Interview: SUNTERRA - Chris

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Gothic Metal ist ausgelutscht und der Zug endgültig abgefahren.

Zur Wiederauferstehung der österreichischen Dark-Metaller von SUNTERRA haben wir uns einmal mit Bandkopf Chris über Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges unterhalten.

Veröffentlicht am 31.01.2017

Hi! Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst uns ein paar Fragen zu beantworten Ihr wart ja jetzt einige Zeit lang weg vom Fenster, manche erachteten euch auch schon als quasi aufgelöst. Wie kam es eigentlich zu eurer selbstverordneten Pause, und weshalb dauerte sie letztendlich so lange?

Chris: Nach drei Alben und acht Jahren ununterbrochenem Proben und vielen Konzerten war die Luft einfach mal raus. Manche von uns hatten keinen Antrieb mehr oder brauchten eine Pause. Andere wollten ihr Leben neu ordnen. Deswegen haben wir uns auch nicht offiziell aufgelöst, sondern immer nur von einer Pause gesprochen.

Wie kommt's, dass ihr nun doch wieder da seid? Und warum genau jetzt?

Chris: Einige von uns haben sich immer wieder zwischendurch getroffen und irgendwann war die Zeit dann reif, dass wir wieder von einem Neustart sprachen. Da hatten wir auf einmal wieder Bock, miteinander Musik zu machen.

Was hat sich bei euch LineUp-mäßig in der Pause getan? Ihr habt ja, soweit ich gesehen habe, auch ein neues Gesicht mit an Bord?

Chris: Die Stammtruppe ist auf die Hälfte geschrumpft. Die restlichen Musiker haben entweder andere Bands, in denen sie aktiv sind, oder haben die Instrumente an den Nagel gehängt. Mit Ivan haben wir einen Neuzugang, der zur Band passt, wie der berühmte Deckel auf den Topf.

Was hat sich für euch, subjektiv, im Musikbusiness verändert, während eurer Abwesenheit?

Chris: Das kann ich erst beurteilen, wenn ich die aktuellen Verkaufszahlen sehe. Prinzipiell war es schon immer schwer, wenn man nicht mal locker ein paar Tausend Euro für Promo aus dem Ärmel schüttelt. Andererseits ist es heute leichter, die Musik bekannt zu machen, da hilft das Internet 2.0 mit den Social Media Plattformen enorm. Obwohl die „Geiz ist geil“-Fraktion immer stärker wird. Die Leute glauben mittlerweile, dass Kunst gratis zur Verfügung zu stehen hat. In Bezug auf die Plattenindustrie haben sie Recht, die scheffeln ziemlich Kohle, aber am anderen Ende steht immer der Künstler.

Kürzlich habt ihr ja ein Minialbum namens "Reborn" auf den Markt geworfen. Ist diese eure „Wiedergeburt“ auch ein bißchen metaphorisch zu sehen? Im Sinne einer Art Neustart, ein „auf zu neuen Ufern“, oder doch eher ein dort Weitermachen, wo ihr aufgehört habt?

Chris: Reborn ist genau das. Wir wollten nicht anfangen, wie wir aufhörten. Hey, wir haben 2017 – Gothic Metal ist ausgelutscht und der Zug endgültig abgefahren. Wir wollten auch nicht den Stempel aufgedrückt bekommen: „Eh klar … SUNTERRA, das hört man eh gleich.“ Manche Bands fahren damit sicher gut. Aber irgendwann kauft man sich keine Platten mehr, weil eh alles gleich klingt. Nein, wir wollten etwas Neues, wir sind halt sehr verspielt und auch etwas selbstverliebt.

 


SUNTERRA 2017 - etwas geschrumpft, aber hungrig!

 

Auf dem Cover bedient ihr euch altägyptischer Mythologie – hegt da jemand von euch besonderes Interesse für die Thematik?

Chris: Ich hatte mich früher mal mit diversen Religionen, Mythen und Kulten beschäftigt – gothic-typisches Zeug eben. Aber nein, in diesem Fall hat es lediglich den Hintergrund, dass die Göttin Isis für Tod und Wiedergeburt steht, eben die Geschichte von Sunterra. Die Sonne im Hintergrund sah halt nett aus, deswegen haben wir sie genommen. Und sie deutet auch auf den Bandnamen hin.

Können wir uns in absehbarer Zeit, nach diesem ersten Lebenszeichen seit längerer Zeit, auch wieder auf ein neues Album von Sunterra einstellen?

Chris: Wir sind bereits am Werken. Pause haben wir uns keine gegönnt. Wir wollen es ausnützen, solange das Feuer brennt. Und natürlich dürft ihr gespannt auf ein Album sein, wir sind es ja auch. Was dabei raus kommt kann ich noch nicht sagen; wir lassen uns selber überraschen, derzeit wird noch viel experimentiert.

Auf „Reborn“ habt ihr ja auch einige Soundexperimente gewagt – wie waren die Reaktionen darauf bis jetzt?

Chris: Schön durchwachsen, sage ich mal. Manche lieben es, manche hassen es, aber kalt lässt es keinen. Es war uns auch klar, dass wir mit dem neuen Sound einige Leute vor den Kopf stoßen. Aber das wollen wir auch. Es macht einfach keinen Sinn, wenn man brav da sitzt und immer das macht, was von einem erwartet wird. Für den konservativen Musikliebhaber gibt es genügend andere Bands, die seine Bedürfnisse befriedigen. Aber wir wollen uns weiter entwickeln und sind für alle Neuerungen offen.

Dürfen wir uns dann auch auf dem Album wieder auf ein paar Experimente freuen?

Chris: Ich hoffe, dass ihr euch freut. Unser Musikgeschmack ist mittlerweile breit gefächert. Mir selbst gefallen heute Sachen, die ich mir früher nie angehört hätte. Es gibt im Extrem-Metal-Bereich mittlerweile einige Bands, die über den Tellerrand blicken und offen für andere Stilrichtungen sind. Wir wollen ebenfalls nicht in einem festen Korsett stecken.

Habt ihr auch an der Live-Front vor, wieder ein bisschen mitzumischen?

Chris: Wir stehen kurz vor unserem ersten Konzert seit zehn Jahren [Anm.d.Korr: das Konzert ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits wieder Geschichte!]. Die Nerven liegen zwar noch nicht blank, aber etwas Nervosität herrscht trotzdem. Was ja schließlich auch gut ist, denn es zeigt, dass einem das alles nicht egal ist. Wir werden natürlich in näherer Zukunft noch mehrere Gigs spielen. Da schauen wir einfach mal, was auf uns zukommt.

Kann man nach 20 Jahren – ungefähr so lange gibt es euch ja schon, glaube ich – noch von musikalischen Einflüssen sprechen? Welche Bands oder Stile haben euch da über die Jahre hinweg geprägt?

Chris: Das ist eine Frage, die jeder nur individuell beantworten kann. In meinem Fall gibt es zeitlose Bands, die mir natürlich noch immer gefallen, aber die ich mir nicht mehr jeden Tag anhören kann. Der Sound und die Musik haben sich mittlerweile stark geändert. Es gibt zwar Retro-Tendenzen im Metal, aber sowas ist dann auch nicht von Dauer. Wenn man nach vorne blickt, dann gibt es im Core-Bereich durchaus interessante Acts, die sich die Seele aus dem Leib spielen und mit einer musikalischer Raffinesse vorgehen, die ihresgleichen sucht.

Findet ihr es nervig mit anderen Bands verglichen zu werden, oder ist das manchmal auch hilfreich?

Chris: Für mich selber waren Vergleiche immer nervig. Man sieht sich selbst immer als Individuum und nicht als billige Kopie. Aber für Hörer ist es sicher von Vorteil, wenn sie in einem Review lesen, um was es etwa geht und was sie erwarten können. Manchmal muss ich jedoch schmunzeln, welche abstrusen Vergleiche Journalisten so einfallen. Aber das Schöne an der Kunst ist doch, dass jeder eine andere Herangehensweise hat.

 


Das Cover von "Reborn".

 

Wenn ihr jemandem nur einen einzigen Song von euch vorspielen dürftet (egal ob alt oder neu) – welcher würde das sein, und warum genau dieser?

Chris: Mir persönlich gefällt „Reign Supreme“ sehr gut. Der Song ist kompakt, treibt nach vorne und strotzt nur so vor Energie. Das wollen wir auch vermitteln.

Last but not least: gibt es etwas, das ihr euch für die Zukunft unbedingt wünschen würdet – etwa eine Zusammenarbeit mit jemandem Bestimmten, oder andere Arten von (musikalischen) Möglichkeiten, die sich auftun?

Chris: Gute Frage, da hab ich noch gar nicht darüber nachgedacht. Den Musikhimmel zu erobern, daran glaube ich nach all der Zeit nicht mehr. Da gelten andere Regeln, die mit Kreativität und Kunst nicht viel zu tun haben, sondern nur mit Geld. Und das ist absolut nicht unsere Welt. Für die nähere Zukunft wünsche ich mir mal einige Konzerte. Es ist einfach ein geiles Gefühl, wenn man mit den Fans in Kontakt kommt. Ich würde jetzt „therapeutisch“ sagen, aber wir sind doch alle total normal!

Wollt ihr noch ein paar Worte an unsere Leser richten?

Chris: Ich dachte, ich habe eh schon genug gefaselt, aber ein paar Worte habe ich schon noch: Kauft SUNTERRA-CDs, wenn ihr auf den Geschmack gekommen seid. Wenn nicht … dann kauft sie trotzdem! That’s all, folks. Danke für die Aufmerksamkeit.

Vielen Dank Chris, dann wünschen wir viel Erfolg mit eurer CD und auch bei euren nächsten Auftritten!


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