Interview: SLAYER - Paul Bostaph

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Vielleicht ist „South Of Heaven“ unter den vieren aber die rundum gelungenste Scheibe.

SLAYER sind Metal-Legenden und dürfen sich - Widerspruch ist ausgeschlossen - zweifelsohne zu den eindruckvollsten Metal-Bands dieses Planeten zählen. Auch wenn Arayas Tochter die neuen Songs eher "meh" findet, war es im Zuge ihrer "Repentless"-Promo durchaus eine Ehre, zur Audienz geladen zu sein.

Veröffentlicht am 17.11.2015

Auch wenn mich einige nun einzuliefern gedenken: Wenngleich natürlich das höllische und das himmlische, sowie das blutige und das Album des Abgrundes die wahren Meilensteine von SLAYER sind, so steht bei mir auch "Divine Intervention", das Banddebüt von Paul Bostaph, hoch im Kurs. Natürlich ist Dave Lombardo der SLAYER-Schlagzeuger. Jedoch überzeugte sein Nachfolger nicht nur später bei Thrash-Giganten wie EXODUS ("Shovel Headed Kill Machine") und TESTAMENT ("The Formation Of Damnation"), sondern zuvor auch bereits bei FORBIDDEN, die mit "Twisted Into Form" dereinst ebenfalls ein Machtwerk vorlegten. Man mag zu den "späteren" SLAYER stehen wie man will: Man mag die Punk-Scheibe "Undisputed Attitude" zum Grausen finden, man mag von mir aus auch auf den Post-"Seasons In The Abyss"-Alben die Übernummern missen oder das durchgehende Qualitätslevel als zu niedrig erachten. Für viele mag die Band auch mit dem Tod von Jeff Hanneman gestorben sein. Alles Sichtweisen, die ich, wenngleich auch nicht verstehe, so zumindest akzeptiere. Undiskutabel ist jedoch: Auf allen Alben, für die sich Paul Bostaph verantwortlich zeichnet, hört man vor allem auch eins: einen arschtighten, wieselflinken Schlagzeuger, der nicht bloß so tut als ob. Und "Divine Intervention" war nicht nur wegen des Songmaterials so gut ("213"!, "SS-3"!, "Dittohead"!, "Sex. Murder. Art"! und, und, und) - sondern auch deswegen, weil es auch mein SLAYER-Debüt war und meine Mutter mich das erste Mal mit einem Kopfschütteln fragte, ob ich nun "endültig teppert" geworden bin. Bis dahin wusste sie noch nichts von CANNIBAL CORPSE...
Lange Rede, kurzer Sinn und biografischer Autorenschwachsinn außen vor: Es war Stormbringer eine große Ehre, im Zuge ihres Wien-Auftrittes eine kurze Audienz mit Paul Bostaph gestattet bekommen zu haben. Eine Audienz, die mit ein paar netten Anekdoten aufgewertet wurde und Paul nicht nur von seiner spielerisch talentierten, sondern auch menschlich überaus sympathischen Seite zeigte. (Stefan Baumgartner)


Stefan Baumgartner: Wenn ich richtig informiert bin, dann war dein erstes Instrument, das du besessen hast, ein Bass. Schnappst du dir manchmal im Proberaum den von Tom und zupfst ein bisschen herum?

Nicht ganz – es war das erste Instrument, an dem ich mich versuchte, oder besser: versuchen wollte. Aber ich bin relativ rasch zum Schlagzeug gewechselt. Ich wusste, singen kann ich nicht. Das wäre halt für einen 15-Jährigen am billigsten gewesen, und ich wollte unbedingt in eine Band. Eine gebrauchte Gitarre oder ein Bass hätten mich damals um die 250 Dollar gekostet, für mein erstes Schlagzeug habe ich dann nur 55 Dollar löhnen müssen. Kaum hatte ich das Teil erstanden, war ich schon in einer Band. Nicht, weil ich so gut war, sondern weil ich zumindest ein Schlagzeug hatte (lacht). Ich glaube nicht, dass ich in den letzten Jahren jemals wieder auch nur zum Spaß einen Bass in der Hand gehabt hätte, nein. Dafür besitze ich schon länger eine Gitarre und schreibe daheim an ein paar eigenen Songs rum. Und nein, du brauchst nicht nachfragen… (lacht).

 

Robert Fröwein: Ergo stellst du dir auch niemals die Frage, was wäre, wenn du nun als Bassist bei SLAYER tätig wärst?

Wäre ich Bassist, würde ich wohl nicht bei SLAYER sein. Wie soll ich da an Tom vorbeikommen (lacht)? Aber klar – rein hypothetisch wäre es natürlich interessant. Ich habe immer gesagt, dass die Bandkollegen, die an der Front stehen, den größten Spaß haben. Sie kriegen allabendlich den Jubel der Fans ab und können ihre Egos damit füttern. Als Drummer gebe ich zwar den Rhythmus vor, bin aber immer versteckt.

 

SB: Erinnerst du dich eigentlich an den Moment, als du das erste Mal mit SLAYER in Berührung kamst?

Das war mit „Hell Awaits“. Ich spielte damals bei FORBIDDEN, allerdings hießen wir da noch FORBIDDEN EVIL. Robb Flynn von MACHINE HEAD war auch mit von der Partie und ich erinnere mich noch genau, dass er eines Tages die Scheibe mit zur Bandprobe brachte.

 

SB: Für eine Vielzahl ist wohl „Reign In Blood“ das SLAYER-Meisterwerk, andere erwählen vielleicht „Seasons In The Abyss“ oder „South Of Heaven“. Was ist dein persönlicher Favorit?

Da tue ich mir sehr schwer, ich finde alle Scheiben auf ihre eigene Art und Weise toll. Ich liebe „Seasons In The Abyss“, aber ich würde sagen, dass alle Alben von „Hell Awaits“ bis „Seasons In The Abyss“ auf einer Ebene stehen, wirklich fantastische Alben sind. Vielleicht ist „South Of Heaven“ unter den vieren aber die rundum gelungenste Scheibe.

 

RF: Ein Freund von mir hat gesagt: Je langsamer ein SLAYER-Song ist, umso aggressiver und bedrohlicher klingt er. „South Of Heaven“ ist ein gutes Beispiel dafür - siehst du das genauso?

Ich verstehe, was du meinst und kenne auch den Ursprung dahinter: Wir alle können uns noch gut an das Jahr 1986 erinnern, als die Jungs mit „Reign In Blood“ das bis heute schnellste und aggressivste Metal-Album der Geschichte geschrieben haben. Jeder dachte sich damals: „Wo wollt ihr jetzt hin? Wie soll das weitergehen?“ Man konnte nicht mehr härter und schneller werden, nicht einmal die blastenden Death-Metal-Bands klangen so brutal. Und dann, zwei Jahre später, die Überraschung - der erste Song auf dem nächsten Album war „South Of Heaven“. Langsam, schwer, dreckig, angsteinflößend. SLAYER haben sich auf einem großartigen Weg neu erfunden und ich persönlich finde, dass die langsameren Stücke wesentlich mehr Eindruck hinterlassen. Die Energie dahinter ist einfach unvergleichlich, auch das Gefühl für uns, als auch für die Fans ist ganz ein anderes. Ich kann das schwer erklären, aber das eher langsame „Hell Awaits“ zu spielen ist für mich intensiver, als schnell mal eine Nummer runterzuklopfen.

 

SB: Es gab dereinst im Rock Hard von deinem Vorgänger Dave Lombardo die berühmte Aussage, dass das Spiel für SLAYER damit vergleichbar wäre, vor einer Horde Nazis zu flüchten. Wie würdest du deine Gemütsstimmung beschreiben, wenn du durch ein Set „marschierst“?

Ich tue mir schwer, da irgendwelche „Emotionen“ reinzulegen, auf der Bühne denke ich nicht nach, sondern konzentriere mich allein auf mein Spiel.

 

Stormbringer und Paul Bostaph

 

SB: Du hast im Laufe der Jahre für gleich drei der Thrash-Giganten gespielt: SLAYER, EXODUS und TESTAMENT. Wo waren die unterschiedlichen Herausforderungen bei jenen?

Bei EXODUS war die größte Herausforderung, Tom Huntings Drumparts zu spielen. Tom hat einen sehr, sehr einzigartigen Stil, eine sehr eigene Identität. Wenn du dir „Bonded By Blood“ anhörst – das ist eine der besten Schlagzeug-Leistungen, die ich je gehört habe. Ich liebe das Album. Dies zu kopieren oder nachzuahmen war eine gigantische Herausforderung. Bei TESTAMENT war es definitiv, mit Eric Peterson zusammen zu arbeiten. Er hat eine sehr klare Vorstellung von dem, was er will, wie das Schlagzeug in jedem Moment zu klingen hat. Da hast du keinen Spielraum – er schreibt nicht nur die Riffs, sondern gewissermaßen auch die Drumparts dazu. Ich als Schlagzeuger hatte hie und da andere Ansichten, wie etwas besser funktioniert hätte, aber eine Demokratie herrscht da nicht (lacht). Damit umzugehen war ab und an schon schwer. Bei SLAYER ist es ganz klar, dass ich mein Level erst hochschrauben musste, um gut genug für diese Band zu sein – und natürlich, Daves Parts zu beherrschen, gleichzeitig aber auch sukzessive meine eigene Identität einfließen zu lassen.

 

SB: Ließest du Eigenarten der einzelnen Bands, in denen du gespielt hast, dann schließlich auch bei SLAYER einfließen? Oder anders: Findet man beispielsweise Hunting-Momente bei SLAYER?

Das ist tatsächlich eine hochinteressante Frage, weil die habe ich mir auch schon oft gestellt (lacht). Ich nehme sicher nicht explizit gewisse Muster von einer Band zur anderen, aber wenn du schon das Glück wie ich hast, für derartige Granden wie TESTAMENT, EXODUS und SLAYER zu spielen, dann wärst du dumm, wenn du nicht im gemeinsamen Arbeitsprozess auch dazulernen würdest und demnach durchaus dein eigenes Spiel schärfst, mit unterschiedlichen Charakteristika auflädst, bereicherst. Denn obwohl alle drei aus einem Genre kommen, sind sie doch grundverschieden – auch und gerade in ihrer Arbeitsweise. „Shovel Headed Kill Machine“ musste ich zum Beispiel in zwei Wochen lernen, bevor es ins Studio ging. Da konnte man nicht über ein Jahr hinweg an einzelnen Parts feilen, bis sie passen. Und da lernt man, für sich selbst schneller ans Ziel zu kommen – und das kannst du dann auch hervorragend umsetzen, obwohl du wie zum Beispiel bei SLAYER länger Zeit hast.

 

SB: Weil du das Album gerade angesprochen hast: „Shovel Headed Kill Machine“ war das letzte Studioalbum vor „Repentless“, auf dem du mit Gary Holt zusammengearbeitet hast. Ihr feiert dieses Jahr zehnjähriges Jubiläum.

Tatsächlich (lacht)? Bin ich wirklich schon so alt (rechnet nach)? Du hast wohl Recht. Ich bin gern mit Gary in einer Band, er ist ein verdammt guter Gitarrist, aber auch ein großartiger Songwriter und einer der nettesten Menschen, die ich kenne. Das war auch irgendwie schön, zu SLAYER zurückzukehren und nicht nur Tom und Kerry und „jemand anders“ im Team zu haben, sondern jemanden, mit dem und mit dessen Arbeitsweise man bereits vertraut ist.

 

RF: Seit 2013 bist du wieder als Schlagzeuger bei SLAYER engagiert, insgesamt bereits zum dritten Mal. Ist das nun das beste Mal?

Gute Frage, aber es gab eigentlich nie eine schlechte Zeit. Ich hatte nach den ersten beiden Malen meine Gründe, die Band zu verlassen, aber das hatte nichts mit der Kollegenschaft in der Band zu tun. Ich hatte immer Spaß in der Band und ich fühle mich auch heute gut darin. Ich bin glücklich darüber, dass sich die Möglichkeit jetzt noch einmal ergeben hat und werde den Bullen bei den Hörnern packen.

 

SB: Und doch: Du kennst SLAYER aus zwei unterschiedlichen Perspektiven – mit Jeff und mit Gary.

Ja, und da braucht man sich nichts vormachen: Jeff und Gary sind zwei grundverschiedene Menschen. Wenn bei so einem kleinen Zusammenschluss ein Viertel wegbricht und durch jemand anderes ersetzt wird, ändert das tatsächlich eine Menge. Nichts desto trotz ist SLAYER einst wie SLAYER heute eine geschlossene, gut funktionierende Einheit, die auch auf persönlicher Ebene funktioniert.

 

SB: Im Interview mit dem britischen Metal Hammer sagte Tom kürzlich, SLAYER sei nur mehr „half-SLAYER“. Was ist die Essenz? Könnte man Kerry oder Tom ersetzen?

Die Essenz von SLAYER ist die Musik, ganz einfach. Solange die Band die eigene Identität nicht verliert, existiert sie auch – ob die Fans den einen oder anderen Ausstieg, aus welchen Gründen auch immer, dann annehmen, ist eine andere Sache. Es gibt genügend Beispiele, bei denen zentrale Personen ausgetauscht wurden und es sich nach einiger Zeit sehr wohl eingependelt hat.

 

RF: Gitarrist Jeff Hanneman war bis zu seinem Tod 2013 für fast alle der größten SLAYER-Hits verantwortlich, zudem stand er Tom auch näher als Kerry. War das für das Songwriting für „Repentless“ ein Problem, das Araya und King sich eben weder künstlerisch, noch menschlich derart nahe stehen?

Es ist richtig, dass Jeff und Tom beim Austausch ihrer Ideen schneller einig oder eher auf einer Welle waren. Kerry ist auch eher die Person, die genau weiß was sie will und das knallhart durchzieht. Es war unheimlich schwer für uns zu verdauen, dass ein so guter Freund wie Jeff von uns gegangen ist. Das hat der Band natürlich nicht nur musikalisch, sondern vor allem menschlich zugesetzt. Früher hatten wir eben drei Songwriter mit verschiedenen Ideen, aber es hat alles gut geklappt - wenn auch manchmal schwieriger. Fakt ist aber, dass wir mit der veränderten Situation klarkommen müssen und das Beste daraus gemacht haben. Wir werden sehen, wie es weitergeht. Ich bin überzeugt davon, dass wir besser und besser werden.

 

SB: Was wenige wissen: Mit Kerry verbindet dich jedoch nicht nur die Band, ihr habt dereinst, in den frühen Neunzigern, sogar einmal gemeinsam gewohnt …

Ja, Kerry war ein sehr angenehmer Mitbewohner. Wir beide mögen Sport und hatten immer den Sportkanal laufen – Baseball, Football, ganz egal. Wir trafen uns auch oft mit einigen aus der Nachbarschaft bei uns im Innenhof, dort gab es einen Basketballplatz. Ich gehörte zwar nicht zu den besten Spielern, aber es machte immensen Spaß. Kerry hatte übrigens eine Katze namens Tut, die war nicht kastriert und hat alles angepinkelt. Das war ein bisschen enervierend (lacht).

 

Tom gibt an Showtagen zwar keine Interviews, scherzte dennoch zwischen Tür und Angel mit Stormbringer.

 

SB: SLAYER sind Teil der „Big 4“. Welche Bands würdest du als „Little 4“ zusammenfassen?

(lacht) Ich hoffe, ich werde, wenn unser Gespräch veröffentlicht wird, nicht von irgendwelchen Bands geschmäht, nur weil ich sie nicht genannt habe. Also mal überlegen… Dürfen es auch Bands mit einem Naheverhältnis zu mir sein?

 

SB: Natürlich. Du sitzt hier nicht vor Gericht.

(lacht) Also dann auf jeden Fall EXODUS und TESTAMENT. Wobei ich sagen muss, meine Perspektive ist aufgrund meiner Herkunft schon stark auf die Bay Area fokussiert, Deutschland hatte ja auch einige starke Thrash-Metal-Bands. Aber ich würde noch VIO-LENCE und FORBIDDEN hinzuziehen.

 

SB: SLAYER-Fans sind zweifelsohne überaus fanatisch – wir kennen das Bild aus dem Booklet von „Divine Intervention”. Kannst du das nachvollziehen?

Ob ich das nachvollziehen kann? Eindeutig: ja. Es liegt ja schon der Bezeichnung inne: Fans sind fanatisch. Verstehe ich es? Ebenfalls ein klares ja. Bin ich der Meinung, dass das schon ziemlich irre Ausuferungen annehmen kann? Oh ja und wie! Auf manche dieser Ideen käme ich nicht einmal. Bei einer Show 1994 oder 1995 in Sacramento fiel unserem Tourmanager ein Typ auf, der sich draußen vor der Halle gerade mit einer abgeschlagenen Bierflasche das Logo auf den Rücken ritzen ließ, das Bild haben wir dann für die „Serenity In Murder“-EP verwendet. Unsere Fans sind schon teilweise ziemlich verrückt (lacht) – aber eben auch sehr engagiert.

 


So sieht Fantum bei SLAYER aus.

 

SB: Aber sogar eine Koryphäe wie du wird wohl Momente haben, wo du dich als Fan fühlst?

(lacht) Klar doch! Ozzy Osbourne ist so eine Bezugsfigur für mich, aber auch Tony Iommi und Geezer Butler. Wenn ich zufällig auf die drei treffe, verschlägt es mir jedes Mal die Sprache, nach wie vor! Ich erzähle dir eine kleine Geschichte: Wir spielten 1999 am Ozzfest – gemeinsam mit ROB ZOMBIE, PRIMUS, natürlich BLACK SABBATH und ein paar anderen. Im Sommer ist es in Phoenix, AZ scheiße heiß – auch in der Nacht, als wir spielten. Nach der Show gehe ich also zurück Richtung Umkleide, ohne T-Shirt, mit umgehängten Handtuch – Tom knapp hinter mir. Im Augenwinkel sehe ich eine Gestalt – und mir schießt es ein: „Scheiße, das ist Ozzy!“ Ich drehe meinen Kopf gebannt langsam nach rechts, gehe aber weiter, Ozzy fiel auf, dass ich ihm einen Blick zuwarf, geht aber auch weiter – wir beide gehen also weiter, verdrehen dabei aber unsere Körper irgendwie komisch, weil wir uns weiterhin wie die letzten Volldeppen angaffen. Schließlich bleiben wir dann doch stehen, wenige Meter auseinander und mir rinnt nach der Show bei der Hitze natürlich der Schweiß wie Sau runter. Ozzy fragt: „Und, heiß auf der Bühne?“ Und ich wusste nicht, was sagen. Bei „Ja.“ bin ich ein Schwachmat, bei „Nein“ ein Lügner (lacht). Glücklicherweise half mir Tom mit einem „Ja!“ aus – Ozzy murmelte irgendwas und ging weiter, wir in unsere Umkleiden und ich war einfach nur peinlich berührt. Ich liebe BLACK SABBATH und Ozzy insbesondere über alles und hätte ihm echt gern einfach nur vor lauter Euphorie und Freude „Mann, ich liebe dich!“ ins Gesicht gebrüllt, aber dann hätte er mich sicher von seinen Securities abführen lassen (lacht). Ich weiß, irgendwann zerreißt es mich noch neben Ozzy und dann haben wir die Sauerei …

 

SB: Ich hörte, dass sowohl du als auch Jon Dette gemeinsam mit Kerry zwei Songs aufnahmt, bevor die Wahl getroffen wurde, nach Dave Lombardos wiederholtem Weggang wieder dich zu SLAYER zurück zu holen. Welche waren dies?

Das nenne ich investigativen Journalismus! Das ist tatsächlich korrekt. Kerry schickte mir zwei Rohversionen, „Cast The First Stone“ und „Vices“, per E-Mail und gab mir zwei Tage Zeit. Dann trafen wir uns und nahmen es gemeinsam auf – und ja, man entschied sich erneut für mich (lacht).

 

RF: Hinter dem neuen Album von BRING ME THE HORIZON war „Repentless“ das zweitbestverkaufte des gesamten Planeten, als es neu erschien. Definitiv ein weiterer Meilenstein in eurer großen Karriere - was bedeutet dir dieser Erfolg persönlich?

Ich konnte es anfangs selbst nicht glauben, es hat mich unheimlich überrascht. Mir ist einfach nur wichtig, dass das Album den Fans zu gefallen scheint und dafür bin ich unheimlich dankbar. Liveshows sind mir im Prinzip am Wichtigsten, dort spüren wir auch die Energie, die unsere Fans auf uns überleiten, aber klar, wir haben extrem viel Arbeit in dieses Album gesteckt und es ist schön, dass es so gut ankommt. Die Verkaufszahlen an sich sind mir als Musiker aber weitaus weniger wichtig als das Ergebnis unseres Songwritings.

 

RF: Es ist auch bemerkenswert, dass zu diesem Zeitpunkt, Anfang September, die beiden bestverkauften Alben der Welt zwei Metal-Alben waren. Ein Genre, das im Mainstream oft gerne totgeschwiegen wird.

Der Metal war ja nie tot, das wurde oft missverstanden von den Medien. Die Musik per se ist einfach tief im Underground verankert und ab und zu kommt ein Album hoch, das sich seinen Weg in den Mainstream bahnt. Die Fans waren aber immer treu und der Metal war immer wichtig.

 

Nur wenig später auf der Bühne: SLLLLLLLLLAAAAYYYERRRR! Die komplette Galerie findet ihr unter diesem Link.

 

RF: Früher einmal war SLAYER die diabolischste, furchterregendste Band der Welt, heute ist das Image durch vielerlei Veränderungen aufgeweicht. Sei es das fortschreitende Alter, das Internet oder die Tatsache, dass sich Tom zum Christentum bekannt hat. Ist ein Image in der heutigen Zeit allgemein unwichtiger als damals in den 80er-Jahren?

Vor 20 oder 30 Jahren lag auf jeden Fall mehr Mystik im gesamten Metalbereich. Niemand wusste damals, woher die Musiker genau kamen, was sie eigentlich aussagen wollen oder wie sie drauf waren - das hatte etwas Bedrohliches. Es ist lustig, denn wenn ich mich zurückerinnere, habe ich es anfangs nie geschafft, als Fan auf ein SLAYER-Konzert zu gehen. Die Shows waren alle immer so schnell ausverkauft, ich hatte gar keine Chance zu einem Ticket zu kommen. Interessant war für mich und meine Kumpels damals einfach dieses satanische, mystische Image - das hat uns angezogen. Wir mussten unbedingt herausfinden, was dahintersteckt. Einmal haben wir es doch geschafft und dann passierte etwas für mich völlig Unvergessliches: SLAYER spielten etwa zwei, drei Songs, bis sich Tom erstmals ans Publikum wandte und fragte: „Wie viele von euch können ihrem Nachbar vertrauen?“. Bäm - Totenstille. Das war einfach magisch. Alle Frontmänner im Heavy Metal waren gute Einpeitscher, aber Tom war mit diesem Satz der einzige, der es schaffte, eine komplette Arena zum Schweigen zu bringen. Das war das Coolste, das ich in meinem ganzen Leben gesehen hatte. Ich habe weder davor, noch danach etwas so Eindrucksvolles gesehen, das mit dieser Art von dunklem Humor verbunden war. Zusammengefasst denke ich, es geht mehr um die Aura einer Band als um ihr Image und diese Aura existiert bei SLAYER noch heute.

 

SB: Wenn du irgendwann einmal das Zeitliche segnen wirst, was soll auf deinem Grabstein zu lesen sein?

Ganz unspektakulär: „Hier ruht Paul.“


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