SEEKING RAVEN - The Ending Collage

Artikel-Bild
VÖ: 30.09.2016
Bandinfo: SEEKING RAVEN
Genre: Progressive Rock
Label: Dr. Music Records
Hören & Kaufen: Amazon | Webshop
Lineup  |  Trackliste

Und wieder wäre mir ein ziemlich erwähnenswertes Album fast durch die Finger gerutscht, oder besser gesagt: hinten vom Schreibtisch ins Nirgendwo gefallen. Dass aus dem hässlichen Duisburg (no offence!) so fragile wie schöne Musik wie die von SEEKING RAVEN erwächst, ist gleichzeitig bemerkenswert und beängstigend. Noch dazu wenn all die Mucke von einem Wunderknaben namens János Krusenbaum entworfen wird, der hier mit seinen drei Sidekicks ein Klangszenario entwirft, das eher musikalisch gereifte Endvierziger vermuten lassen würde als ein paar Jungs Mitte Zwanzig.

Was sofort auffällt: SEEKING RAVEN schreiben keine elendslangen Dauerwürste von Songs, sondern agieren erstaunlich kurzweilig. Die Songs sind – bis auf das siebenminütige „It’s Okay“ – relativ kompakt und handlich, haben auch manchmal den Charakter von Übergängen von einer Stimmung in die nächste, und so hat man bald das Gefühl, man wandle an Jahrmarktbuden entlang – nicht von ungefähr walzt „Truth“ etwa im passenden Zirkus-Dreivierteltakt einher. Jede einzelne Bude offeriert uns eine andere Stimmung, ein neues Bild, einen neuen musikalischer Akt. „The Ending Collage“ ist über weite Strecken ein stilles, ein fast schon bescheidenes Album, und einige Songs (etwa „I, The Raven“) haben beinahe schon sakrale Züge. Immer wieder erinnert der dunkle, ruhige Fluss der Songs auch an PAIN OF SALVATION, die bekanntlich auch stets innovativ und unkonventionell zu Werke schreiten. Aber auch am Rappen ist das Trio: „Brave New World“ zeigt, dass die Band keineswegs nur auf Retro-Prog-Elemente im Stile von – ja, man kann es ruhig laut aussprechen - GENESIS, JETHRO TULL oder MARILLION oder auf geplante Reduktion baut, sondern ihrer Musik auch einen durchaus zeitgemässen Touch geben kann.

Die aurale Reise, wunderschön unterstützt durch das Artwork von Nathalie Prado, auf die drei Eckpunkte rocky („Road To The City“), proggy („It’s Okay“, „The High Art Of Flying“) und folky ( „Vanishing Of The Little People“) festzumachen, hilft vielleicht ein wenig bei der Orientierung, wird dem Album aber nicht wirklich gerecht. Denn erstens können und wollen sich SEEKING RAVEN nicht wirklich einordnen lassen, und zweitens bedarf es wohl einiger Stunden Auseinandersetzung mit der Materie, um den vollen Umfang dieses - nach „Lonely Art“ (2012) bereits zweiten – Longplayers erahnen zu können. Der einzige (klitzekleine) Punkt, in dem es noch Handlungsbedarf gibt, ist der Gesang. Der ist zwar oft mehrstimmig und auch zielführend, aber ab und an doch fast schon zu weinerlich. Egal. Was hier abgeliefert wird, verdient auf alle Fälle die Prädikate „wertvoll“ und „hörenswert“, die Burschen sind auf dem Weg zur großen Kunst.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Mike Seidinger (06.02.2017)

ANZEIGE
ANZEIGE