WINTERSUN - das 'The Forest Seasons' Gangbang-Review

Wer A sagt, der muss auch B sagen. So sitzt ein kleiner Stormbringer-Schreiberling nun in seinem Kabuff und hat „The Forest Seasons“ von WINTERSUN vor sich liegen. Die persönliche Geschichte mit den Finnen war bisher immer ein wenig schwierig – als Anhänger der ersten ENSIFERUM-Alben mochte das deutlich progressivere Debüt „Wintersun“ anfangs nicht so wirklich durchzünden und die folgende, geradezu lähmende Wartezeit auf „Time I“, welches den Redakteur in seiner schwurbeligen Art schlussendlich ebenfalls nicht zu erreichen mochte, ließ den Stern der Band deutlich sinken. So waren die Vorzeichen für „The Forest Seasons“ denkbar schlecht: Ursprünglich sollte „Time II“ erscheinen, doch dann kam der Wusch nach einem eigenen Studio auf, eine aufgeblähte Crowdfunding-Kampagne wurde ins Leben gerufen und es hieß wieder warten, warten warten... bis eben, vollkommen unverhofft, „The Forest Seasons“ am Markt landete.

Als bekennender Freund der „Vier Jahreszeiten“ von Vivaldi, fühlte man sich natürlich sofort an selbige erinnert und prompt erwachte auch das Interesse für WINTERSUNs neues Werk. Zwar hat „The Forest Seasons“ mit erwähntem Prunkstück der klassischen Musik nur wenig zu tun, aber dennoch kommt man nicht umhin einige Parallelen zu ziehen. Denn das Grundprinzip erweist sich als ähnlich: Jeder Jahreszeit wurde ein Teil des Epos zugeordnet, der die Stimmung des jeweiligen Jahresabschnittes transportieren soll.

Aufbauend, sich in Kaskaden steigernd, sprudelnd und voll der Lebensfreude präsentiert sich „Awaken From The Dark Slumber“, leichtfüßig, melodisch fließend und voll positiver Energie erreicht „The Forest That Weeps“ den Hörer. Mit Macht und „Eternal Darkness“ kehrt der Herbst ein, stürmisch und verwegen, ehe sich mit „Loneliness“ der weiße Mantel des Winters über den Hörer breitet, drückend, klirrend kalt, und die Welt wieder in Stille versinken lässt.

Vielschichtig und emotional präsentiert sich das Epos „The Forest Seasons“, das mit seinen vier ausladenden Titeln eine beeindruckende emotionelle Tiefe zu erreichen weiß. Die größte Stärke des Albums, seine Vielseitigkeit, offenbart sich jedoch auch als Achillesferse: Zu schwer greifbar, zu sehr in sich selbst verschlungen mögen die ausufernden Kompositionen für manche sein, zu sprunghaft und schwer verdaulich für den Konsumenten leichterer Pagan-Kost. Doch gerade die enorme Bandbreite ist es, die „The Forest Seasons“ ausmacht und die man sich auch bis zu einem gewissen Grad erarbeiten muss. Hat man jedoch erst einmal den Weg in den Klangkosmos von WINTERSUN gefunden, so kann man sich in den musikalischen Welten von Jari Mäenpää durchaus verlieren, die Welt ausblenden und das Gebotene genießen.

Nebst der streckenweise zu Tage tretenden Kopflastigkeit von WINTERSUN (für Manche auch ein Qualitätsmerkmal), bleibt als Kritikpunkt lediglich noch der wenig greifbare Sound, der den erhabenen Kompositionen an einigen Stellen gefühlt ein wenig Raum und Tiefe nimmt. Darum gibt es von dieser Seite aus keine Höchstwertung – aber allemal eine tiefe Verbeugung vor hoher Kunst dramaturgischen Songwritings. Wenn „Time II“ jetzt in ähnliche Dimensionen vorstoßen kann, dann wird es vielleicht doch noch etwas, mit der Liebe zu WINTERSUN...

4,5 / 5


Inhaltsverzeichnis:

Seite 1: Einleitung
Seite 2: Christian Wiederwald
Seite 3: Laichster
Seite 4: Christian Wilsberg
Seite 5: Sonata
Seite 6: Pascal Staub
Seite 7: Daria Hoffmann
Seite 8: Anthalerero
Seite 9: Fazit


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