eine Frage zum neuen Album, du hast Bands wie BATHORY oder VENOM erwähnt, dass sie dich quasi angeleitet haben und viele Reviewer haben das Album als Oldschool Blackmetal bezeichnet aber. Persönlich denke ich aber, dass abgesehen von dem wirklich typischen Minimalismus, Satyricon seit "Rebel Extravaganza" viel zu avantgardistisch um noch als Oldschool durchzugehen?

Ja, ich versteh dich sehr gut, kennst du z.B. AURA NOIR aus Norwegen? Die sind eine gute Band aber spielen Musik, sowas könnte ich nie im Leben machen, einfach zu klingen wie eine Band aus den 80ern? Das ist unmöglich, KREATOR, DESTRUCTION und SODOM, die waren alle etwas Besonderes, ein spezieller Sound ihrer Zeit aber das wird es nie wieder geben in dieser Art, du kannst versuchen, dieses Gefühl einzufangen aber es wird dir nicht gelingen, das kannst du nicht imitieren. Ich versuche während der Aufnahme...wie soll ich das beschreiben...ich versuche herauszufinden, was für mich spezielle Momente sind und ich versuche herauszufinden, was ich gerne für Musik höre, so als Musiker und ich schreibe nieder was ich mir denke und um ehrlich zu sein habe ich noch viele dieser Notizen und es macht sehr viel Spaß sich die später mal anzusehen, z.B. eine Notiz, die ich mal gemacht habe, ich wollte 3-4 Songteile, die den ganzen Song quasi auf ihren Schultern tragen sollten, weil das ist die Art von Musik die ich mag, wenige Teile und ein starker Chorus, das liegt mir persönlich sehr, aber es ist verdammt schwer für mich diese Art von Lied zu schreiben (Schwer? Davon merkt man aber auf der aktuellen CD herzlich wenig Anm.). Oder was mir auch noch aufgefallen ist, früher haben gewisse Dinge gut funktioniert, z.B. war es schwer für mich bei diesem Album nur in einem gewissen Temo zu bleiben, sagen wir mal der Hauptteil hat 135bpm und es fühlt sich einfach natürlicher an in diesem Tempo zu bleiben und die paarmal, als ich diese Regel missachtet habe hat es einfach nicht funktioniert, es hat schlaff geklungen und ich wollte nicht schlaffen klingen. Diese Art wie ich an neues Material herangehe ist anders als Kronos es getan hätte oder auch Quorthon, ich bin da ein ganz anderer Typ, viel analytischer. Ein bisschen der Rebell zu sein, die Opposition, das liegt in der Natur von Satyricon. Versteh mich jetzt falsch, bin ich unter "normalen" Leuten dann verteidige ich Blackmetal und bin ich unter Blackmetallern dann erklär ich ihnen: "Fuck Black Metal", you know? (grinst). Das ist unsere Art, die Dinge anzugehen, wir schauen nach vorne und ich denke dass SATYRICON nicht die Band wäre die sie ist, wenn wir nur versuchen würden etwas Wiederaufzunehmen, was schon jemand anderer gemacht hat. Manche der Elemente von früher sind sicher vorhanden und das wirst du auch immer wieder in den Reviews lesen und hören, Oldschool eben, aber SATYRICON ist mehr.

Nagelfar: Interessant, dass du erwähnst, dass du catchy Sachen machen möchtest, das ist ja momentan ein Trend so in die Richtung Black'n'Roll, z.B. die neue ExImmortal Band "I" oder "Chrome Division". Siehst du auch deinen Weg in dieser Richtung, weg vom traditionellen Blackmetal zum modernen Black'n'Roll?

Interessante Frage, da muss ich jetzt überlegen wie und wo ich anfange, ich versteh gut was du mit Black'n'Roll meinst und so nennen es auch viele, aber ich finde das ist die falsche Bezeichnung. Der Grund dafür ist, dass wenn du sagst Black'n'Roll, dann sagst du eigentlich, dass Rock'n'Roll nie eine der Hauptzutaten im Black Metal war! (Hier werden wir von einem Security unterbrochen der aber von Satyr promt wieder vor die Tür verwiesen wird worauf der Black Metal Philosoph seine Ausführung von Neuem beginnt *g*). Für mich haben vor allem die norwegischen Bands das Gesicht des Black Metal verändert, alle meine Freunde in Norwegen denken so, denn wenn du dir Black Metal in seiner originalen Form betrachtest, ich denke da an Songs wie "In League with Satan" von VENOM Das hatte einen Riff der ging so: "Daadadadadadadaaaah" das war Black Metal! Oder "Reaper" von dieser alten BATHORY Platte, das war zwar schneller als MOTÖRHEAD aber eigentlich war es MOTÖRHEAD Rock'n'Roll. (überlegt kurz) Und dann kamen Bands wie z.B. EMPEROR mit ihrer extrem progressiven Art und das hat das Verständnis von Black Metal verändert, das war ein brandneuer Sound, den wir bis heute hören. Ich liebe Black Metal wenn er viele Rock Elemente enthält und ich mag an sich Rockmusik sehr. Ich liebe z.B. AC/DC mit Bon Scott (interessante Einschränkung Anm.) oder HardRock wie BLACK SABBATH, DEEP PURPLE oder LED ZEPPELIN. Was nun CHROME DIVISION betrifft, da hab ich erst einen halben Song gehört und das ist nicht die Richtung, die ich gehen will, denn für mich ist in SATYRICON genug Platz vorhanden um meinen Rock'n'Roll auszuleben! Aber es ist typisch für eine Band wie SATYRICON, dass wir etwas sehr früh machen und dafür die Prügel kassieren und ganz plötzlich ist das aber generell akzeptabel, nimm mal elektronische Remixes, da sind die Leute regelrecht ausgeflippt aber plötzlich hatten das so viele Black Metal Bands und irgendwer hat irgendwas mit ihren Songs gemacht. "Rebel Extravaganza" hat fantastische Reviews bekommen, aber soviele Leute haben das Album aus ihrem tiefsten Herzen gehasst, Fans, Journalisten, einfach eine Menge Leute, die aber heutzutage sagen: Jetzt versteh ich die Musik, jetzt ist es eine meiner Lieblingsplatten. Das ist die gleiche Geschichte wie mit Euronymous, der sehr brutal in seiner Herangehensweise war, einfach weil er glaubte, Dinge verändern zu können, er hat sich für nichts entschuldigt, nie den Schwanz eingezogen, hat einfach sein Ding durchgezogen und ist so zu einem großen Einfluss geworden. Ich denke, das haben wir auch mit SATYRICON geschafft, z.B. mit "Fuel for Hatred". Ich glaube, es gibt viele Bands, die so einen Song machen wollten aber zuerst SATYRICON den Vortritt gelassen haben, uns die Prügel kassieren ließen und dann ähnliche Musik herausgebracht haben als klar war, dass es funktionieren würde.

Marian: OK, meine letzte Frage...ich hoffe, sie ist nicht zu persönlich für dich: In der Metalszene ist es in letzter Zeit zu einigen tragischen Todesfällen gekommen, Leute, die du kanntest, einerseits Quorthon von BATHORY andererseits Dimebag Darrell. Meine Frage: was bleibt?

Naja, ich kannte sie nicht wirklich so gut, ich war einer der wenigen, der das Privileg hatte mit Quorthon einige Male telefonieren zu dürfen, wir hatten einige wirklich lange Gespräche und das war eine große Ehre und wirklich sehr interessant für mich aber er war nie ein Freund von mir. Das gleiche gilt für Dimebag, wir waren mit ihnen auf Tour aber ich kannte ihn nur oberflächlich. Aber du kennst das sicher wenn ein Polizist erschossen wird drehen alle anderen Polizisten durch, es ist hier irgendwie ähnlich, auch wenn du kein direkter Freund von Dimebag warst, du bist Musiker und für dich ist es einfach fucked up, dass irgendwer einen Musiker einfach so auf der Bühne tötet und das führt dann zu dieser kollektiven Wut weil es einen Kollegen betroffen hat, da sitzen alle im selben Boot. Mit Quorthon war das ja ganz anderes, ich glaube Herzversagen? Das ist tragisch, weil er damit nicht mehr all diese Dinge erfüllen konnte, die er sich wahrscheinlich vorgenommen hatte und auch für seine Schwester und seinen Vater, wobei ich nicht weiß, ob er auch eine Freundin hatte. Aber mit ihm, das ist typisch, jemand der so bahnbrechend ist, so ein Superstar - und das war er auch wenn er nicht superberühmt war - da hat man fast das Gefühl dass es vorbestimmt war, dass er so jung stirbt. Jimmi Hendrix, Jim Morrison oder Elivs Presley - er ist sowas wie der Elvis Presley des Blackmetal, der KING - solche Leute müssen fast jung oder unter seltsamen Umständen sterben.

Marian: Dann hoffen wir, dass dir dieses Schicksal erspart bleibt!

*lacht* Neinnein, ich bin nicht so wichtig, ich werde entkommen!


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