Interview: STEELWING - Alex Vega

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Es gibt zwei Möglichkeiten - entweder wir verlieren all unsere Fans oder wir erreichen mit "Reset, Reboot, Redeem" neue Schichten.

Die Schweden von STEELWING standen bislang für knackigen Heavy Metal, der auch stolz in den Power-Bereich ragte. Im Stormbringer-Talk erklärt Gitarrist Alex Vega aber, warum man sich mit dem neuen Album dringend neu erfinden musste.

Veröffentlicht am 25.11.2015

"Lord Of The Wasteland" war vor fünf Jahren ein Debüt der Extraklasse. Die blutjungen Schweden von STEELWING vereinten dort alle guten Facetten des traditionell ausgerichteten Heavy Metal und hatten auch keine Berührungsängste mit dem Power Metal. Nach dem divers aufgenommenen "Zone Of Alienation", konstanten Labelproblemen und dem endgültig Rauswachsen aus der musikalischen Pubertät war es aber Zeit für einen Stilbruch. Das brandneue "Reset, Reboot, Redeem" klingt nun postapokalyptisch, punkig, leckt genüsslich an den metallisch-kalten Kanten des Thrash-Stahls und wird unter Garantie so manch alten Hardcore-Fan kopfschüttelnd und verstört zurücklassen. Vor ihrem Gig mit den Landsmännern NOCTUM im Wiener Escape Metalcorner, haben wir uns mit Gitarrist Alex Vega zu einem ausführlichen Gespräch zusammengesetzt und uns nach Ursache und Gründe für den eklatanten Stil- und Imagebruch erkundigt. Zudem gab noch zahlreiche andere wichtige Dinge zu erklären. Etwa wie Alex die Welt innerhalb eines Tages als Gott verändern würde, warum er mit IRON MAIDEN und METALLICA schon längst nichts mehr anfangen kann und weshalb der Gap zwischen HAMMERFALL und DARKTHRONE doch geringer ist, als man vielleicht ahnen würde. Gefehlt hat an diesem glorreichen Abend eigentlich nur des Fröweins bärtige Torpedo-Hälfte Baumgartner, der es kurzfristig grippebedingt vorzog, in Hauspatschen schlüpfend Früchtetee mit Honig zu genießen, als dem harten Stahl zu huldigen. Aber wie heißt es schön? "Ois geht halt net" - die grandiosen Fragen des allseits beliebten Redaktions-Talibans wurden natürlich trotzdem gestellt. Was für DORO gilt, gilt schließlich auch für den Sturmbringer: "All we are / all we are, we are / we are all / all we need".

Alex, unlängst erschien euer drittes Studioalbum „Reset, Reboot, Redeem“ und der Titel klingt schon einmal ordentlich nach Veränderung und neuer Perspektive.

Das stimmt schon, das ist auch unser Ziel. Wie es die Leute auffassen, das werden wir sehen, aber wir wollten unbedingt etwas Neues machen. Wir hatten eigentlich die Schnauze voll vom bisherigen Sound und haben daher viel Zeit investiert, um einen Sound zu finden, zu dem wir heute stehen können. Wir sind überzeugt davon, dass uns das gelungen ist und du und alle anderen das Album mögen. Es zeigt uns von einer dunkleren, misanthropischeren Seite, da wir als Hauptthema die Menschheit der Zukunft gewählt haben.

Warum hattet ihr denn genug von eurem alten Sound, denn eure beiden Alben „Lord Of The Wasteland“ und „Zone Of Alienation“ waren beide mehr als erfolgreich?

Gute Frage, das ist schwer zu sagen. Zur damaligen Zeit waren wir sehr glücklich damit, aber etwa ein Jahr nach „Zone Of Alienation“ kamen wir drauf, dass das nicht so ganz unser Weg sein dürfte. Wir haben uns gefühlt, als ob wir nur mehr für andere Menschen spielen würden und nicht mehr für uns selbst. Es war schon wie eine Maske, die wir uns überstülpten. Wir haben dann eine längere Pause gemacht und auch die Touraktivitäten stark nach unten geschraubt, um konzentriert daran arbeiten zu können, die richtige Energie für den neuen Weg zu finden. Die Hälfte der kommenden Songs sind tatsächlich schon bis zu drei Jahre alt, aber wir haben sie mehrmals stark verändert, bis sie so wurden, wie es uns eben wichtig war. Der Rest passierte dann im gewöhnlichen Songwriting-Prozess. Wir sind sehr zufrieden mit dem Gesamtpaket.

Den Titeltrack habt ihr schon im Vorfeld auf YouTube gestellt und dafür, sagen wir mal durchaus gemischte Kritik geerntet. Der Song ist doch düsterer und bedrohlicher als alles, was man bislang von euch kannte.

Eigentlich haben wir noch mehr Gegenmeinungen erwartet. Ich denke, ein großer Teil unserer Fans ist eher konservativ ausgerichtet und will nicht unbedingt Veränderungen von uns hören. Das limitiert natürlich Musiker und gefällt uns nicht so besonders. Wir wollen genauso experimentieren wie viele unserer Helden. Hör dir doch zuerst mal das erste JUDAS PRIEST-Album an, dann das dritte und dann das siebente – das sind massive Veränderungen in allen Bereichen. Wir wollten uns nicht in eine Ecke drängen lassen, nicht mehr nur eine traditionelle Heavy-Metal-Band sein, auch wenn wir uns davon nicht ganz lösen werden. Wir wollten uns einfach etwas mehr von anderen Bands emanzipieren, von diesem Trend, der ja mitunter vorherrscht.

Du rechnest also sowieso damit, dass so manch alter Fan abspringen wird, dafür aber neue ins Boot geholt werden können?

Möglicherweise, dieses Opfer müssen wir wohl riskieren. Es gibt zwei Möglichkeiten – entweder wir verlieren alle, oder wir erreichen völlig neue Schichten und können die alten behalten. Ich finde das Album großartig, aber es braucht mehr Durchläufe, es ist einfach härter und dunkler, die Produktion ist komplett anders. Man braucht vielleicht länger, um den richtigen Zugang zu finden. Wir sind roher und authentischer und die Drums sind komplett live aufgenommen.

Der Produzent ist niemand Geringerer als die schwedische Death-Metal-Legende Fred Estby. Das habe ich schon im Vorfeld interessant gefunden, dass ausgerechnet er euch produzierte.

Das hat sich wahrscheinlich niemand erwartet. (lacht) Er hat aber sehr viele tolle Alben von Bands produziert, die wir selbst mögen. Es ist wohl mehr eine Überraschung für die Fans als für uns, dass wir mit ihm zusammenarbeiteten. Anfangs wussten wir gar nicht, ob er uns überhaupt nehmen würde, aber alles hat gut geklappt.

Du hast schon im Vorfeld vermeldet, dass auf „Reset, Reboot, Redeem“ Einflüsse von Death Metal, Thrash Metal, Punk und sogar Hardcore zu verorten sind. Wolltet ihr wirklich bewusst aus eurer „Hit-Zone“ ausbrechen?

Die Einflüsse waren schon immer da, aber nicht so offensichtlich wie jetzt. Unser Sänger Riley und ich haben alle Songs geschrieben, ich hauptsächlich die Musik. Ich fand, dass unser Debütalbum „Lord Of The Wasteland“ wesentlich kreativer war als der Nachfolger, mir war also wichtig, die Kreativität wieder zurückzugewinnen. Ich habe mich eine Zeit lang zu stark auf die Melodien konzentriert und dadurch das Experimentelle zurückgestellt. Innerhalb der letzten sechs Jahre haben sich auch meine Einflüsse entwickelt und ich habe neue Inputs bekommen. Man muss auch zwischen den Noten hören. Du wirst vielleicht keinen Thrash-Song bei uns herausfiltern können, aber sicher auch nicht mehr den geradlinigen Heavy Metal, den du davor kanntest. Klingt ein bisschen kompliziert, aber am Ende entscheidet der Hörer.

Die neuen Einflüsse vermischt mit Fred Estby bedeutet für mich im Umkehrschluss, das vierte Album wird ein Death/Thrash-Bastard.

Ich glaube so weit würden wir nicht gehen, aber in die Richtung hin experimentieren ist sicher realistisch. Wir wollen keinesfalls nach einer Kopie einer anderen Band klingen, das ist die Hauptsache. Wir wollen in diesem Band-Dschungel unseren eigenen Weg finden. Ich kann die Zukunft nicht voraussagen, aber wir fokussieren uns jetzt einmal darauf, das kommende Album ordentlich zu promoten.

Ist es dann nicht wie ein Fluch, dass ihr die jetzt doch eher ungeliebten alten Songs dauernd live spielen müsst?

Das ist es in gewisser Weise wirklich und deshalb haben wir die gegenwärtigen Setlists auch schon mit neuen Nummern gespickt. Die üblichen Songs zu spielen, das nervt mich schon lange. Unser Set sollte einfach mit dem neuen Gefühl der Band und dem neuen Sound zusammenpassen. Wenn das neue Album herauskommt, dann können wir uns noch freier bewegen. Jedenfalls werden wir verstärkt das erste Album spielen und weniger „Zone Of Alienation“. Ich hoffe nicht, dass das die Leute nicht zu sehr verärgert und sie trotzdem eine gute Zeit mit uns haben. Wir sind kein Gesangscontest. (lacht)

Was war denn ausschlaggebend dafür, dass ihr eurem ohnehin schon postapokalyptischen, lyrischen Szenario noch mehr Menschenfeindlichkeit und Dunkelheit in den Texten und Riffs beigemengt habt?

Wir sind wahrscheinlich noch postapokalyptischer als davor. Riley schreibt die Texte und er kann eigentlich nur über Science-Fiction, die Zukunft und den Untergang der Menschen schreiben. Sein Lieblingsthema ist, wie die letzten überlebenden Menschen gegen die Allmacht der Maschinen ankämpfen. (lacht) Er schreibt immer komplexer und durchdachter, wirklich neu wird das nicht sein. Es ist im Prinzip eine Weiterführung unseres Konzepts. Er hat eine ziemlich realistische Weise, mögliche Vorkommnisse wiederzugeben. Er schreibt wirklich interessant und tiefgründig.

Posen für die Postapokalypse - STEELWING erfinden sich in allen Bereichen neu (c) Erik Berggren

Werdet ihr da nicht von realen Problemen eingeholt und inspiriert? Naturkatastrophen, mangelnde Ressourcen, das Flüchtlingsproblem etc.?

Es beeinflusst die Band insofern, als das die Welt ein immer dunklerer Platz zum Leben wird. Andererseits ist das aber etwas Natürliches, wir schreiben eher über fantastische Dinge, über Nuklearkriege und künstliche Intelligenz, die die Welt übernimmt. Wobei auch das nicht so unrealistisch ist, nur noch weiter entfernt. Das Flüchtlingsproblem ist immanent, aber es inspiriert mich nicht für STEELWING.

Wie siehst du die wirkliche Zukunft der Menschheit aus heutiger Perspektive?

Ehrlich gesagt, sehe ich gar keine richtige Zukunft. Ich denke, wir schaufeln uns unser eigenes Grab, das ist das Interesse aus der Sicht eines Songwriters. Dass wir so dumm sind, alle Warn- und Alarmsignale zu ignorieren und immer weiter und weiter zu machen. Wir versuchen immer das Licht am Ende des Tunnels zu greifen und bemerken dabei nicht, dass der Tunnel immer schmäler wird. Ich glaube nicht, dass die Welt untergeht während ich noch lebe, aber ich bin überzeugt davon, dass das insgesamt nicht mehr aufzuhalten ist. Ich sehe wenig Licht für die Menschheit.

Ich finde das Ölgemälde, das ihr als Artwork für „Reset, Reboot, Redeem“ gewählt habt, wundervoll.

Tatsächlich? Dankeschön! Bislang haben wir noch wenig positives Feedback darauf bekommen. (lacht)

Man sieht darauf einen Totenschädel vor einer brennenden Stadt herumkullern. Steckt da die Botschaft „jede Hoffnung ist vorbei“ dahinter?

Mehr oder weniger. Ich glaube, es spricht für sich selbst, es ist schwer zu erklären. Das Albumcover sollte wiederspiegeln, dass die Menschheit gefallen ist und wir jetzt eben die Chance haben – siehe Albumtitel – alles zurückzusetzen, neu hochzufahren und unsere Verfehlungen zu tilgen.

Auf dem Album habt ihr mit „Och världen gav vika“ („And The World Collapsed“) einen Song auf Schwedisch eingesungen. Warum denn genau jetzt und werdet ihr damit fortfahren?

Wir haben schon vor fünf Jahren darüber nachgedacht, aber es erst jetzt endlich umgesetzt. Die alten Songs auf Schwedisch waren auch nicht gut genug. Dieses Mal hat es gepasst und die Lyrics waren cool genug, um Musik darum aufbauen zu können. Am Ende wurde es ein dunkler, harter Thrash-Song. Vielleicht machen wir wieder so etwas, Rileys Stimme funktioniert auf Schwedisch meiner Meinung nach noch besser als auf Englisch. Ich hätte kein Problem damit und liebe schwedischen Heavy Metal. (lacht)

Es ist natürlich schwerer, eure Botschaften in dieser Form global zu verstreuen.

Das stimmt, aber Riley klingt irgendwie viel verzweifelter, wenn er auf Schwedisch singt und das meine ich ganz positiv. (lacht)

Wenn du für einen Tag lang Gott sein könntest, wie würdest du die Erde zu einem besseren Platz machen?

Eine sehr interessante Frage. (überlegt ewig) Ich glaube an keinen Gott, aber eine überragende Kraft, die Gedanken aller Lebewesen steuern kann. Möglicherweise würde ich die Machtverhältnisse zwischen den armen und den reichen Menschen vertauschen und schauen, wie es endet. Wohl ziemlich chaotisch. (lacht) Vielleicht würden die armen Menschen als reiche dann auch ihre Empathie verlieren und skrupellos regieren? Wie wäre es, wenn die armen Menschen aus Afrika die Welt regieren würden? Das wäre doch ein interessantes Szenario. Würde ich mir etwas aussuchen können, würde ich alle Religionen entfernen. Auch das könnte im totalen Chaos enden, die Leute mögen so etwas ja. Ich würde nur beobachten, keine Ahnung wie das enden würde, aber das wäre spannend.

Wie wichtig ist euch das Image neben der Musik, um den Menschen die volle Dosis STEELWING zu liefern?

Sehr wichtig. Wir versuchen diese postapokalyptische Heavy-Metal-Maschinerie auch visuell und kleidungsmäßig umzusetzen. Wir beziehen auch viel Inpiration von „Mad Max“ oder der Band PLASMATICS. Davon haben wir viel gelernt und wir wollen uns wirklich emanzipieren, den Power-Metal-Stempel von uns abwischen und uns selbst frisch definieren. Wir wollen etwas mehr als Punk- oder Thrash-/Heavy-Metal-Band wahrgenommen werden. (lacht)

Von HAMMERFALL zu DARKTHRONE – oder so?

Die HAMMERFALL-Vergleiche mussten wir immer schon erdulden, das habe ich schon früher nie verstanden. Außerdem waren wir musikalisch nie so ausgereift wie die Jungs. (lacht) HAMMERFALL haben auch ein Konzept, nach dem sie ihr Image angleichen. Das sind Nachtkrieger oder so etwas in der Art, aber es gibt jedenfalls ein Image bei ihnen. (lacht)

Ihr bezeichnet eure beiden Gitarren selber gerne als „Twin-Guitar-Blitzkrieg“ und mit THIN LIZZY, IRON MAIDEN, QUEENSRYCHE und Co. gibt es unzählige Bands, die die Musikwelt damit revolutionierten. Hast du persönliche Favoriten darunter?

IRON MAIDEN war natürlich immer meine Lieblingsbands, aber das Thema an sich interessiert mich nicht so sehr. Ich schaue immer, ob eine Melodie alleine gut klingt und wenn sie passt, dann kann ich darauf achten, ob eine zweite Gitarre dazu funktioniert oder die Melodie verstärkt. Viel mehr Magie ist da nicht dahinter, sorry, falls dich diese Antwort jetzt enttäuscht. (lacht)

Passt schon – haben du und dein Gitarrenpartner Ricky Rockbag so eine Art Schwanzvergleich, wenn ihr auf der Bühne durch die Gegend shreddert? Wer denn jetzt besser und cooler ist?

Nein, das war noch nie so bei uns. (lacht) Wir sind auch total unterschiedliche Gitarristen, jeder macht sein Ding auf der Bühne und jeder kann Sachen, die der andere nicht kann. Es ist einfach eine gute Ergänzung und die ergibt sich live durch das richtige Feeling. Ich muss noch immer über die Twin-Gitarren-Bands nachdenken. Gibt’s ja nicht, dass mir da keine Lieblingsband einfällt. THIN LIZZY oder WISHBONE ASH vielleicht, vor allem ihre Frühwerke.

Habt ihr sonst irgendwelche Wettbewerbe? Wer trinkt mehr Bier, wer schleppt mehr Mädels ab, wer furzt am lautesten?

(lacht) Das hatten wir mal, aber eher mit anderen Bands als untereinander auf Tour. Heute ist aber nur mehr einer von uns Single, da ist das mit dem Mädelsabschleppen nicht mehr so einfach. Wenn es um die Performance geht hoffe ich natürlich, dass wir möglichst gut sind. Das ist aber kein Wettbewerb, wir geben einfach jeden Abend mehr als 100 Prozent – mehr geht nicht.

Ungebrochen zu 100 Prozent vom Metal infiziert, fordern STEELWING eine musikalische Live-Revolution (c) Steelwing

Sehr viele Bands, vor allem auch aus Schweden, berufen sich heute stark auf den typischen 80er-Sound, STEELWING sind da natürlich ganz vorne dabei. Was war denn so magisch an diesem Jahrzehnt, warum spielt ihr Metal mit der Seele dieser Zeit?

Damals gab es einfach eine ganz frische, neue Bewegung im Metal und das meiste davon war noch nicht zu kompliziert aufgebaut. Die Bands von damals haben die 70er-Bands nicht kopiert, sondern sich bestimmte Dinge herausgepickt und diesen Sound besser, schneller und härter gemacht. Es war einfach eine prägnante Evolution in der Musik und ich bin der fixen Meinung, dass man heute nur mehr alles schlechter machen kann, weil es ohnehin nichts mehr zu entwickeln gibt. Das ist vielleicht auch der Grund, warum viele Bands sich so stark an die 70er- oder 80er-Jahre, ja, sogar 90er-Jahre anlehnen. Unglücklicherweise haben sich mit IN SOLITUDE und MORBUS CHRON zwei meiner Lieblingsbands dazu entschlossen, ihre Karriere zu beenden. Ein massiver Verlust für die Musikwelt, denn beide haben einen sehr guten Pfad gefunden.

Vor allem das letzte MORBUS CHRON-Album „Sweven“ war wirklich einzigartig.

Diese beiden Bands haben mich auch dazu inspiriert, Musik zu machen und ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass beide irgendwann wiederkehren.

Vorerst müssen halt STEELWING die Lücke schließen.

Das wird aber verdammt schwer. (lacht) Wir spielen ja ganz andere Musik, aber ich sehe mit Wohlwollen, wohin sich die Szene derzeit bewegt. Als wir 2009 begannen, war irgendwas alles gleich gestrickt und wenig innovativ. Jetzt versuchen schwedische Bands aber die Vorreiter-Rolle im Heavy Metal einzunehmen und erschaffen rundum eigene Identitäten. Alles ist viel spannender geworden. Selbst das erste Album von IN SOLITUDE klang anfangs mehr wie MERCYFUL FATE und entwickelte sich dann Richtung Gothic. Dieser Weg hat uns sehr inspiriert. Eben einen total anderen Weg einzuschlagen und trotzdem wirklich gut zu sein.

Wenn du ein bestimmter Musiker für einen Tag sein könntest, wer wäre das und warum?

Schon wieder so eine gute Frage, du machst es mir heute nicht leicht. (lacht) Ich wäre gerne Dave Mustaine in der „Rust In Peace…“-Ära, weil er damals am Höhepunkt seiner Karriere war. Außerdem hat er eine einzigartige Geschichte. Er war ja nicht nur bei METALLICA, sondern ist auch der König der Riffs. Ein Tag er sein, wäre fein, auch wenn ich meine Meinung in einer Woche vielleicht wieder ändern würde.

Wer wird deiner Meinung nach die großen Metal-Festivals headlinen, wenn METALLICA, IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST und Co. wirklich einmal in Pension gehen müssen?

Es gibt Unterschiede zwischen wer sollte und wer wird solche Festivals headlinen. (lacht) Ich befürchte, dass es Bands werden, die ich mir nicht anhöre, aber wenn ich es mir aussuchen kann, dann sollten das ENFORCER machen. Sie hätten sich die größeren Bühnen längst verdient, aber leider sieht es derzeit nicht danach aus. GHOST wären auch eine Variante dafür, die würden gut in die Headliner-Schiene passen. GRAVEYARD fallen mir auch noch ein. Wenn die Leute aufhören würden, den großen Bands das Geld in den Rachen zu werfen und stattdessen engagierte und talentierte junge Bands zu unterstützen, würde die Wachablöse schneller vonstattengehen. Dass die Leute behaupten, die letzten Alben von METALLICA und IRON MAIDEN wären die besten seit 15 Jahren sagt doch ohnehin alles. 15 Jahre voller Scheißveröffentlichungen – das ist ja keine Leistung. MORBUS CHRONs letztes Album war mit Sicherheit besser als alles, was die „großen“ Bands 15 Jahre lang gemacht haben. Wenn sich die Leute darauf konzentrieren würden, wäre für die gesamte Szene auch mehr Ausgewogenheit gegeben.

Aber als Fan von bestimmten Bands kauft man die neuen Alben doch ohnehin immer blind. Das ist bei dir sicher nicht anders.

Ich kaufe keine neuen Alben von den "großen Alten", ich supporte die nicht mehr. Damit habe ich aufgehört, ich gebe mein Geld lieber für spannende junge Acts aus. Die Ära der Alten ist vorbei, sie waren lange genug an der Spitze und – wie du selber schön gesagt hast – leben nur mehr so erfolgreich, weil ihnen die Leute aus Nostalgiegründen blind folgen. Ob die Performance heute schlecht ist oder nicht, ist ihnen egal, sie supporten sie trotzdem. Ich gehe lieber zu kleinen Konzerten, weil ich ein Teil sein will, der die Brücke zwischen den kleinen und großen Bands schlägt, sie näher zusammenbringt. GRAVEYARD, HORISONT, ENFORCHER, BLACK TRIP, DEAD LORD – die hätten es alle verdient.

Ganz zufällig zählst du da jetzt nur schwedische Bands auf.

(lacht) Das ist ja automatisch so bei der Masse an Bands, die dauernd um mich herumschwirren. Bis es WATAIN gab hätte ich mir etwa niemals denken können, dass selbst Black Metal einmal kommerziell werden würde. Diese Jungs können wirklich alle Level erreichen, die Möglichkeit wäre da.

DISSECTION hätten das meiner Meinung auch schaffen können, aber Jon Nödtveidt hat sich tragischerweise zu früh aus dem Leben gepustet.

Da ist was Wahres dran. Beeindruckend finde ich auch, dass BEHEMOTH mittlerweile wirklich große Festivals headlinen. Die Szene muss sich einfach ändern, die Leute müssen einfach ihre Bands unterstützen. Natürlich wird das Loch automatisch gefüllt werden, aber wenn die Leute wirklich gute Bands als Headliner wollen, dann stehen sie auch in der Verantwortung, sie zu unterstützen. Von vorneweg. Man muss auch aktiv was dafür tun und nicht darauf warten, dass sich alles ergibt, das hilft nie im Leben. Wenn Bands in eurer Stadt sind, geht gefälligst hin. Die fahren durch ganz Europa oder kommen von noch weiter her, um vor wenigen Leuten zu spielen. Das ist nicht einfach und oft auch sehr teuer – umso wichtiger wäre es, möglichst viele Leute bei den Konzerten zu sehen.


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