MYSTIC PROPHECY - das 'Metal Divsion' Gangbang-Review

Veröffentlicht am 09.01.2020

Hand auf’s Herz – was MYSTIC PROPHECY anbelangt, bin ich zu meinem eigenen Entsetzen irgendwo zwischen „Regressus“ (2003) und „Savage Souls“ (2006) stecken geblieben. Obwohl mich ihre damaligen Releases vollends in ihren Bann gezogen hatten, nahm ich die meisten Nachfolger eher sporadisch zur Kenntnis und schmorte in dem unwohlen Gefühl, etwas zu verpassen. Meine Trägheit und Lethargie fanden jedoch ein jähes Ende, als ich von R. D. Liapakis’ Einstieg bei den US-Metallern STEEL PROPHET erfuhr und die erste Single „The God Machine“ vom gleichnamigen Album zu Ohr bekam. Die amtliche Leistung der Stahlpropheten möchte ich keineswegs in ein falsches Licht rücken, doch blies mir ausgerechnet der MYSTIC PROPHECY-lastige Titelsong auf Anhieb die Trommelfelle aus den Lauschern und sicherte sich seinen verdienten Platz in meinen Top-Hits 2019.

Das latente Interesse an der Bad Grönenbacher Metalschmiede wurde – dem Aufflammen einer alten Liebe gleich – neu entfacht. Und wie es der Zufall so wollte, liefen zu diesem Zeitpunkt bereits die Arbeiten am elften MYSTIC PROPHECY-Album „Metal Division“, das bereits durch sein großartiges Cover auf sich aufmerksam machte. Als ich schließlich kurze Zeit später des Albums habhaft wurde, offenbarte sich meinem durchgeknüppelten Gehör, dass sich die unbändige Energie von Stan-W. Deckers Artwork in jedem der elf Songs manifestiert. Ihr wollt Heavy Metal – ihr bekommt Heavy Metal! Los geht’s mit dem mächtigen Titelsong, der schleppend wie ein Panzer tiefe Furchen zieht und zum Mitgröhlen einlädt. Dieses Loblied auf das beste aller Musikgenres und seine weltweite Community lebt, atmet und schwitzt dessen unbeugsamen Geist mit jeder Note und demonstriert durch die verewigten Fanchöre eine selten erlebte Nähe zu den „Metal Divisions“ [während der Aufnahmephase des Albums lud die Band zu einer öffentlichen Studiosession ein, um mit versammelten Fans die Chöre für den Titelsong einzusingen. Die Teilnahme an dieser liebenswerten wie großartigen Aktion hätte sich der Verfasser unter keinen Umständen nehmen lassen – es sei denn, sein geschätzter Herr Vetter verabschiedet sich just an diesem Tag aus dem Junggesellen-Status und beabsichtigt dazu, dem Verfasser in einer französischen Kasernenruine den Allerwertesten mit bunten Farbkügelchen vollzukleistern – Blutsverwandtschaft verpflichtet...].

Um zur Sache zurückzukehren, der Titelsong alleine ist bereits ein Schwergewicht, das man guten Gewissens auf direktem Wege in die 2020er Bestenliste katapultieren kann. Doch bei einem Hit soll es nicht bleiben – vielmehr hauen MYSTIC PROPHECY einen Killer nach dem anderen raus und legen einen wahnwitzigen Hattrick an Songs hin, die dem voranmarschierenden „Metal Division“ fast ausnahmslos ebenbürtig sind. Mit Stücken wie „Eye To Eye“ und „Curse Of The Slayer“ demonstriert das Quintett, dass es auch heute noch die härtesten Legierungen seines Segments schmiedet und mit seinem markanten Heavy-Power-Thrash-Hybriden eine eigene kleine Nische repräsentiert (von Lias einzigartiger Stimme und der meisterlichen Beherrschung derselben ganz zu schweigen). Die massiven Gitarrenwände stürzen Wolkenkratzer und reißen Könige ein – oder umgekehrt...doch auf alle Fälle sollte vor dem Abschädeln ein versierter Halswirbel-Facharzt zu Risiken und Nebenwirkungen befragt werden (bleibende Schäden sind möglich und wahrscheinlich). Die erstgenannte Nummer rifft dabei tight wie der Teufel und punktet darüber hinaus mit seinem super eingängigen, fast schon rockigen Refrain, der als melodischer Gegenpol zum brettharten Refrain funktioniert.

Mit „Hail To The King“ bereiten MYSTIC PROPHECY Alexander dem Großen ein Monument in Form eins Metal-Songs und schieben die brutalen Rhythmen etwas in den Hintergrund, um die Bühne für virtuose und wohlklingende Twingitarren zu räumen. Dazu folgt im Refrain - wie bei den meisten Songs auf „Metal Division“ - eine regelrechte Rampensau von einem Ohrwurm, die sich nur mit Mühe von den Trommelfellen scheidet. „Here Comes The Winter“ und „Mirror Of A Broken Heart“ betreten emotionale bis melancholische Gefilde und gehen im Gegensatz zu ihren hart penetrierenden Pendants behutsam unter die Haut. „Dracula“, mein persönlicher Favorit nach dem Titelsong, verbreitet das unverwechselbare Flair eines kultigen 80er-Jahre-Horrorstreifens und schickt den Hörer zurück in die glorreichen Tage, als MOTÖRHEAD im Abspann von Hellraiser III zu hören waren. Würde man sich heute dazu entschließen, dem Urvater aller Blutsauger einen neuen Kinoauftritt zu verschaffen, dann könnte, ja, müsste dieses Werk mit genau diesem Stück ausklingen - „Bloodlust, Attack! Attack, Attack!“ [„Attack!“ ist doch eigentlich Lias Lieblingsspruch?! Wir werden uns seine Zähne auf der Release-Tour mal genauer ansehen...]

Die Reihe könnte man beliebig fortführen: „Together We Fall“, „Die With The Hammer“, „Reincarnation“...hier ist jeder Schuss ein Volltreffer und sorgt für gehörige Laktat-Overkills in der Nackenmuskulatur - bis mit „Victory Is Mine“ das letzte Brüllen des mystischen Heavy-Metal-Monstrums verstummt. Auf diesem Album stimmt einfach alles, vom Songwriting über den mörderischen Sound bis hin zum kunstvoll gestalteten Artwork. „Metal Division“ erscheint wie ein Best-Of, das die meisten Bands so nicht in 40 Jahren auf die Reihe bekämen und überzeugt mit einer rekordverdächtigen Hitdichte. Dafür erhalten R. D. Liapakis und seine Mitprophet(inn)en ein fettes High-Five - und das Genre muss sich warm anziehen!

5,0/5,0 – Lord Seriousface


Inhaltsverzeichnis:

Seite 1: Einleitung
Seite 2: Anthalerero
Seite 3: Christian Wiederwald
Seite 4: El Greco
Seite 5: Lord Seriousface
Seite 6: manfred
Seite 7: Fazit


WERBUNG: Hard
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