MACHINE HEAD - das 'Catharsis' Gangbang-Review

Veröffentlicht am 22.01.2018

Woah, MACHINE HEAD! Ein prominenter Name, der da hier und heute auf dem Sektionstisch liegt! Die Erinnerungen an die Amerikanische Abriss-Brigade, die für intensive Live-Shows bekannt ist, sind dann doch ziemlich gute. Vor allem der Auftritt auf dem Nova Rock 2007 hat sich relativ nachhaltig in mein Gedächtnis eingebrannt, als MACHINE HEAD dem Publikum einen Arschtritt vor dem Herrn verpassten, sich der Circlepit durch den gesamten Wavebreaker vor der Red Stage erstreckte und ich selbst dort soviel Staub fraß, wie in meinem Leben nie wieder. Gut, vielleicht lag es daran, dass ich die dämliche Kabelbrücke übersehen hatte, in der Folge mit einem eleganten Salto durch die Luft flog und anschließend relativ unsanft Bekanntschaft mit dem Boden und dem Springerstiefel des hinter mir Laufenden, der nicht mehr ausweichen konnte, machte. 'Kommt vor.', spricht der geeichte Moshpit-Veteran. Bis auf den Bluterguss meines Lebens (ihr hättet ihn sehen sollen, die Mutter aller Hämatome, dick, prall und in herrlichsten Purpurschattierungen schillernd!), ein wochenlang schmerzendes Knie und den zweifellos schon vorher vorhandenen Dachschaden, blieb der unfreiwillige Stunt aber ohne weitreichendere Folgen. Irgendetwas muss allerdings in der Zeit zwischen diesem Vorfall und dem was da heute aus der heimatlichen Anlage schallt, passiert sein.

Warum? Weil das was da hier und heute meine Ohren erreicht irgendwie.. zahnlos wirkt. Klar die Lyrics sind teilweise kompromisslos (nicht nur im Opener „Volatile“ wird auch ordentlich geflucht), aber die groovig-thrashige Breitseite, die mich bereitwillig Staub schlucken ließ und selbst nach einem bösen Abflug weitermachen ließ (Zugegeben, das war ein Fehler, aber... egal.) vermisst man dann doch nachhaltig. „Catharsis“ hat seine harten Momente, keine Frage (im überlangen „Heavy lies The Crown“ zum Beispiel, tritt man, genau wie in „Grind You Down“ und dem unterm Strich ziemlich eintönigen „Razorblade Smile“, stellenweise ganz ordentlich aufs Gaspedal), doch auf deutlich über eine Stunde Spielzeit ausgedehnt fehlt es einfach an packenden Momenten. Vielleicht auch deswegen, weil man MACHINE HEAD mit deutlich knackiger und kompromissloser arrangierten Titeln in Verbindung bringt, als mit gedehnt wirkenden, durchaus Mainstream-tauglichen Songs wie „Catharsis“, oder akustischen Schaftabletten wie „Bastards“. „Behind A Mask“ oder dem abschließenden „Eulogy“.

Dabei ist das Album handwerklich weit davon entfernt, schlecht zu sein, vielmehr kann man häufig eine Rückkehr zu Nu-Metal-Wurzeln erkennen – zB in „Beyond The Pale“, „Triple Beam“ oder auch „Grind You Down“. Woran es aber krankt, dass man als Zuhörer nicht wirklich Zugang zu dem Album bekommt, das ist die Diversität zwischen arschtretend komplexer MACHINE HEAD-Brutalität und überraschend sanften, geradezu poppigen Elementen, die zwar korrelieren könnten, hier aber über die komplette Albumlänge einfach vollständig aneinander vorbei agieren. Das ist insofern überraschend bis geradezu verwirrend, als man von MACHINE HEAD als alten Hasen durchaus erwartet, dass sie auch Stilistiken abseits ihrer musikalischen Komfortzone beherrschen sollten. So steht man als Hörer etwas ratlos da und weiß nicht, was man mit „Catharsis“, das speziell in den Lyrics vor grotesk überzogen dargestellter Wut geradezu tropft, während musikalisch in belanglos wirkenden 08/15 Melodiegewässern gefischt wird, anfangen soll.

Unterm Strich bleibt als Fazit ein Album, das sich nachhaltig aus der Diskografie von MACHINE HEAD abhebt, jedoch auf seltsame Weise unausgegoren und zerstückelt wirkt. Für Zündstoff ist hier also definitiv gesorgt, denn „Catharsis“ ist einerseits noch zu wenig glatt und geschmeidig für die mainstream-lastige Kundschaft, aber gleichzeitig werden sich Freunde der Trademarks von Robb Flynn und Co. von dem Album wahrscheinlich vor den Kopf gestoßen fühlen. Im Endeffekt versinkt „Catharsis“ in dem Versuch beide Lager adäquat zu bedienen, was leider in keinster Weise funktioniert, trotz blitzsauberer Handwerkskunst im Sumpf der absoluten Durchschnittlichkeit.

3/5 - Anthalerero

 


Inhaltsverzeichnis:

Seite 1: Einleitung
Seite 2: Christian Wilsberg
Seite 3: Jazz
Seite 4: Pascal Staub
Seite 5: Anthalerero
Seite 6: Fazit


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