BLIND GUARDIAN - Das 'The God Machine' Gangbang-Review

Veröffentlicht am 01.09.2022

BLIND GUARDIAN! Neues Album! Und ein kleines Schreiberlein kann sich nicht entscheiden, ob es nun hyped bis in die Haarspitzen oder doch gelangweilt von zu erwartendem Noten-Overkill sein soll. Das schon seit sehr vielen Monden verfügbare „Deliver Us From Evil“ ließ das Stimmungsbarometer Stück für Stück in Richtung gespannter Erwartung und großer Hoffnung auf knackigeres Material ausschlagen. Nun jagen wir den neuen Gruß aus Mittelerde also pflichtschuldig durch die Teststraße! Ob es wohl nur Zufall ist, dass ein neues Werk nach siebenjähriger Wartezeit ausgerechnet zum runden 30er-Jubiläum von „Somewhere Far Beyond“ auf die Menschheit losgelassen wird?

Wobei – Moment – Grüße aus Mittelerde gibt es zumindest schon mal nicht. Die Krefelder haben die Märchenonkel schon seit geraumer Zeit hinter sich gelassen und sich opulenteren Thematiken zugewandt, was sich auch in zunehmend üppigeren und sperrigeren Werken (zuletzt der progressive Brocken „Beyond The Red Mirror“, der mit nicht unbedingt umwerfendem Sound punktete) manifestierte. Mit „The God Machine“ vollführen BLIND GUARDIAN nun allerdings tatsächlich den Rückwärtssalto in Richtung früherer Qualitäten und servieren knackigen, auf ihren jahrzehntelang gewachsenen Riffcharakteristiken basierenden Power Metal mit Eiern! Und das fühlt sich – mit Verlaub – richtig gut an! Selbst wenn man hier und da noch ein wenig am Druck, gerade aus dem Tonkeller, mäkeln kann, die brutal eingängigen Refrains, gepaart mit pfeilschnellen, singenden Gitarren haben Hansi Kürsch und seine Mannen noch immer drauf!

Nebst dem bereits eingangs erwähnten „Deliver Us From Evil“ sind es vor allem speedige Hymnen wie „Damnation“, „Violent Shadows“ oder „Blood Of The Elves“, die den alteingesessenen Fans ein dickes Grinsen ins Gesicht tackern. Und gerade dann, wenn die Saitenfraktion so richtig von der Kette gelassen wird, was sich vor allem in „Architects Of Doom“ in beinahe schon thrashiger Weise manifestiert, tönen BLIND GUARDIAN so stark wie schon lange nicht mehr! Nichtsdestotrotz darf aber auch eine Ballade nicht fehlen, was mit „Let It Be No More“ auf höchst eindringliche Art und Weise, ganz klassisch auf Hansis Stimme fokussiert, gelöst wurde. Der Brückenschlag zu den „moderneren“ Facetten gelingt vorzüglich mit dem symphonischen „Secrets Of The American Gods“, das im komplexem Aufbau mit einem höchst schmackhaften Refrain lockt – lediglich das schleppende „Life Beyond The Spheres“ rudert ein wenig ziellos dahin.

Das Herz eines Powermetallers der alten Fasson, als die Themen fantasievoller und abstrakter waren als die erdige, richtig schön ins Gebälk fahrende Musik (und nicht umgekehrt!), schlägt angesichts von „The God Machine“ nicht nur höher, sondern springt im Viereck! BLIND GUARDIAN kommen den musikalischen Wurzeln, den glorreichen Zeiten ihrer bekanntesten Werke, so nahe wie man dem mit einem Jahrzehnte später erscheinenden Album nur kommen kann, ohne sich schamlos selbst zu kopieren. Ein zweites „Imaginations...“ erwartet natürlich auch niemand (mehr), gerade deswegen macht „The God Machine“ umso mehr Spaß! Es ist die Essenz von BLIND GUARDIAN, zwischen knackigen Hymnen der alten Schule und verspielt-vertrackten Stücken neuerer Bauart – kein Heischen nach neuen Höhepunkten oder der verkrampfte Versuch zu neuen Ufern aufzubrechen. Einfach nur BLIND GUARDIAN.

 4,0 / 5,0 - Anthalerero


Inhaltsverzeichnis:

Seite 1: Einleitung
Seite 2: Anthalerero
Seite 3: Ernst Lustig
Seite 4: Lord Seriousface
Seite 5: Martin Weckwerth
Seite 6: Sonata
Seite 7: Fazit


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