Interview: ETERNITY'S END - Christian Münzner

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Die Zeit bei PARADOX hat mich deutlich geprägt, was das Riffing angeht

Wir versuchen nicht, krampfhaft das Rad neu zu erfinden. Der Musik sollte ein stimmiges, zusammenhängendes Konzept zugrunde liegen und nicht jeder Song nach einer anderen Band klingen.

Text: manfred
Veröffentlicht am 07.05.2019

Das Debüt “The Fire Within“ wurde im Jahr 2016 veröffentlicht. Leider gab es durch die Pleite vom Label relativ wenig Promotion. Das Album bekam nicht die Aufmerksamkeit, das es verdient hat. Können wir mit einer Neuveröffentlichung rechnen?

Ja, das ist damals in der Tat sehr unglücklich gelaufen. Es gibt aber zum Glück definitive Pläne, das Album in nicht all zu ferner Zukunft über unser Label Ram It Down Records wieder zu veröffentlichen.

 


 

Menschen, die keine Möglichkeiten haben, Einblick in die Musikindustrie zu bekommen, haben nicht selten den Eindruck, CDs im Vertrieb und ein paar Reviews in Zeitschriften seien schon ein Zeichen dafür, dass die Musiker finanzielle Unabhängigkeit erreicht hätten. Vielleicht kannst du, weil du es ja selber erlebt hast, etwas von den Schwierigkeiten im Business erzählen? Womit hat man zu kämpfen?

In Wahrheit ist leider oft das genaue Gegenteil der Fall. In unserer Größenordnung generiert eine Band eigentlich noch überhaupt keinen finanziellen Gewinn. Es ist schon schwierig, ein Album zu produzieren, ohne dabei Verlust zu machen. Das haben wir zum Glück durch eine halbwegs erfolgreiche Crowdfunding Kampagne und durch Unterstützung unseres japanischen Labels hinbekommen, wären wir aber alle komplett unbekannte Musiker und Newcomer im Business, hätten wir auch das nicht geschafft. Um die Produktion finanziell zu stemmen haben wir diverse Perks in unserer Kampagne angeboten, wie z.B. Solos für andere Bands einzuspielen, sowie digitale Notationen der Gitarrenparts unserer beider Alben  oder auch den Verkauf von Equipment. Eine Zeit lang nimmt die Arbeit, also das Kommissionieren der Vorbestellungen, das Einspielen der Session Jobs sowie das Notieren der Musik, die Ausmaße eines Vollzeitjobs an, was ja mit der eigentlichen Produktion der Platte gar nichts mehr zu tun hat und das macht man neben seiner regulären Arbeit, weil man ja auch von etwas leben muss. Da ich jedoch vom Unterrichten und von Session Aufträge für andere Bands lebe, kann ich mir das zum Glück einigermaßen einteilen, dass es geht. Oftmals hört man das Argument „dann müsst ihr eben mehr live spielen, um Geld zu verdienen“. Den Leuten sind oftmals die Unkosten, die man hat, um überhaupt erst mal auf Null rauszukommen und nicht draufzulegen, nicht wirklich bewusst. Oftmals reichen die Gagen und Angebote bei weitem nicht aus, um den finanziellen Aufwand zu decken, bis man angereist ist, jeder eine Übernachtung und was zu essen hat etc. Wenn man nicht gerade DREAM THEATER oder MEGADEATH ist, ist es sehr schwierig, nur von einer Band zu leben. Man kann den Labels hier aber auch keinen Vorwurf machen, wie es so oft passiert, die sitzen ja eigentlich im gleichen Boot. Die meisten Menschen konsumieren Musik heutzutage über Streaming Dienste und das, was man dabei als Urheber der Musik verdient, ist im absoluten Mikro Cent Bereich und das reduziert natürlich das Budget für Album Produktionen oder Touren.

 


Trotz mangelnder Unterstützung erhielt das Debüt  gute Kritiken von Fans und Journalisten. War das einer der Gründe, warum du dich entschieden hast, weiterzumachen?

Das stimmt, der Großteil der Leute, die das Album gehört haben und auf diese Art von Musik stehen, fanden die Platte super und zum allergrößten Teil waren die Reviews positiv. Das war natürlich eine große Motivation, mit der Band weiter zu machen. Ich denke schon, dass wir das Potential haben, eine größere Zuhörerschaft zu erreichen als die Underground Nische in der wir gerade sind, wenn nur mehr Leute mitbekommen, dass es uns gibt. Aber der Hauptgrund war eigentlich einfach, dass ich neue Songideen in dem Stil hatte. Wenn das geschieht, ist das nicht so sehr ein vorsätzlicher Prozess, sondern es passiert einfach, ich spürte wieder den Drive, neue Stücke zu komponieren und hörte komplette Songs in meinem Kopf, selbst dann, wenn ich nicht Gitarre spiele. So lange dies der Fall ist, werde ich weiter Songs schreiben und Musik aufnehmen und veröffentlichen, so weit ich es finanzieren kann, unabhängig davon, ob nun 20 oder 200.000 Leute meine Musik hören.

 


Bitte erzähle uns etwas über die Geschichte und Vorgehensweise zum neuen Album. Inwieweit unterscheidet es sich vom Vorangegangenen?

Nun, zunächst hatten wir einen Line Up Wechsel, wir haben mit Iuri Sanson einen neuen Sänger, der sich stilistisch stark von Ian Parry, dem Sänger auf unserem Debut, unterscheidet. Der größte Unterschied ist aber, dass wir mit Phil Tougas nun auch einen zweiten Gitarristen und Songschreiber an Board haben. Wohingegen ich auf dem ersten Album noch Musik und Texte alleine geschrieben habe, haben Phil und ich das neue Album zu gleichen Anteilen zusammen komponiert, was ein unglaublich ergiebiger Prozess war, da sich unsere Ideen so perfekt ergänzt haben, dass wir locker zwei Alben am Stück hätten komponieren können. Außerdem teile ich mir mit Phil die Soli 50/50 und alle Harmonien spielen wir zu zweit. Der Focus ist zudem beim neuen Album deutlich stärker auf dem Twin Gitarren Ansatz in bester RACER X/CACAPHONY Tradition. Auf beiden Alben gibt es verspielten, neoklassischen Power Metal zu hören, allerdings ist auf dem neuen Album ein deutlicherer Speed und Thrash Metal Einschlag, dafür sind die Prog und Hard Rock Elemente, die es auf dem ersten Album noch zu hören gab, nicht mehr wirklich Teil unseres Sounds. Außerdem sind die Melodien auf dem neuen Album meiner Meinung nach besser und die Refrains deutlich größer und epischer. Besonders die Chöre von Piet Sielck (IRON SAVIOUR, der das Album auch gemixt und gemastert hat) tragen deutlich zur bombastischeren und epischeren Ausrichtung der neuen Platte bei.

Was ist Dir beim Songwriting wichtiger: Diversität in den Songs oder starke Melodien?

Das Wichtigste für mich ist, gute, schlüssige, eingängige und stimmige Songs mit großen Melodien, geilen Riffs und einem besonderen, eskapistischen Flair zu schreiben. Dabei versuchen wir nicht, krampfhaft das Rad neu zu erfinden. Der Musik sollte ein stimmiges, zusammenhängendes Konzept zugrunde liegen und nicht jeder Song nach einer anderen Band klingen. Natürlich ist uns Variation in den Tempi und Tonarten und Akkordstrukturen wichtig. Unsere Einflüsse zeigen wir aber sehr deutlich. Bands, die irgendwelches komisches Zeug machen, nur um krampfhaft „anders“ zu sein, kann ich mir nicht wirklich anhören, das hab ich den 90ern schon nicht gemocht, als das irgendwie alle eine Zeit lang versucht haben.

Es ist ja ein Konzeptalbum.  Was ist die Message, die ihr mit eurem neuen Album  an die Welt, an eure Fans senden möchtet? Worum geht es da und wie hat die Geschichte die Musik beeinflusst?

Für uns reflektiert Power Metal puren Eskapismus, die Wahrheit in der Fiktion, repräsentiert die Magie von Theater und Literatur in einem Heavy Metal Kontext. Es ist das musikalische Äquivalent zu einem Action/Fantasy/Science Fiction Film. Ein Album, das so over the top ist wie „Unyielding“ soll den Hörer in eine Welt voller magischer Wunder entführen, fernab der Realität. Es soll den Hörer nicht an die Probleme bei der Arbeit oder in der Beziehung oder an ihre Zukunftsängste und Sorgen erinnern, sondern eine Welt weit ab all dessen entführen, in der nichts davon existiert oder von Bedeutung ist. Manche bezeichnen diesen Ansatz heutzutage als „Kitsch“, aber für mich ist Eskapismus mitunter die höchste Ausdrucksform in Kunst und Musik. Die Geschichte von „Unyielding“ spielt in einer alternativen Zeitlinie, in welcher im Jahr 1099 ein Raumschiff einer hochentwickelten außerirdischen Kultur auf der mittelalterlichen Erde abstürzt. Die Menschen dieses Zeitalters, in welchem noch das Gesetz des Schwertes regiert und die noch sehr barbarisch geprägt sind, machen sich die hochentwickelte Technik des Raumschiffes zu eigen und erreichen in unnatürlich kurzer Zeit ein extrem hohes technisches Niveau, ohne aber die soziale Reife zu besitzen, die Technik zu kontrollieren und verantwortungsvoll mit der daraus resultierenden Macht umgehen zu können. Diese hochentwickelten Barbaren besitzen nun die Technik, in andere Sternensysteme zu reisen und stiften Unruhe und Verwüstung in der Galaxie. Die Schöpfer des abgestürzten Raumschiffes, eine hochentwickelte Rasse namens Pryarus, machen sich, alarmiert durch ein Signal aus dem abgestürzten Schiff, auf den Weg, um der Menschheit den Krieg zu erklären und das interkosmische Gleichgewicht wieder herzustellen, woraus ein 900 Jahre andauernder interstellarer Konflikt entsteht. Man kann dies metaphorisch gesehen als Warnung vor dem Umgang mit destruktiver, hoch entwickelter Technologie sehen.

 


Es gibt mannigfaltige Einflüsse bei ETERNITY’S END: Klassischen Heavy Metal, Melodic Metal, sogar klassische Elemente, vermischt mit einer Menge virtuosen Sounds a la Yngwie  Malmsteen oder SYMPHONY X. Gab es Bands oder Musiker, die dich beim Aufnahmeprozess des neuen Albums inspiriert haben?

Da gab es natürlich etliche. In unserer Musik bilden mehrere verschiedene Bestandteile das Grundgerüst unseres Sounds, das sind zum einen natürlich die virtuosen neoklassischen Bands und Gitarristen wie eben Yngwie Malmsteen, SYMPHONY X und die ganze Shrapnel Records Elite der 80er Jahre wie Tony MacAlpine, Vinnie Moore, Joey Tafolla, RACER X, CACAPHONY, APOCRYPHA etc. Das kombinieren wir mit den Einflüssen diverser aggressiverer deutscher Power Metal Bands wie RUNNING WILD,  IRON SAVIOUR, SAVAGE CIRCUS, SCANNER, alte HELLOWEEN, alte BLIND GUARDIAN etc. und US Power Metal Bands wie CRIMSON GLORY, HELSTAR, FIFTH ANGEL, SAVAGE GRACE etc. Ich denke, dass dies ziemlich gut unsere Haupteinflüsse beschreibt. Natürlich kommen noch diverse andere Einflüsse dazu, klassischer Metal wie MAIDEN und PRIEST, Komponisten wie Bach, Händel oder Paganini, verschiedene Videospiel Soundtracks und auch technische Thrash Metal Bands wie FORBIDDEN, ältere MEGADETH und ANNIHILATOR, HEXENHAUS, TOXIK etc., vor allem was das technische Riffing angeht.

Als Sänger fungiert inzwischen Iuri Sanson (HIBRIA), der einen tollen Job abliefert. Wie bist Du an Ihn herangekommen und warum ist Ian Parry nicht mehr dabei?

Es gab verschiedene Gründe für den Sängerwechsel. Ich bin nach wie vor mit Ian befreundet, es gab keinen Streit oder so. Aber für Ian hat es sich bei ETERNITY’S END eher um ein Projekt gehandelt und er wäre nicht wirklich für Live Shows zur Verfügung gestanden und empfand die Songs als zu anstrengend, um sie live zu performen und er möchte sich auch mehr auf seine Solokarriere fokussieren, er hat ja doch einen deutlicheren AOR und Hard Rock Background. Außerdem merkten wir beim Schreiben der neuen Songs, dass stilistisch ein deutlicherer Speed/Thrash Metal Einschlag zum Vorschein kam und ein sehr hoher, epischer Gesang deutlich besser zu den Songs passen würde, Ian ist dann ja stilistisch doch etwas näher an der David Coverdale Schiene, was für die Songs des Debüts auch super funktioniert hat. Phil und ich waren beide schon sehr große Fans des HIBRIA Debüt Albums „Defying The Rules“ von 2004. Iuri’s Vocals auf dem Album sind einfach überirdisch und er war unser absoluter Wunschkandidat. Wie es der Zufall wollte, haben wir genau zu dem Zeitpunkt, als wir auf Sängersuche waren, erfahren, dass Iuri bei HIBRIA ausgestiegen ist. Phil hat ihn dann einfach über Instagram kontaktiert und als Iuri dann die ersten Demos der neuen Songs gehört hatte, war er so begeistert, dass er sofort zugesagt hat.

Wie erklärst Du  dir den Hype in Japan um solche Speed/Power Metal Bands und wie ist die Resonanz von dort auf die neue Platte?

Ich frag mich das auch schon seit über 20 Jahren, haha. In Japan läuft es für uns mit Abstand am Besten. Es ist ja auch schon immer der beste Markt für Hochgeschwindigkeitsgitarristen wie Yngwie Malmsteen oder Chris Impellitteri. Gitarrenvirtuosen sind dort schon fast Superstars. Als wir mit OBSCURA in Japan gespielt haben, fanden wir in Tokyo die „Yngwie Malmsteen Bar“. Als in den 90ern in USA und Europa der Grunge regiert hat, waren die Japaner immer noch ganz wild auf die ganzen melodischen Metal Bands mit der guten Gitarrenarbeit. Zum Einen mag es damit zusammenhängen, dass Japan eine sehr starke Leistungskultur hat, in der man Leistung und Kompetenz wertschätzt, anstatt das mit Neid zu betrachten. Außerdem mögen die Japaner gerne extreme und eskapistische Sachen, das sieht man ja auch an den ganzen Anime Serien und Videospielen. Marty Friedman, der ja in Japan lebt und dort sehr erfolgreich ist, vertritt die Theorie, dass es mit der Vergangenheit traditioneller japanischer Musik zu tun hat. Dort gibt es ein Instrument namens Shamisen, das ist eine dreisaitige Langhalslaute, die ähnlich wie eine Gitarre aggressiv mit einer Art Plektrum gespielt wird und dem Klang einer E-Gitarre nicht unähnlich ist. Selbst die älteren Menschen haben dort keine Berührungsängste mit dem Klang einer E-Gitarre, das ist dort einfach ein Teil der Kultur. Von daher würde das schon erklären, warum dort gerade die Heavy Metal Bands erfolgreich sind, bei denen die Gitarrenarbeit stark dominiert.

„Necromantic Worship“ hätte auf einen PARADOX Album mit Sicherheit auch eine gute Figur gemacht. Du warst ja in der Band aktiv, lieg ich richtig, wenn ich sage, dass ihr auf „Unyielding“ härtetechnisch einen Zacken zugelegt habt?

Das stimmt, und die Zeit bei PARADOX hat mich deutlich geprägt, was das Riffing angeht. Das hört man vor allem bei „Necromantic Worship“, der ja eigentlich schon als Thrash Metal Song durchgehen kann. Es gab auf der ersten Platte mit „The Fall Of The House Of Usher“ auch schon so einen Track, der von der PARADOX/FORBIDDEN/METALLICA/Riffing Schule inspiriert ist. Aber auf „Unyielding“ gibt es grundsätzlich deutlich mehr Speed und Thrash Anteile als auf dem Debüt, daher stimme ich dir definitiv zu, dass wir in Punkte Härte noch eine Schippe drauf gelegt haben.

Du hast ja auch bei der letzten Tour bei SERIOUS BLACK ausgeholfen. War das du ein Freundschaftsdienst oder bist du noch in der Band?

Das war damals eine sehr kurzfristige Geschichte. Ich bin schon lange mit Bob Katsionis befreundet, der dort ja ursprünglich Gitarre gespielt hat, Bob spielt auch einige Keyboard Soli auf meinem ersten Soloalbum "Timewarp". Als Bob dann kurzfristig ausgestiegen ist, hat er mich bei der Band empfohlen, woraufhin sie mich damals ca. 1-2 Monate vor der Tour kontaktiert haben. Das war damals also eher ein Freundschaftsdienst, ob es in der Zukunft nochmal zu einer Kollaboration kommt oder nicht, kann ich momentan nicht sagen.

Werfen wir nun zum Abschluss noch einen Blick in die Zukunft: Kannst du uns schon ein bisschen anteasern, wie es weitergehen wird? Womit werden uns ETERNITY’S END im kommenden Jahr überraschen?

Unser großes vordergründiges Ziel ist definitiv, ETERNITY’S END endlich live auf die Bühne zu bringen, die Songs wurden geschrieben, um live durch eine PA geschmettert zu werden. Sobald dieser erste Schritt mal gemacht ist, werden uns die Leute auch als echte Band und nicht weiterhin als online Projekt wahrnehmen. Und natürlich sammeln wir schon wieder fleißig Riffs für das nächste Album.
Vielen Dank
 


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