Jahresrückblick 2021

2021 war ein Bastard von einem Jahr. Kaum hat man seinen 2020er Rückblick rausgehauen, liest man vom Tod Alexi Laihos - wie beschissen kann ein Jahr denn bitte anfangen? Doch damit nicht genug: LG Petrov (ENTOMBED, ENTOMBED A.D.), Svenson Groß (FLESHCRAWL), Joey Jordison (ex-SLIPKNOT), Mike Howe (METAL CHURCH), Daniel Junker von der SONDASCHULE und noch viele andere...Jahr um Jahr verlassen uns berühmte Persönlichkeiten, die meisten von ihnen viel zu jung. Irgendwie hat man sich fast schon an die lange Liste gefallener Helden, die die einschlägige Fachpresse zum Ende eines jeden Jahres bereithält, gewöhnt. Und dennoch erscheint das vergangene Jahr in dieser Hinsicht besonders bitter. Aber immerhin sind dem alten Gevatter noch einige Glückliche von der Schippe gesprungen: Mark Hoppus von BLINK-182 beispielsweise verkündete, dass er den Krebs besiegt habe. AGNOSTIC FRONTs Roger Miret scheint auf einem guten Weg zu sein und JUDAS PRIESTs Richie Faulkner durfte sich zurecht über das medizinische Wunder des Jahres freuen.

Aber auch jenseits von Leben und Tod gab 2021 wenig Grund zum Feiern. Vor einem Jahr beschrieb ich die Corona-Pandemie bereits als eine Art Prüfung, eine globale Bewährungsprobe für die Menschheit - und spätestens jetzt ist klar: sie hat auf ganzer Linie versagt. Eine politische Führungsriege (besonders in meiner Heimat Deutschland), die dieselben hirnlosen Fehler vier bis zwölf Mal hintereinander macht, die nicht nachvollziehbare, geschweige denn logische Entscheidungen trifft und wenn’s gut läuft von zwölf bis Mittag vorausdenkt. Dazu eine sich immer weiter radikalisierende Minderheit, die einen beispiellosen Grad geistiger Degeneration beweist, der nur noch durch Alkoholdemenz im Endstadium oder vergleichbare Mechanismen zu erklären ist (ich sage nur "Impfmücken" und "Impf-Heckenschützen unter Gullydeckeln"). Nein…es macht schon lange keinen Spaß mehr, die Nachrichten einzuschalten oder soziale Netzwerke zu nutzen. Oft fragt man sich nur noch, wann das nächste Space Shuttle zum nächsten bewohnbaren Planeten abhebt.

Zu guter Letzt wurden zum Ende des Jahres einige schmerzhafte Veränderungen im Lineup der Stormbringer-Crüe angekündigt, die im Schulterschluss mit einer Auswahl erlesener beruflicher und privater Tiefschläge den Jahresabschlussblues perfekt machen. Und wenn man glaubt, dass es eigentlich nicht mehr schlimmer kommen kann, tritt Guido Cantz bei "Verstehen Sie Spaß?" ab und wird von Barbara Schöneberger abgelöst. Von Barbara Schöneberger - ist das noch zu toppen? Dazu müsste man schon eine zweite, von Disney umgesetzte Fortsetzung von "Top Gun" in die Kinos bringen, die sich aus Rationalisierungsgründen das Drehbuch mit "Star Wars - Episode X" teilt. "Tower, hier Todesstern - mit der Bitte um Überflugerlaubnis!" - nä Leute...für dieses Jahr reicht es! Lasst uns die letzten zwölf Monate mit einer finalen Format-C-Aktion in Vergessenheit bechern und von Neuem beginnen!

Aber genug gejammert! Denn wie wir alle wissen, gilt die hier feilgebotene Retrospektive in erste Linie der Rückschau auf eine der positiven Dinge, die uns in Zeiten wie diesen zusammen mit unserem innersten Kreis von liebgewonnenen Menschen bei Verstand hält: den Metal, den Rock, den heiligen Krach und alles, was dazu gehört! In diesem Sinne: viel Spaß mit meinem ausführlichen Rückblick auf die (meistens) schönen Dinge aus 2021!


Die besten Alben im Heavy und Power Metal

BURNING WITCHES - The Witch Of The North

Watt, schon wieder die BURNING WITCHES?! Ja, schon wieder die BURNING WITCHES! Und nein, der Verfasser hat weder einen Rahmenvertrag über wohlwollende Hexenreviews unterzeichnet noch hegt er ein besonderes Interesse daran, von einer oder mehreren der Damen als besonders liebenswert empfunden zu werden. Aber "The Witch Of The North" konnte einmal mehr auf ganzer Linie überzeugen und dokumentierte nebenbei noch eine sehr respektable Lernkurve - und das, obwohl sie gerade mal ein Jahr nach ihrem Vorgänger den Besen bestieg. Die Tracks erscheinen durchdacht und machen Spaß, Laura Guldemonds Gesang wirkt eine ganze Ecke ausgereifter und treffsicherer als auf "Dance With The Devil" und das famose SAVATAGE-Cover "Hall Of The Mountain King" läuft bis heute regelmäßig in meiner Playlist. Dafür kassiert der Verfasser auch gerne mal eine verbale Tracht Prügel aus der Redaktion. Zu schade, dass ich diese Begeisterung bis heute nicht für die Liveauftritte der Band aufbringen konnte, so auch (nicht) geschehen bei der gestreamten Releaseshow zum neuen Album...

HELLOWEEN - Helloween

Es war ein Wagnis, das nur mit Extremen belohnt werden konnte: Sieg oder Niederlage, Heiligsprechung oder ewige Verdammnis, Heavy-Metal-Nirwana oder Schlagerparty mit Florian Silbereisen in der Vorhölle. HELLOWEEN gebaren "Helloween" und erschufen das historische und alles umfassende Monument zur Bandgeschichte, das Fans rund um den Globus so fieberhaft herbeigesehnt hatten. Erstmals seit Ende der Achtziger gelang es den Kürbissen, kompromisslos zu ihren frühen Glanztaten aufzuschließen und mit dem legendären Triumvirat aus "Walls Of Jericho" und "Keeper Of The Seven Keys Part I & II" gleichzuziehen. Um ein Haar wäre es meine vierte Höchstnote überhaupt geworden und wenn ich die fünf Punkte auf den Tisch gelegt hätte, würde ich es rückblickend nicht bereuen. Denn dieses Album ist neben den unstreitbaren Klassikern der Band ganz klar die stärkste Platte ihrer langen Karriere und für mich ohne jeden Zweifel das Album des Jahres - sowohl im Heavy Metal als auch im darüber hinaus. Auch wenn unser geschätztes Gangbang-Gremium das leider nicht so sah...

POWERWOLF - Call Of The Wild

Als Saarländer darf man drei Dinge niemals tun: mit Gas grillen, etwas anderes als Karlsberg UrPils trinken und den mächtigen POWERWOLF mit Geringschätzung gegenübertreten. Und da der Verfasser schon in den ersten beiden Kategorien regelmäßig scheitert, muss er sich zumindest in der letzten und wichtigsten Disziplin des Saarländertums als würdig erweisen. Aber auch ganz ohne jede Spur von Kleinstaatenpatriotismus verdient der aktuelle Wolfs-Dreher "Call Of The Wild" den vollen Zuspruch der versammelten Gemeinde, weil er seinem wohlrezipiertem Vorgänger "The Sacrament Of Sin" schlicht und einfach in jeder Hinsicht ebenbürtig ist. Und dieses Mal war sich auch die mit acht Seelen vertretene Stormbringer-Crüe einig.

WITCHSEEKER - Scene Of The Wild

Bevor es nachher heißt, der Verfasser schnattere in diesem Jahr nur den großen Bands und Labels nach dem Schnabel, verweisen wir an dieser Stelle noch auf ein besonderes Schmankerl aus dem schwermetallischen Underground - aus Singapur, um genau zu sein. Das zweite WITCHSEEKER-Album ist wie die in Foren frenetisch abgefeierte AGAINST EVIL-Platte ein echter Geheimtipp und befeuert die Headbang-Synapsen von der ersten bis zur letzten Note. Jugend, Leidenschaft und die völlige Ignoranz von Trends und Erwartungshaltungen sind eben manchmal doch das beste Rezept - davon können die "Hellions Of The Night" ein Liedchen (oder zehn) singen!

Was war sonst noch hörenswert?


Die besten Alben im (Melodic) Death Metal

ASPHYX - Necroceros

Zugegeben - ich bin lange Zeit nicht so richtig warm geworden mit dem niederländischen Schlachtschiff, aber besser spät als nie. An das zum Kult herangereifte Gejapse von Martin van Drunen muss man sich eben erst mal gewöhnen, aber wenn man diese beschwerliche Hürde erst überwunden und den wortwörtlichen Sinn hinter dem Bandnamen (Stichwort "Erstickung") verinnerlicht hat, versteht man, warum viele beteuern, dass nur diese Band in Sachen Intensität mit den übermächtigen BOLT THROWER mithalten könne. Und dieser asoziale, riffgewaltige und soundtechnisch perfekt ausgebaute Hassbatzen namens "Necroceros" liefert einen weiteren Beweis dafür - ohne nennenswerte Neuerungen, ohne Aussetzer, ohne Rücksicht auf Verluste. Noch Fragen?

BAEST - Necro Sapiens

Holy Shit, hat diese Band einen Sprung gemacht! Das 2019er Zweitwerk "Venenum" konnte man durchaus genießen, aber was hier nun unter dem schmucken Titel "Necro Sapiens" firmiert, konnte die Messlatte in jeder Hinsicht eine Stufe höher hieven. Brechenderer Sound, griffigere Tracks und sogar ein weitaus dekorativeres Artwork - was will man mehr? Mit diesem dritten Werk haben die aufstrebenden Dänen alle Register gezogen, einen der klebrigsten Brutalo-Dreher des Jahres auf den Tisch geknallt und nebenbei bewiesen, dass sie nicht zu Unrecht zu den begehrtesten Newcomern ihrer Zunft gehören. Ein BAESTialisches Vergnügen für beide Ohren!

ENDSEEKER - Mount Carcass

Ganz ähnlich verhält es sich mit ENDSEEKERs aktueller Langrille "Mount Carcass", das ich an dieser Stelle gerne als mein persönliches Death Metal Album des Jahres ehren möchte. Obwohl die Nordlichter im dritten Anlauf so gut wie überhaupt nichts anders gemacht haben, läuft die neue Platte um einiges leichtfüßiger in die Hirnwindungen und hinterlässt dort nichts als gut durchgegarte Bioprozessoren und verbrannte Synapsen. In der Tracklist reiht sich ein Ohrwurm an den anderen und der Sound trifft das Trommelfell so hart wie ein zur Abrissbirne umfunktionierter Leopard-II-Panzer. Und das, obwohl die Band in puncto Soundengineering weitgehend auf biologischen Anbau setzt (was man trotz aller tonalen Brutalität noch hören kann). Wie sie das geschafft haben? Fragt Lenny und Jury!

HATE - Rugia

Stillstand bedeutet Rückschritt…das sagt man zumindest. Einige Bands verstehen es jedoch, die Verneinung von Weiterentwicklung zum Statussymbol zu kultivieren bzw. ihre eigene Evolution so konsequent auf die innen Details zu fokussieren, dass die Vision eines vollendeten Sounds mit jeder Iteration ein kleines Quäntchen mehr an Form annimmt. So auch zu hören im Falle von HATEs "Rugia" - die Polen machen auch hier nichts wirklich anders, feilen aber Millimeter um Millimeter an den inneren Details der Songs und Produktion, wodurch die unbeugsame Klangkost von ATF Sinner und seiner Mannschaft von Album zu Album ausgefeilter und HATEiger wird. Konzentration statt Revolution lautet hier das Motto - und der Plan geht auf!

HIRAES - Solitary

Achtung liebe Freunde, HIRAES was los! Es mag sein, dass die aus der Asche von DAWN OF DISEASE emporgetretenen HIRAES aufgrund einer identischen Geschlechterrollenverteilung und kongruenten musikalischen Stoßrichtung gerne mit ARCH ENEMY verglichen werden, doch der Schein trügt. Denn wie mein geschätzter Kollege Ernst Lustig in seinem Review mit Recht betont hat, beschränken sich die Gemeinsamkeiten beider Bands auf die genannte Schnittmenge. Nichtsdestoweniger haben auch HIRAES ein sehr gutes Händchen für stimmige Melodien und den Spagat zwischen lieblichen Klängen und dem Tanz mit dem Vorschlaghammer. Und während die Referenzkapelle des frauengeführten Melodeath seit geraumer Zeit mit Credibility-Defiziten und dergleichen zu kämpfen hat, erwächst im miefigen Untergrund bereits ein neuer Gigant, der schneller am Branchenprimus vorbeiziehen könnte, als demselben Recht ist. Aber dieser hier bleibt hoffentlich auf dem sympathischen Boden der Tatsachen, sonst gibt’s was auf die Backen!

MEMORIAM - To The End

Wer hätte gedacht, dass MEMORIAM nach einem potenzialträchtigen Debüt und einem demgegenüber stark abgefallenen Zweitwerk nochmal die Kurve kriegen und sich zurück an die Speerspitze des britischen Death Metal kämpfen würden? Was mit "Requiem For Mankind" seinen Anfang machte, wurde dieses Jahr mit "To The End" konsequent fortgeführt und bewies vor allen Dingen eins: wer die alten Recken um Karl Willetts vorschnell abgeschrieben hatte, wird nach dem Genuss dieser formidablen Panzerschlacht alles Gesagte widerrufen und das Gegenteil behaupten. Auch wenn der Schulterschluss zu der beeindruckenden Machtdemonstration ENDSEEKERs nur um ein Haar gelungen wäre, darf man mit Fug und Recht behaupten, dass MEMORIAM inzwischen ihren Sound gefunden haben und noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Oder mit den Worten der Platte: "this war is won".

MONUMENT OF MISANTHROPY - Unterweger

Die totale Zerstörung des Gehörsinns, eine ausführliche Geschichtsstunde und ein wenig Horror-Feeling obendrein gefällig? Das österreichisch-französische Fleischerfachgeschäft MONUMENT OF MISANTHROPY macht’s möglich und bietet mit "Unterweger" einen umfassenden Einblick in das "Wirken" von Johann "Jack" Unterweger, dem österreichischen Ableger von Jack the Ripper, auch bekannt als "Jack the Writer". Musikalisch bietet die Scheibe hochentwickelten Brutal Death Metal, der im Gegensatz zu vielen seiner Wegbegleiter weder eintönig noch langweilig wird und sich ganz vorne mit den großen Namen des Subgenres einreihen darf. Und wem das nicht reicht, der sollte mal bei den Jungs von SCÄVENGER vorbeihören (in beiden Bands greift Joe Gatsch in die Saiten).

OMNIUM GATHERUM - Origin

Allzu viel Melodeath habe ich in diesem Jahr nicht gehört, aber wenn neben der neuen AT THE GATES und der sehr hörenswerten INSOMNIUM-EP ein Genrewerk einer besonderen Erwähnung würdig ist, dann ist es sicherlich "Origin" von OMNIUM GATHERUM. Fesselnde Melodien, überzeugende Stimmarbeit und ein ausgewogenes Zusammenspiel aus Grantigkeit und Verträumtheit ergeben in Summe ein rundum spannungsgeladenes und facettenreiches Album, das seinen Platz in diesem Rückblick redlich verdient hat. Manchmal muss man eben einfach mal schwarz sehen.

WOMBBATH - Agma

Wieder geht ein Jahr vorbei und wieder haben WOMBBATH einen rausgehauen. Die in den letzten Jahren überaus fleißigen Elchfabrikanten feuern ihre Salven wie am Fließband ab und trotzdem bemerkt man bis heute keine Abnutzungserscheinungen in puncto Songwriting. Im Gegenteil pflegen die Schweden ihren Ursound konsequent mit hörbar durchgegarten Tracks und verfeinern ihn mit behutsam dosierten Anomalien, die sich zumeist auf kleine Details und Earcatcher beschränken. Das Ganze ausgebaut auf sechzehn ebenbürtige Abrissbirnen und verpackt in einen modernen Sound zeigt, dass auch eine stilistisch biegesteife Band wie WOMBBATH noch überraschen kann.

1914 - Where Fear And Weapons Meet

A propos Bands, die normalerweise nicht überraschen: dass 1914 nach ihren ersten beiden Großoffensiven keinen würdigen Nachfolger ins Feld schicken würden, hielt nicht nur der Verfasser für hochgradig unwahrscheinlich. Aber dennoch: mit Album Nummer drei entscheidet sich nicht selten der weitere Werdegang einer Band. Und so wahr "Where Fear And Weapons Meet" in diesem Zusammenhang als "Album der Wahrheit" gewertet werden kann, darf man 1914 attestieren, dass sie ihr Niveau souverän gehalten und die Erwartungen erfüllt haben. Der Beförderung vom Geheimtipp zur etablierten Größe dürfte damit nichts mehr im Wege stehen.

Was war sonst noch hörenswert?


Die besten Alben im (Melodic) (Folk) Black Metal

CRADLE OF FILTH - Existence Is Futile

Von wegen "Sei wie das Virus! Mutiere und überlebe!" - angeblich standen die Zeichen bei CRADLE OF FILTHs fünfzehnten Album auf "Experimentiergeist". Besagte Experimente muss man allerdings mit dem Rasterelektronenmikroskop suchen oder alternativ ein Medium konsultieren, das die verschollenen Neueinflüsse im Jenseits oder Paralleluniversum lokalisiert. Das klingt jetzt alles etwas barsch, ist aber im Grunde mehr Feststellung als Kritik. Niemand hätte ernsthaft gewollt, dass CRADLE OF FILTH auf einmal klingen wie ABBATH im Koffeinrausch oder DIMMU BORGIR nach einem beherzten Tritt in die Kronjuwelen. Was man allerdings erwarten durfte, war ein Album, das mit gekonnter Trademarkpflege eine sinnvolle Fortsetzung der zuletzt sehr starken Albumreihe auf die Beine stellt - nicht weniger ist Dani Filth und seiner Gefolgschaft gelungen und mehr kann ich mir von einer Band wie dieser auch nicht wünschen.

KANKAR - Dunkle Millennia

Thüringer Schwarzmetall als geschützte Herkunftsangabe? Wenn man derartige Erwägungen anführen wollte, wäre das Debüt des ortsansässigen Duos KANKAR ein patenter Bewerber für die Stildefinition. Denn obwohl oder gerade weil die junge Band ihren Stil bereits mit dem ersten Langspieler fundamental umdefiniert hat, hat sie einen Sound kreiert, den man so noch nicht gehört hat und der sich gut als Referenz für ähnlich gepolte Bands eignen würde. Black Metal, der die nötige Farbenlehre wahrt und dennoch in jeder Hinsicht aus der Reihe tanzt und es nebenbei schafft, mit einem einzigen Song zum Erwerb der gesamten Platte zu motivieren - das ist die Handschrift von "Dunkle Millennia".

NATTVERD - Vandring

Wer hätte das gedacht? Nach einem dürftigen Zweitwerk, das ich seinerzeit mit gelangweilten 2,5 Punkten abgestempelt hatte, legen die Norweger plötzlich mit einem durch die Bank gelungenen Album nach. Die Überraschung war perfekt und doch kam sie nicht ganz unerwartet. Denn wie schon bei der Besprechung von "Styggdom" festgehalten, war das Problem nicht im Können der Band, sondern einzig und allein im eindimensionalen, fast an Eigenklonung grenzenden Songwriting begründet. Und so wahr die Herrschaften nun davon absahen, denselben Song acht Mal aufs Neue einzuprügeln, stand am Ende ein abwechslungsreiches und unterhaltsames Werk diabolischer Kunst ins Haus. So muss norwegischer Black Metal sein.

NETHERBIRD - Arete

Gewohnheitstiere kehren immer wieder dorthin zurück, wo sie einst waren. So machte ich auch keinen großen Bogen um die neue NETHERBIRD und ergründete, was die Herren anno 2021 so zu bieten haben. Und nachdem ich meine geprellte Kinnlade mit einer Ladung Eis gekühlt hatte, sammelte ich meine Gedanken und verfasste eine spontane Lobrede auf ein Album, das für mich zu den großen Überraschungen des Jahres zählte. Einen derartigen Sprung nach vorne hätte ich aus der geradlinigen Diskographie der Schweden heraus nicht erwartet. Stücke von beispielloser emotionaler Tiefe, die konsequente Abkehr von eingefahrenen Songstrukturen und ein zeitgemäß aufpolierter Sound machen Album Nummer sechs zu einem echten Hinhörer, einem klaren must-have für jeden Melodic-BM-Connaisseur und nicht zuletzt zu meinem klaren Jahresfavoriten im melodischen Black Metal.

THRON - Pilgrim

Auch THRON, einer der heißesten (bzw. kältesten) Newcomer des deutschen Schwarzbrotsektors, haben mit ihrem Drittwerk nochmal eine Schippe draufgelegt. Mit einem stärkeren Fokus auf den ohnehin schon dominanten Black Metal, einer sinnvollen Weiterentwicklung des Soundgewands und einem beeindruckend tränentreibenden Longtrack namens "The Reverence" wurde schnell klar, dass dieses Werk zu den Highlights des Jahres gehören wird und folgerichtig in den rückblickenden Zeilen des Jahres erwähnt werden muss. Mit diesem Album greift man auch im August zur Winterjacke und wenn man es beim Unlichte beschaut, hat der konventionelle Black Metal in diesem Jahr kein stärkeres Eisen aus dem Fegefeuer gezogen. Meinen Glückwunsch, die Herren!

VREID - Wild North West

Nach dem grandiosen "Lifehunger", dem meiner Meinung nach bis heute stärksten VREID-Album, war die Spannung groß und mit "Wild North West" betraten die Sognametaller gewissermaßen in Neuland. Neuland in dem Sinne, dass die aktuelle Platte nicht nur ein Album, sondern auch der Soundtrack zu einem von der Band selbst inszenierten Film geworden ist. Ein ambitioniertes Projekt, dessen Fallstricke sich teils in der isolierten Aufnahme der Musik zeigen und bei dem nicht jede Granate so zündet wie ich es mir erhofft hätte. Doch halb so wild - denn auch, wenn der neueste Streich nicht ganz an seinen Vorgänger heranreicht, ist er doch ein mustergültiges Stück Musik einer einzigartigen Band geworden...und er hat einen neuen Übersong namens "Into The Mountains" im Gepäck. Der selige Valfar, dessen Originalaufnahmen hier zu hören sind, wäre stolz darauf.

WOLVES OF PERDITION - Ferocious Blasphemic Warfare

Hand auf’s Herz: allzu viel richtig trven Black Metal habe ich in diesem Rückblick nicht präsentiert, dafür waren die melodischen und innovativen Vertreter schlicht zu stark. Aber wenn es neben KJELD, NATTVERD und dem Startup MALIGNAMENT einen Vertreter gibt, der was von wahrer Boshaftigkeit versteht und diese auch angemessen zu vertonen weiß, dann heißt dieser wohl WOLVES OF PERDITION. Das erste Lebenszeichen und zugleich einzige Release der finnischen Band ist blutrünstig wie ein tollwütiger Werwolf, lyrisch rücksichtslos und musikalisch höchst ausgereift. Wer sein Schwarz-Weiß-Gebäck in dieser Jahreszeit nicht nur in der Plauze haben will, sollte hier unbedingt reinhören!

WORMWOOD - Arkivet

Auch im Hause WORMWOOD schlug die Uhr dieses Jahr bereits drei. Begleitet von einem überaus käsigen und lachhaften Rechtsdisput um den Albumtitel (womit ich ausdrücklich nicht die Band meine), ging der Langläufer schließlich mit dem eingekürzten Namen "Arkivet" an den Start und bescherte den schwedischen Aufsteigern überragende Kritiken und hohe Charplatzierungen. Und das nicht zu Unrecht, denn WORMWOOD erwiesen sich einmal mehr als Meister der melancholischen Melodien und bestechen mit einem von der gegenwärtigen Realität inspirierten Textkonzept, das den Blick in ein mögliches Morgen wagt. Und wenn man sich diese Vision vor Augen führt, wird die Melancholie plötzlich ansteckend und fühlbar. Ein Nachruf auf die Welt…vielleicht schon morgen.

Was war sonst noch hörenswert?


Die besten Alben im Thrash Metal

Irgendwie konnte mich der gute alte Thrash Metal in diesem Jahr nicht so richtig aus dem Sessel locken. Insofern ist die Liste meiner liebsten Thrash-Alben ziemlich übersichtlich und wortkarg geraten. Machen wir es also kurz und schmerzlos: des Lords Thrash-Perlen 2021 sind:


Die besten Alben im Rock, Punk, Hard- und Flötencore

DIE ÄRZTE - Dunkel

Es gibt kein Licht ohne Schatten, kein "Hell" ohne "Dunkel" und keine ÄRZTE ohne Patienten…oder…Hörer. Und weil es hiervon noch genügend gibt und die angestauten Kreativitätsreserven offenbar groß genug waren, legte das Berliner Ensemble nach seinem 2020er Quasi-Comeback-Album noch einmal ausschweifend nach. Leider wurde "Dunkel" kein so fulminantes Punkrock-Feuerwerk wie sein Vorgänger und auch der ein oder andere Betonschuh-Song hat sich an Bord geschlichen, aber im Gesamtbild ist die Platte noch auskömmlich und hitreich genug, um als guter Output gewertet zu werden.

BETONTOD - Pace Per Sempre

Während so mancher Staatsvorturner grenzparanoide Lehrplanbeschränkungen auf den Weg bringt, um der flächendeckenden "Homogenisierung" einer ganzen Generation vorzubeugen, setzen Bands wie BETONTOD ein Zeichen für Offenheit und Toleranz und pinseln ihr Albumcover in Regenbogenfarben. Nah am Zeitgeschehen gedichtet und gewürzt mit persönlichen Geschichten einschließlich melancholischer Rückblicke auf die eigene Vita steht "Pace Per Sempre" einmal mehr für das, was BETONTOD gut können: bodenständigen Punkrock, der sich nicht zu ernst nimmt und der anno 2021 wieder eine Ecke stilfokussierter klingt. Die Rheinberger werden nicht älter, sie werden retro. Und das ist auch gut so.

FEUERSCHWANZ - Memento Mori

Nachdem FEUERSCHWANZ mit "Das elfte Gebot" der Kunstkniff gelang, ein überraschend reifes Album einzuspielen, dem es trotz seiner Unzotigkeit nicht an Spaß und Witz mangelte, erfuhr die Band einen Popularitätsschub. Da wundert es nicht, dass die Bühnen-Spaßgaranten mangels nennenswerter Touroptionen gleich dort weitermachten, wo sie aufgehört haben. "Memento Mori" ist einerseits die stringente Fortsetzung von "Das elfte Gebot" und andererseits ein weiterer Vorstoß in neue, ansatzweise düstere Gefilde, wobei gerade die betreffenden Songs (insb. "Untot im Drachenboot" und "Rausch der Barbarei") so herrlich übertrieben sind, dass am Ende doch wieder der Spaß im Vordergrund steht. Nur eben anders...d.h., ein wenig.

ME AND THAT MAN - New Man, New Songs, Same Shit Vol. 2

Derselbe Scheiß, Teil 2 bitte! BEHEMOTHs Chefprediger Nergal hat mal wieder sein Telefonbuch gezückt und alle, die gerade Zeit hatten, zum fröhlichen Outlaw-Casting vorgeladen. "New Man, New Songs, Same Shit Vol. 2" führt die Tradition von "Vol. 1" nahtlos fort und feuert abermals ein Hitfeuerwerk an Songs ab, die so unterschiedlich und variantenreich sind wie die zum Einsingen angetretene Armada von überwiegend schwermetallischer Prominenz. Die stilistische und stimmliche Diversität erweist sich erneut als große Stärke des Projekts ME AND THAT MAN und bietet großes Potenzial zur Fortführung. Geeignete Kandidaten dürfte es indes noch genug geben, worauf also noch warten?

SERGEANT STEEL - Truck Tales

Der erste Dauerbrenner und Gangbang-Kandidat des Jahres und zugleich Anwärter auf den einfallsreichsten Albumtitel. "Truck Tales" besticht mit einer stilistischen Bandbreite, für die man normalerweise ein Allstar-Projekt wie die oben erwähnten ME AND THAT MAN auf die Beine stellen müsste und verursacht nebenbei herrliche Backflashs für alle, die mit Musik und Kino der rühmlichen Achtziger vertraut sind. Dieses wunderbare Stück Musik muss man gehört haben, ganz gleich ob man dem Berufsstand der "Backseat Lover" angehört oder nicht!

Was war sonst noch hörenswert?


Die besten Startups und Newcomer


Auf der Ersatzbank: mittelprächtige, dürftige und schrottige Kost

Doro bei POWERWOLF und Tarja bei PRIMAL FEAR? Macht beides keinen Spaß - aber es geht noch schlimmer, wenn statt einzelnen Songs gleich ganze Alben zur Enttäuschung werden. Auch 2021 hatte nicht nur Perlen im Gepäck - für die Mittelmaßfraktion und Schlusslichter des Jahres bitte hier entlang!

BEWITCHER - Cursed Be Thy Kingdom

Zu großer Erfolg ist manchmal wie eine Überdosis Valium - wobei…so derbe durch die Decke gegangen ist das dreckige Trio aus Portland doch gar nicht? Mann, Mann, Mann, was war denn da bitte mit BEWITCHER los? Nicht, dass "Cursed Be Thy Kingdom" tatsächlich ein schlechtes Album wäre, aber nach dem durch und durch genialen "Under The Witching Cross" - einem vor Blasphemie, Dreck und Testosteron strotzendem Tritt in die Eier des Mainstreams - war diese Nummer für mich eine der ersten großen Enttäuschungen des Jahres. Kein ungezügeltes Tempo, kein kollektives Ausrasten, keine Ecken und Kanten…oder anders formuliert: keine Spur vom räudigen Black/Speed Metal, für den BEWITCHER eine der Hoffnungsträger schlechthin waren. Einmal gehört und dann postwendend gegen den Vorgänger ersetzt. Schade drum.

CRYPTA - Echoes Of The Soul

Splits und Rosenkriege tun niemandem gut, auch nicht der NERVOSA-Splitterfraktion um Fernanda Lira, die sich unter dem Banner CRYPTA dem Death Metal zugewandt hat. Nicht, dass der unaufgeregte NERVOSA-Dreher "Perpetual Chaos" zum Chartstürmer des Jahres geworden wäre, aber gegen das eintönige CRYPTA-Debüt "Echoes Of The Soul" konnte er sich noch mit Leichtigkeit behaupten. Kein Wunder, denn mit eindimensionalen Songs, die an kompositorische Bulimie denken lassen, wird man sich im hart umkämpften Extreme Metal nur schwer durchsetzen können. Aber immerhin zeigen ein, zwei Songs Potenzial.

IRON MAIDEN - Senjutsu

Ich bin wahrlich kein Hater von allem, was IRON MAIDEN nach "Fear Of The Dark" so auf die Kette gebracht haben, aber in Sachen "Senjutsu" muss ich mich selbst als religiöser MAIDEN-Fanatiker dem Review von Kollegen Wiederwald anschließen. Zweifelsohne sind die hochtourigen Tage der Eisernen passé, weswegen ich mich inzwischen wie ein Kind über jeden MAIDEN-Song freue, der schneller aus dem Quark kommt als ein Faultier beim Frühsport. Aber zwischen progressivem Songwriting und dem sinnlosen Auswalzen flügellahmer Tracks liegen nun mal Welten und "Senjutsu" triumphiert leider fast ausschließlich in der zweitgenannten Disziplin. Man höre sich zum Vergleich die 2003er Platte "Dance Of Death" an - ein bis heute massiv unterbewertetes Album, das in jedem Song neue Ideen aufwirft und dennoch immer zu 100% IRON MAIDEN bleibt…das verstehe ich unter guter Trademarkpflege und sinnvoller Stilentwicklung. Dagegen sind die meisten Tracks auf "Senjutsu" die reinste Enttäuschung. Warum? Weil sie alte Riffs ohne jeden neuen Impuls runterrödeln, sich auf die zwingendsten Trademarks beschränken, das Ganze auf acht bis zehn Minuten auswalzen und dabei so viel Spannung entwickeln wie der Wachstumsmonitor beim englischen Rasen. So bietet "Senjutsu" für mich am Ende genau zwei wirklich gute Songs: "The Writing On The Wall", das ich anfangs nicht mochte und "Death Of The Celts". Und das ist für stolze 82 (!) Minuten echt zu wenig. Aber dennoch bin ich froh, dass es die Band bis heute gibt, dass sie hin und wieder einen Hit abfeuern und dass sie live noch eine Macht sind. Und wer weiß? Neues Spiel, neues Glück? Man wird ja wohl noch träumen dürfen…

Warum gab’s eigentlich keinen MAIDEN-Gangbang?

Eine berechtigte Frage, die ich als einer der Haupt-Gangbang-Initiatoren gerne beantworten möchte. Tatsächlich und selbstverständlich hatten wir auch einen Gangbang zu "Senjutsu" im Sinn und die Vorbereitungen dazu liefen eifrig. Bis zu zehn (!) Schreiberlinge wären am Start gewesen, aber leider paarten sich hierbei zwei Hemmschuhe, die das Vorhaben letzten Endes zum Scheitern brachten: die Urlaubszeit und die komplizierte Bemusterungspraxis von Majorlabels, die in der Regel viel zu spät erfolgt und dabei nicht selten von Erschwernissen, Einschränkungen und langen Reaktionszeiten flankiert wird. Unsere Ansprechpartner legten sich zwar redlich ins Zeug, das will ich nicht ungewürdigt lassen. Aber bis eine mögliche Bemusterung für alle Teilnehmer mal endlich aus dem Quark kam, war die Platte längst am Markt und die interessierten Schreiberlinge mit anderen Aufgaben betraut. Schön wär’s gewesen - aber wer nicht will, der hat schon.

KK'S PRIEST: Sermons Of The Sinner

Was soll man von einer Band erwarten, die offensichtlich und von Anfang an als Protestprojekt angelegt war? [Unpopulärer Kommentar-Mode ON] OK, schlechter Vergleich - der nicht immer unbescholtene MEGADAVE hat seine Altband METALLICA auch schon vor geraumer Zeit abgehängt [unpopulärer Kommentar-Mode OFF]. Dass KK’S PRIEST gitarrentechnisch nach JUDAS PRIEST klingen dürfen und in gewisser Weise auch müssen, ist die eine Sache. Die andere Sache aber ist, dass die ganze Platte auf mich wie ein Protest-Abklatsch wirkt, der dem Original in keiner Weise das Wasser reichen kann und der obendrein einen schlechteren Sänger hat. In seinen ranzigen PRIMAL-FEAR-Momenten ist der Ripper echt eine coole Socke, aber vom Falsettgesang sollte er sich tunlichst distanzieren. Es sei denn, er will mit der Nummer zum Kammerjäger umschulen.

VOLBEAT - Servant Of The Mind

Die gute Nachricht zuerst: die neue VOLBEAT ist kein Schrott. Aber von einem Hit oder auch nur einer Leistung, die man von einer Band vom Status VOLBEATs erwarten darf, ist sie weit entfernt. Das Eisen zeigt zwar endlich mal wieder (ein wenig) Zähne und besinnt sich damit teilweise auf alte Tugenden. Auch wirkt die Verspieltheit einiger Songs wie "Wait A Minute My Girl" sehr erfrischend. Aber unterm Strich wurden auch auf "Servant Of The Mind" viele bekannte Ideen aufgewärmt und zahlreiche Riffs und Melodien aus dem eigenen Backkatalog gemopst. Das geht besser. Aber keine Bange: selbst die allmächtigen IRON MAIDEN haben sich kürzlich sowas in der Art geleistet.

DISKORD - Degenerations

Der Name ist Programm. Keine weiteren Fragen.

NORSE - Ascetic

Wobei der Nordstempel nicht immer ein Gütesiegel ist die Askese hier wohl in erster Linie den Kompositionen galt. Black Metal mal anders - kann man so machen, ist dann aber…ihr wisst schon.

PLASMODIUM - Towers Of Silence

Zum krönenden Abschluss präsentiere ich ein Album, das in musikalischer Hinsicht zum Recyceln ist. Struktur, Melodie, künstlerischer Wert oder auch nur Kompositionen mit Sinn und Verstand? Fehlanzeige! Aber immerhin hat das Teil ein schönes Cover und inspirierte mich zu einer weiteren schwermetallischen Standpauke. Das passiert auch nicht jeden Tag - vielen Dank dafür!


Und nun last but not least - die einzigen und damit besten Konzerte, die ich 2021 besucht habe

VADER + SKAPHOS – De Profundis XXV (Abstandskonzert), 06.08.2021, Mergener Hof, Trier

Bestuhlt, befremdlich und nur zu 25% gefüllt - aber besser als nichts! Der Besuch bei VADER und SKAPHOS in Trier war unser erstes Konzert in 2021 und zugleich eine Show für ausgemachte Faulpelze und Plattfußgeplagte. Die Umstände waren nicht die einladendsten, aber das juckte zum Glück keinen. Zu groß war die Freude darüber, überhaupt mal wieder was live vor Linse und Nase zu bekommen und ein wenig das Tanz(stuhl)bein zu schwingen. Und wie zu erwarten war, hatten Peter und seine Mannschaft während ihrer ausgedehnten Zwangspause nichts verlernt.

TERRORGRUPPE + ELFMORGEN + SHIRLEY HOLMES, 17.11.2021, Garage, Saarbrücken

Unser zweites und letztes Konzert des Jahres: die (wie sich später herausstellte) zweitletzte Vollverschrottungs-Zeremonie der fabulösen TERRORGRUPPE. Mit 3G als einziger Beschränkung kamen wir in den Genuss eines ganz normalen Konzerts mit ganz normalen, mäßig betankten Punkrockfans und erlebten einen unbeschwerten Abend, wie er einem in den letzten beiden Jahren so gut wie nie ermöglicht wurde. Dafür, für die tolle Show, die guten Supportbands und nicht zuletzt für all die Flöhe, die mir die Berliner im Laufe ihrer Karriere ins Ohr gesetzt haben, meinen aufrichtigen Dank und meine wärmsten Empfehlungen an eine erholsame Rente!

Pro-Tipp: eine kleine Reunion zwischendurch ist gut für den Blutdruck! Mindestens drei von siebenundzwanzig niedergelassenen Ärzten mit ausgeprägter Satire-Punkrock-Affinität schwören darauf!


Schlussplädoyer

Die Musik hatte auch in diesem Jahr wieder den ein oder anderen Lichtblick zu bieten und trug zumindest in meinem Fall dazu bei, nicht vollends im Wahnsinn zu ersaufen. Aber sie hatte es dabei nicht leicht, denn eines steht fest: 2020 war ein Arschloch und 2021 war ihm ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen. Die Deppen des Jahres stürmten im Januar das Kapitol, demontierten ihre Reputation als Künstler (wobei es beim WENDLER nicht allzu viel zu demontieren gab) oder demonstrierten unter Berufung auf ihre Persönlichkeitsrechte de facto gegen die Grundrechte der restlichen Bevölkerung - Recht auf Gesundheit, Berufsfreiheit, Bewegungsfreiheit…wen interessiert das schon, solange man selbst vor der Impfmücke geschützt ist und seinen unreflektierten Egoismus ungehindert ausleben darf. Armes Deutschland, arme Welt.

Dagegen spreche ich meinen tiefsten Respekt gegenüber all denen auf, die sich seit fast zwei Jahren daran zerreiben, Lösungswege aus der Misere auszuloten oder unsere Gesundheitssysteme unter persönlichen Einsatz am Leben halten. Auch, wenn unsere lieben Regierenden die Einen konsequent ignorieren und die Anderen ohne Gewissen kaputtsparen und wertschätzen wie Fußpilz.

So schließe ich am Ende mit dem aufrichtigen und gut gemeinten Aufruf an alle: seid vernünftig und vorsichtig, lasst euch impfen, beißt auf die Zähne und tragt dazu bei, dass diese Scheiße nicht länger dauert als notwendig! Und auch, wenn 2021 ein harter und bisweilen unfairer Gegner war, lasst euch davon nicht unterkriegen!

"Wir stehen immer wieder auf, auch wenn wir am Boden sind,
wir stehen immer wieder auf, wieder auf!"

(BETONTOD, "Boxer", 2017)


Inhaltsverzeichnis:

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Seite 3: Jahresrückblick von Angelika Oberhofer
Seite 4: Jahresrückblick von bender
Seite 5: Jahresrückblick von Brigitte Simon
Seite 6: Jahresrückblick von Daniel Hadrovic
Seite 7: Jahresrückblick von Ernst Lustig
Seite 8: Jahresrückblick von Hans Unteregger
Seite 9: Jahresrückblick von Jazz Styx
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